Montagabend an Palmas Stadtstrand: Die Sonne setzt gerade zum Untergang an, es ist ruhig und idyllisch. Bis sich ein junger Mann mit verspiegelter Sonnenbrille niederlässt. Neben sich stellt er einen Lautsprecher in Zylinderform ab, aus der satt der unverkennbare Rhythmus von Reggaeton schallt. Die Reaktion lässt nicht lange auf sich warten: Eine nah liegende junge Frau packt sofort ihre Sachen und beschwert sich laustark bei ihren Freundinnen.

An Stränden, in Innenstädten - seit rund zwei Jahren ist es unverkennbar: Der Ghettoblaster ist wieder da. Laut und rücksichtslos Musik an verschiedensten öffentlichen Orten zu hören, das ist an sich nichts Neues. Im New York der 80er-Jahre nahm das Phänomen seinen Anfang. Die Subkultur war eng mit Hip-Hop und schwarzer Kultur verknüpft. Die Möglichkeit, Musik per Kassette kopieren, tauschen und im Tapedeck überallhin mitnehmen zu können, demokratisierte das Musik­hören. Das lautstarke Aneignen öffentlicher Räume war ein Ausdrucksmittel derjenigen, die von der Gesellschaft ansonsten gerne ausgeblendet wurden.

Der Lautsprecher am Handy trug das Prinzip in die Nullerjahre hinein. An politischer Message hatte es längst eingebüßt, an Wumms sowieso. Für ein paar Jugendliche war es Ausdruck ihrer Rebellion, wenn sie im Bus den Mitreisenden ihren Musikgeschmack aufdrängten. Aber die potente Box, die man früher auf der Schulter spazieren getragen hatte, war verschwunden.

Nun ist sie in Form der Boombox zurückgekehrt. Ihr Comeback hat vor allem die technische Entwicklung ermöglicht. Bluetooth-Verbindungen sind besser, mobiles Internet, um die Musik zu streamen auch, und die Produkte werden immer billiger. Zahlreiche Modelle liefern für weniger als 50 Euro einen soliden Klang. Bei Media Markt Mallorca war in diesem und dem vergangenen Jahr der meistverkaufte Bluetooth-Lautsprecher der JBL Go, ein rechteckiger kleiner Kasten für rund 25 Euro. Ein äußerst demokratischer Preis.

Einige Meter strandaufwärts hat eine achtköpfige bolivianische Familie genau dieses Modell. Leise dudelt Cumbia daraus. „Wir

benutzen es, wenn wir in einer Gruppe Zeit verbringen. Überall, wo es keine Musik gibt", erzählen sie. Es läuft, was zur Atmosphäre passt. Was leider Geschmackssache sein kann.

Ausdruck von Rebellion ist das öffentliche Musikhören aber nicht mehr. Im Gegenteil, häufig steckt nicht einmal böse Absicht dahinter. Wie am anfangs erwähnten Fall am Strand reichte letztendlich ein leiser Hinweis, um das Meeresrauschen wieder zu hören.