In der größten Not helfen nur extreme Maßnahmen. Wenn das Kurzarbeitergeld nicht eintrifft, das Rathaus die Sozialhilfe nicht bewilligt und das Portemonnaie leer ist, müssen die Erbstücke dran glauben. Den Familienschmuck direkt zu verhökern, bringen viele Menschen nicht übers Herz. Eine Alternative kann eine Verpfändung sein. Die Pfandhäuser (casas de empeño) haben in der Krise Hochkonjunktur. Die Verpfändung sei in Notlagen eine attraktive Alternative zum herkömmlichen Kredit, wirbt Santiago Gil de la Rosa, Leiter der Pfandhäuser „Monte de Piedad" gegenüber dem Online-Portal „Gold and Time". „Gegen eine Garantie in Form von Wertgegenständen gibt es sofort Geld. Das kostet anfangs keine Gebühren, und die Wertgegenstände können jederzeit wieder ausgelöst werden."

„Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Leute derzeit zu uns kommen", sagt Alejandro Pujola von „Aurum Premier" in Palma (Carrer d'Aragó, 6), nach eigenen Angaben der Marktführer der Branche. „Hauptsächlich verpfänden die Leute ihren Schmuck. Hin und wieder ist auch eine Uhr dabei." Ein typisches Profil der Kunden gebe es nicht. „Das zieht sich durch alle Schichten", sagt Pujola.

Das Geschäft mit den Wertsachen ist lukrativ, aber auch ein wenig verrucht. Vielleicht weil die Händler Profit aus den Notlagen der Menschen schlagen. Abnehmer gibt es auf der Insel viele. Die normalen „Compro Oro"-Läden bieten in der Regel aber nur den Ankauf der Ware an. Sprich, verkauft ist verkauft, wiederholen ist unmöglich.

Bei den Pfandhäusern ist dann meist Verhandlungsgeschick gefragt. „Die Leute bringen uns ihre Wertsachen, die wir erst einmal schätzen. Nach Vorlage des Personalausweises zahlen wir dann bis zu 500 Euro aus. Oberhalb dieser Summe überweisen wir das Geld", sagt Pujola. 15 Tage lang muss das Pfandhaus die Garantie mindestens lagern, damit die Polizei die abgegebenen Objekte prüfen kann, ob es sich um Diebesgut handelt.

„Wie lange wir den Schmuck dann aufbewahren und gegen welchen Zins wir ihn wieder auslösen, hängt vom Wert und vom Kunden ab." Sollte jemand nach Ablauf der Zeit seine Wertsachen nicht abholen, gibt es Erinnerungsanrufe und eine Gnadenfrist. „Läuft die ab, verkaufen wir die Sachen an die Gießerei. Nur in seltenen Fällen bieten wir selbst die Pfandsachen an."

Bereits seit 1882 gibt es das „Monte de Piedad" (Berg der Barmherzigkeit) in Palma (Carrer de la Vinyassa, 5). Erklärtes Ziel ist es, eine Alternative zu den Wucherzinsen der anderen Kredithäuser zu bieten. Gewinne erzielt die gemeinnützige Organisation nicht. Die Einnahmen werden für soziale Zwecke gespendet. 180 Millionen Euro haben die Montes de Piedad spanienweit 2019 an Krediten gewährt. Für das laufende Jahr ist mit einer deutlichen Steigerung zu rechnen. „Im Durchschnitt liegt die Kreditsumme bei 600 Euro, wobei es sich auch um einen Ring für 50 Euro oder einen Diamanten für 50.000 Euro handeln kann", sagt Gil de la Rosa.

Das Prozedere bei der Organisation ist ähnlich dem der privaten Pfandhäuser. Das Personal schätzt die Wertsachen und prüft sie mittels eines Säuretests auf Echtheit. Wegen des hohen Werteverfalls akzeptiert Monte de Piedad keine Elektrogeräte. Nur Gold, Silber, Edelsteine und Uhren werden angenommen. Die Wertsachen werden in Tüten verpackt und ein Jahr lang aufgehoben. Die Zinssätze, um die Wertsachen zurückzubekommen, liegen in der Regel zwischen fünf und 8,25 Prozent. Im vergangenen Jahr haben 96 Prozent aller Besitzer die verpfändeten Gegenstände wieder ausgelöst. „Neben dem materiellen Wert haben Wertsachen einen unschätzbaren sentimentalen Wert", sagt Santiago Gil de la Rosa. Anders als bei der Finanzkrise 2008 habe sich der typische Kunde diesmal nicht geändert. „Damals waren es vor allem Freiberufler, Selbstständige und Kleinunternehmer, die in uns eine einfache Kreditmöglichkeit ohne Bürgschaft oder Solvenzprüfung gesehen haben."

Die nach einem Jahr nicht eingelösten Wertgegenstände versteigert das Pfandleihhaus. Sollte die abgegebene Garantie dabei einen höheren als den zuvor geschätzten Betrag einbringen, geht der Überschuss an den vorherigen Besitzer.

Wer keinen teuren Familienschmuck zur Hand hat, kann bei Cash Converters (je eine Filiale im Carrer d'Aragó und an der Plaça d'Espanya) andere Wertgegenstände verpfänden. „Venta recuperable" (wiedererlangbarer Verkauf) heißt das dort. Die zu verpfändenden Objekte können im Fall von Schmuck, Uhren oder Elektronikartikeln online unter cashconverters.es unverbindlich geschätzt werden. Im Laden gibt es das Bargeld, 30 Tage ist dann Zeit, die Sachen zurückzukaufen - natürlich plus einen entsprechenden Zinsbetrag - oder um eine Fristverlängerung zu bitten.

Wer Weihnachtsgeschenke kaufen und alte Sachen verkaufen möchte, bekommt manchmal bessere Konditionen, wenn er beide Vorgänge miteinander verbindet. Beim An- und Verkauf CeX Palma an der Plaça d'Espanya erhalten Kunden mehr für ihre Wertgegenstände, wenn das eingenommene Geld direkt im Laden reinvestiert wird. Spieleläden wie Game bieten auch die Möglichkeit an, alte Spiele und Konsolen anzukaufen. Wenn es zu Weihnachten also unbedingt die neue Playstation 5 sein muss, kann dort das Vorgängermodell zum Teil mit in Zahlung gegeben werden.