Keine lästige Maske, die beim Atmen stört. Stattdessen zieht auf Mallorca sogar ein laues Lüftchen über die heruntergefahrenen Autofenster-Scheiben herein. Auch der Sitz ist bequem bis fast in die ­Horizontale verstellbar. Dafür ist die Soundanlage meines Autos offensichtlich nicht die beste, und das Licht der Straßenlaternen leuchtet dauerhaft von beiden Seiten in mein Sichtfeld. Und dann ist da auch noch diese ­Sorge, die bestimmt auch anderen Autokino-Besuchern immer wieder durch den Kopf schwirrt: Wird die Autobatterie die nächsten 99 Minuten durchhalten - oder steht nach dem Film­vergnügen erst einmal eine lästige Über­brückungs-Aktion an?

Es ist Sonntagabend (30.5.), 21.30 Uhr. Auf dem außerhalb der Ringautobahn auf Höhe des Estadio Balear gelegenen Gelände in Son Güells warten in etwa 40 weiteren Autos Besucher darauf, dass die Komödie „La boda de Rosa" (Rosas Hochzeit, dt.) beginnt. Noch bis zum 10. Juni werden im ersten Autokino Palmas auf einer 16 mal 8 Meter großen Leinwand insgesamt 14 aktuelle Oscar-Abräumer, Blockbuster und beliebte Kinderfilme gezeigt. Vom eigenen Auto aus Filme auf der Großleinwand betrachten, war auf Mallorca bisher lediglich einzelne Tage etwa in Sóller oder Port Adriano möglich. Dabei ist die Ansteckungsgefahr äußert gering, quasi null, zudem muss niemand hinterher aufwendig Sitze und Getränke-Halterungen desinfizieren. Und Atmen geht auch beim Filmschauen ohne Maske immer noch am besten. Wann also soll sich so ein Konzept durchsetzen, wenn nicht in Pandemiezeiten?

Wären da nicht diese kleineren Unannehmlichkeiten. „Habt ihr ­Scheibenputzmittel?", fragt unsere Nachbarin wenige Minuten vor Filmbeginn. Gut, dass der Kanister vom letzten Nachfüllen des Scheiben­wischer-Wassers noch auf der Rückbank steht. Auf die Idee, dass das Filmvergnügen durch Streifen oder Dreck auf der Windschutzscheibe besser nicht getrübt werden sollte, sind währenddessen auch andere Besucher gekommen und wischen noch einmal nach.

Auch wie weit die Fenster während des Films heruntergefahren sein sollen, sollte man sich (bei elektronischen Hebern) am besten zu Beginn überlegen. Denn einmal eingestellt, sollte der Schlüssel möglichst nicht mehr bis zur Zündung gedreht werden müssen. Auch die Scheinwerfer bleiben aus. Es soll eben möglichst dunkel sein, die Batterie zudem so wenig wie möglich schuften müssen. Am Laufen ist allerdings das Radio, und zwar auf der FM-Frequenz 100,4. Schon bei der Jazz-Musik, die vor dem eigentlichen Film läuft, muss ich den Lautstärkeregler fast bis zum Anschlag drehen, um etwas zu hören.

Dann: Der Film beginnt. Dass ich die Lautstärke der Stimme von unter anderem Protagonistin Candela Peña selbst regeln kann, ist zuerst ungewohnt, schnell aber ein klarer Vorteil gegenüber der fixen Voreinstellung in ­gewöhnlichen Kinosälen. Auch die weiter entfernten Anwohner werden so nicht mit Großveranstaltungs-Lärm aus der Ferne belästigt.

Schon nach den ersten paar Minuten machen die ersten Besucher ihre Scheinwerfer und den Motor an. Immerhin geht beides bei ihnen noch. Durch die Fenster unseres Autos zieht jetzt Benzingeruch herein. Ich liebe ihn ja. Gesund ist er nicht. Und bei angeschalteten Motoren tut mir die Umwelt vor allem, wenn die Fahrzeuge nicht bewegt werden, besonders leid. Gleichzeitig wird die Sorge um die eigene Autobatterie wieder präsenter. „Während des Lockdowns im Frühjahr 2020 ist das Auto auch nach sieben Wochen Stillstand ­direkt beim ersten Versuch wieder angesprungen", erinnere ich mich.

Vogel im Bild

Im Hintergrund höre ich unsere direkten Nachbarn reden. Spontane Reaktionen auf den Film, wie man es aus dem Kinosaal gewohnt ist, bleiben aber aus. Könnte aber auch an der etwas zähen Handlung liegen. Als Protagonistin Rosa ihrer Familie erzählt, dass sie sich selbst heiraten wird, gibt es kurz Gelächter. Im Auto hinter uns genießt ein anderer Besucher dann eine Zigarette. Autokino-Luxus. Während von rechts ein Vogel durchs Bild fliegt, gehen zum wiederholten Mal die Scheinwerfer des Autos vor uns an. „Kannst du bitte die Lichter ausmachen?", rügt ein herbeigelaufener Sicherheitsmann den Fahrer.

Immer wieder geht im Laufe des Films aus verschiedenen Richtungen ein Motor an, ein anderer wieder aus, was man bei heruntergelassenen Scheiben nicht überhören kann. Auch andere scheinen sich Sorgen um die Heimfahrt zu machen. „Autokinos werden schon seit Jahren organisiert. Die Batterie kann also kein Problem sein", besänftigt mich mein Freund auf dem Nebensitz. „Stimmt", denke ich mir, bis einige Minuten vor Film­ende unsere linke Nachbarin versucht, den Motor zu starten. Er würgt ab. Nach zwei Minuten der zweite Versuch: Juhu. Die Kiste läuft wieder. In unserem Fall lassen wir es drauf ankommen, schalten ihn nicht vorzeitig ein.

Das Popcorn ist längst leer, es wird frischer, und an den Blick durch die nicht überall ganz sauber gewordene Scheibe haben wir uns längst gewöhnt. Filmende! Jetzt wird es erst richtig spannend: Die meisten Autos scheinen angesprungen zu sein - beziehungsweise laufen weiter und fahren davon. Nachbarn lassen ihr Auto anschieben. Und meine Autobatterie... hat tatsächlich stand gehalten. „Dass sie sich entlädt, kann immer einmal wieder passieren", meint Produktionschefin ­Vicka Durán. „Aber wir sind vorbereitet, haben Überbrückungskabel und helfen."