Palmas ehemaliger Schlachthof ist zu haben. Der bisherige Konzessionär, das staatliche Unternehmen Mercasa, hat den Pachtvertrag nach 30 Jahren auslaufen lassen und zeigt kein Interesse mehr an einer Verlängerung. Das Rathaus sucht nun einen neuen Betreiber für die weiträumige Anlage, in der neben einem Gesundheitszentrum und einer Bibliothek unter anderem auch ein Supermarkt, ein Programmkino und etliche Lokale untergebracht sind. „Noch vor dem Beginn des Sommers sollte die Angelegenheit geklärt sein. s’Escorxador ist ein absoluter Knotenpunkt, der das Zentrum mit dem Norden Palmas verbindet. Den dürfen wir nicht verlieren“, sagt der zuständige Stadtrat Alberto Jarabo der MZ. „An Interessenten mangelt es nicht.“ Bis es so weit ist, geht der Betrieb wie gewohnt weiter. Nur der bei Deutschen beliebte Gastro-Markt San Juan hat wohl keine Zukunft.

Denkmalschutz

1905 ließ Stadtarchitekt Gaspar Bennàssar den Prachtbau errichten, für den er ein Jahr später den Preis der Schönen Künste für Architektur bekam. Der Komplex steht unter Denkmalschutz. „Matadero municipal“ ist dank der farbigen Kacheln auf den Dächern zu lesen. Bis Mitte der 70er-Jahre erlebten Schweine und Kühe in Palmas Schlachthof ihre letzten Augenblicke. 1990 pachtete Mercasa die Anlage. Die Firma renovierte und richtete in den Hallen ein Einkaufszentrum ein. „Das waren kleine Geschäfte, die Schuhe und Klamotten verkauften. Das gefiel mir“, erinnert sich die Anwohnerin Luz Palou, die im Viertel aufgewachsen ist. Doch das Konzept ging nicht auf, und die Läden machten wieder dicht.

Wahrscheinlich dauerte es, bis es in den Köpfen der Bevölkerung klick machte und der Schlachthof das blutige Image verlor. Dabei half, dass ein Gesundheitszentrum, eine Bibliothek, ein Supermarkt und ein Kulturzentrum für Publikumsverkehr sorgten. „Meine Tochter hat oft in der Bibliothek gelernt. Die ist sehr gut besucht“, sagt Palou. Im Kulturzentrum gibt es wie bei einer Volkshochschule verschiedene Kurse. „Gitarrenstunden, Tischlerkurse, Sprachunterricht – ja selbst Klassen für orientalischen Bauchtanz. Das Problem ist, dass die Plätze dafür ständig ausgebucht sind“, so die Anwohnerin.

Mercasa sorgt für Ärger

Nun steht eine neue Epoche an. Seit dem 1. Januar hat die Stadt die Schlüssel zurück. Alberto Jarabo verdreht die Augen bei der Frage, ob die Beziehung zu Mercasa schwierig gewesen sei. „Mit Mercasa gab es schon wegen eines schlichten Videodrehs im s’Escorxador Diskussionen.“ Der neue Konzessionär müsse aufgeschlossener sein, auch mehr kulturelle Events in dem Komplex zulassen, sagt er.

Dass das Gesundheitszentrum bis zuletzt Miete zahlen musste, habe das Fass zum Überlaufen gebracht. „Das waren völlig überzogene Preise. Bei einer Immobilie, die der Stadt gehört und die von einem staatlichen Unternehmen verwaltet wird“, wettert Jarabo. Ein neuer Konzessionär muss zwei der sieben Gebäude mietfrei dem Gesundheitsamt überlassen. Für die übrigen Mieten soll eine Obergrenze festgelegt werden.

Davon profitieren dürfte auch das von einer Bürgerinitiative gerettete Programmkino CineCiutat. „Sie haben einen Preis für ihre Hartnäckigkeit verdient“, meint Jarabo, der selbst zu den Gründungsmitgliedern zählt. Kinochef Javier Pachón kann sich kaum erklären, wie das CineCiutat bei einer Monatsmiete von 10.000 Euro noch nicht pleitegegangen ist. „Wir haben nie Vater Staat um Hilfe gebeten. Unsere rund 1.000 Mitglieder, die Ticketverkäufe und diverse Kampagnen und Kooperationen halten uns am Leben. Wenn man die nackten Zahlen anguckt, müssten wir schon längst dichtgemacht haben.“

Auch der Kinochef ist nicht gut auf Mercasa zu sprechen. „Sie waren stets ein harter Verhandlungspartner und haben sich nie um den Erhalt des s’Escorxadors gekümmert. Viele Leute haben uns gefragt, ob sie die Kinoklos benutzen können, da die öffentlichen Toiletten nicht zumutbar sind.“ Das Rathaus hatte den Konzessionär im vergangenen Sommer zur Zahlung von 1,5 Millionen Euro verdonnert, da verschiedene Renovierungsarbeiten vernachlässigt wurden. „Mercasa wusste schon lange, dass der Vertrag ausläuft und hat seine Pflichten schleifen lassen“, sagt Jarabo. Als Bußgeld will er den Betrag nicht sehen. „Sobald Mercasa uns das Geld überweist, werden wir es in Renovierungsarbeiten investieren. Es geht dabei nicht um große bauliche Mängel, sondern nur um einige Verschönerungsarbeiten.“

Bislang hat sich für die Mieter fast nichts geändert. „Das Rathaus hat uns gesagt, dass alles gleich bleibt und wir uns keine Sorgen machen müssen“, sagt Pachón. Die Geschäfte mussten Unterlagen bei der Stadt einreichen und nachweisen, dass sie keine offenen Schulden gegenüber Mercasa haben. „Das war bei einigen Bars der Fall, die nun erst einmal geschlossen bleiben. Alle anderen Läden dürfen den Betrieb am Laufen halten“, sagt Jarabo.

Doch da ist noch der Parkplatz

Brisant ist, dass Mercasa nicht vollständig von der Bildfläche verschwindet. Die Firma hat den unterirdischen Parkplatz für 100 Jahre gepachtet und betreibt ihn über das Subunternehmen Fonparc. Dort wiederum hat das Rathaus große bauliche Mängel festgestellt. „Die Wahrscheinlichkeit ist äußerst gering, aber es besteht Einsturzgefahr“, so Jarabo. Dafür müsste aber schon ein tonnenschwerer Laster über den Platz fahren. Daher veranstalte das Rathaus auf der Freifläche vor dem ehemaligen Schlachthof keine großen Veranstaltungen mehr. Mercasa hat ohne den s’Escorxador kein Interesse, größere Summen in den Parkplatz zu investieren. Die Verhandlungen laufen.

Kultur statt Gastromarkt

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Wohl keine Zukunft hat der geschlossene Gastro-Markt San Juan. Der Mieter MGSJ Quality schuldet Mercasa 320.000 Euro und fordert noch offene Beträge von Untermietern ein. „Eine Bedingung für die Pacht des s’Escorxadors wird sein, dass es in der Halle Kultur- oder Freizeitangebote geben wird“, sagt Jarabo.