Die katholische Kirche ist in Spanien weitaus mächtiger als in anderen westlichen Staaten. Sie übt ihren Einfluss über ein Netz eigener Medien, einschließlich TV- und Radiosender, aus und verbreitet die Doktrin über die vielen religiösen Schulen im Lande. Zudem ist die Kirche ein Großgrundbesitzer. Ihr Vermögen lässt sich schwer einschätzen. Es ist auf jeden Fall zuletzt gewachsen. Zwischen 1998 und 2015 ließ die Kirche Zehntausende Objekte als ihren Besitz eintragen, hauptsächlich religiöse Stätten, aber auch Wohnungen, Schulen, Agrarland, Weinstöcke und andere Einrichtungen. Schon lange herrscht eine Kontroverse um den Anspruch darauf.

Nun haben die spanischen Bischöfe eingeräumt, dass ihnen 965 der 34.961 eingetragenen Objekte nicht gehören. Auf einem Treffen mit Ministerpräsident Pedro Sánchez am Montag (24.1.) sicherte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Juan José Omella, zu, dass man diese Immobilien ihren Eigentümern oder deren Nachfahren zurückgeben werde, sofern diese zu ermitteln sind. Allerdings wurden zuletzt 122 der unrechtmäßig registrierten Objekte schon verkauft.

Die Mezquita ist eines der bekanntesten Beispiele. RAFA ALCAIDE

Das Problem geht auf eine Gesetzesänderung der konservativen Regierung von José María Aznar von 1998 zurück. Diese ermöglichte es der Kirche, alle möglichen Immobilien in ihrem Umfeld als Eigentum einzuschreiben. Dabei reichte eine Bescheinigung des Bistums. Die Geistlichen registrierten überall im Lande Kirchen, Wohngebäude und Ländereien, was vielerorts auf heftige Proteste stieß. Der umstrittenste und medienträchtigste Fall ist die Mezquita in Córdoba. Die Moschee aus dem achten Jahrhundert, eines der meistbesuchten Monumente Spaniens, wurde 2006 vom Bistum eingeschrieben. Seitdem gibt es Bestrebungen, das Weltkulturerbe wieder in öffentlichen Besitz zurückzuführen.

Unter dem konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy wurde das Privileg der Kirche 2015 beendet. Die Sozialisten drängten jedoch darauf, Klarheit über die neuerworbenen Besitztümer der Katholiken zu schaffen. So wurde eine Kommission eingerichtet, die nun das Ergebnis geliefert hat. Doch ist die Rückgabe der Immobilien an ihre wahren Eigentümer oftmals nicht leicht.

Auch der Platz vor der Kirche in Son Rapinya gehört der Kirche nicht. Mielniezuk

So etwa im Fall von Mallorca. Das Bistum schrieb von 1998 bis 2015 insgesamt 197 Objekte ein (von 219 insgesamt auf den Balearischen Inseln). Davon sollen zwölf nach den neuen Erkenntnissen nicht der Kirche gehören (von 34 im gesamten Archipel). In zwei dieser Fälle handelt es sich um öffentliche Plätze in Mancor de la Vall, die der Gemeinde übertragen werden sollen. Bei den übrigen zehn Objekten wüsste man jedoch nicht, wem sie gehören könnten, versicherte das Obispado de Mallorca. In manchen Fällen verlieren sich die Spuren der ursprünglichen Besitzer in der Zeit vor dem Spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939. Das Rathaus von Palma erhob am Dienstag (25.1.) Anspruch auf ein Grundstück im Viertel Son Rapinya. Doch ist nicht klar, um welches Areal es sich handelt, da im Register nur von einer Fläche an der Plaza Vicari Josep Llinàs 1, die Rede ist, der Adresse der Pfarrgemeinde.

Der Linksregierung von Pedro Sánchez geht es um mehr als die Rückgabe der unrechtmäßig eingetragenen Immobilien. Der Sozialist will auch steuerliche Privilegien der Kirche abschaffen, nämlich die Ausnahme von der Zahlung der Grundsteuer (IBI). Nach dem Willen der Linken sollen künftig nur noch Kirchen und andere, dem Kult gewidmete, Gebäude ausgenommen sein. Für Wohnungen, Schulen, Büros und Anbauflächen soll die Kirche hingegen Steuern zahlen.

Die Aufarbeitung der Besitznahme von Immobilien durch die Bischofkonferenz in den vergangenen Jahrzehnten geht einigen Organisationen nicht weit genug. Sie fordern, dass man nicht nur die 35.000 Objekte, die von 1998 bis 2015 eingeschrieben wurden, prüfen sollte. Man müsse bis 1946 zurückgehen. Während der Franco-Diktatur, als der Katholizismus offizielle Staatsreligion war, hatte die Besitzergreifung durch die Kirche begonnen. Die Institution habe sich bis zu 100.000 Objekte angeeignet, schätzt die Organisation Recuperando aus Kastilien und León. In dieser Region befindet sich die Hälfte der 965 Immobilien und Grundstücke, welche ihren wahren Eigentümern zurückgegeben werden sollen.

Die Debatte um den Großgrundbesitz missfällt vielen Katholiken selbst. Im vergangenen Juli schrieben Basisorganisationen und Priester einen Brief an Papst Franziskus: „Wir stehen vor einem gewaltigen Skandal, der die katholische Kirche diskreditiert und beschämend für uns, die wir ihr angehören, ist.“