Die Beziehungen zwischen der spanischen Zentralregierung und dem von den Separatisten regierten Katalonien sind wegen des jüngsten Spionageskandals auf dem Gefrierpunkt. Als wäre dies nicht genug, sorgt nun der Konflikt um die Sprachpolitik für weiteren Sand im Getriebe, was eine baldige Normalisierung der Zusammenarbeit zwischen Madrid und Barcelona erschwert.

Es geht um den alten Streit über den Gebrauch des Katalanischen und der Mehrheitssprache Spanisch im Bildungsbereich. Es ist ein Thema, das auch andere Autonome Regionen mit einer zweiten Amtssprache immer wieder beschäftigt, darunter die Balearen. Konkret geht es um eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Kataloniens. Er ordnete am Montag (9.5.) die Umsetzung eines Urteils des Spanischen Obersten Gerichtshofs an. Dieses sieht vor, dass an den katalanischen Schulen mindestens 25 Prozent des Unterrichts auf Spanisch erteilt werden muss. Das bedeutet in der Praxis, dass neben Spanisch als Lernsprache noch ein weiteres Fach in dieser Sprache gelehrt werden muss.

Klage gegen die Katalanisch-Vorgaben

Im überwiegend zweisprachigen Katalonien hatten Eltern darüber geklagt, dass ihre Kinder durch die Sprachpolitik zur Priorisierung des Katalanischen, der sogenannten inmersión lingüística, an der Schule kaum Spanisch lernen würden. Regionalnationalistische Politiker vertreten dagegen den Standpunkt, dass das castellano im Alltagsgebrauch so stark vertreten ist, dass die Kinder diese Sprache sowieso beherrschen und dagegen das Katalanisch der Förderung bedürfe.

Die separatistischen Parteien reagierten empört auf den Beschluss der Richter. „In Katalonien gibt es einen breiten Konsens zugunsten der inmersión lingüística, weil es pädagogisch betrachtet das beste System ist“, sagte der katalanische Ministerpräsident Pere Aragonés. „Seit Jahren versuchen die Gerichte, dieses System zu kippen, aber wir werden es überall verteidigen“, so der Chef der Republikanischen Linken ERC.

Die Regierung in Madrid versuchte derweil, die Sache herunterzuspielen. Die offiziellen Sprachen in Spanien seien eine „kulturelle Bereicherung“, sagte Regierungssprecherin Isabel Rodríguez. Man dürfe die Sprachenvielfalt nicht als „Gegenstand der Konfrontation“ in der öffentlichen Debatte missbrauchen.

Die katalanischen Parteien debattieren weiter über eine Reform der Sprachgesetze, die den Gebrauch des castellano an den Schulen garantieren soll, ohne eine feste Quote vorzuschreiben. Das wird noch dauern. Der Oberste Gerichtshof Kataloniens räumte der Landesregierung nun 15 Tage ein, um die 25-Prozent-Klausel umzusetzen, also noch vor den Sommerferien.

Wer kontrolliert die Unterrichtssprache?

Die spanische Regierung ist derweil aufgefordert, die Umsetzung des Urteils zu kontrollieren. Da beginnen die Probleme. Das spanische Bildungsministerium ist für die Aufsicht der Lehrinstitute im ganzen Land zuständig. Doch in Katalonien hat Madrid gerade einmal zwei Inspektoren für rund 5.000 Einrichtungen. Zu allem Überdruss dürfen diese Inspektoren die Schulen nicht selbst betreten. Sie können lediglich Berichte anfordern und die Aufseher der katalanischen Regierung um Hilfe bitten. Doch diese dürften es nicht besonders eilig damit haben, die ungeliebte 25-Prozent-Regel umzusetzen.

In Madrid will man keinen Druck auf die Separatisten wegen der Sprachpolitik ausüben. Nach dem Skandal über das Abhorchen der Mobiltelefone von mehr als 60 Politikern, Aktivisten und Anwälten der Separatisten hat die katalanische Regierung ihre Kontakte zu Madrid auf ein Minimum heruntergefahren. Die Verhandlungsrunden, in denen beide Seiten eine Lösung für den langjährigen Konflikt um die Eigenständigkeit Kataloniens suchen, sind vorerst ausgesetzt. Die linke Minderheitsregierung von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez ist im Parlament jedoch auf die Stimmen der Abgeordneten der regionalen Nationalisten angewiesen, um Reformen oder den Haushalt zu verabschieden.

Spannungen durch Abhörskandal

Am Dienstag (10.5.) wurde die Direktorin des spanischen Geheimdienstes CNI, Paz Esteban, infolge des Abhörskandals entlassen. Grund war offiziell, dass auch die Handys von Sánchez, dessen Verteidigungsministerin Margarita Robles und Innenminister Fernando Grande Marlaska mit der israelischen Spyware Pegasus gehackt worden waren. „Es hat eindeutig einen Fehler bei der Sicherheit der Kommunikationsmittel der Regierung gegeben“, erklärte Sánchez zur Absetzung der CNI-Chefin. Doch galt dieser Schritt offensichtlich auch der Beschwichtigung der Separatisten, die sogar den Kopf von Verteidigungsministerin Robles fordern. Der Wechsel an der Spitze des CNI reicht den Katalanen daher nicht aus. Sie fordern schonungslose Aufklärung darüber, wer die Bespitzelung angeordnet hat.

Noch sind nicht alle Stricke gerissen. Am Rande einer Wirtschaftsveranstaltung in Barcelona vergangene Woche trafen Sánchez und Aragonés für ein kurzes Gespräch aufeinander. Man sucht nun einen Termin für ein offizielles Treffen, sobald sich die Wogen wieder etwas geglättet haben. Die Umsetzung der 25-Prozent-Regel in den Schulen macht das allerdings nicht leichter.