Für viele Menschen ist 2020 ein Jahr zum Vergessen. Óscar Troya aber könnte künftig gern auf diese Zeit zurückblicken. Nach überstandener Krebserkrankung im Vorjahr geht es dem Fußballtrainer wieder gut. Seinen Club Poblense hat er nach drei Jahrzehnten zurück in die dritte Liga geführt, wo er nun als Coach mit 42 Jahren sein Debüt in der Segunda División B feierte. Am Wochenende gab es beim 1:1 gegen Las Rozas den zweiten Punkt in dieser Saison. Der Dorfclub ist am Sonntag (8.11., 12 Uhr, 1.000 Zuschauer erlaubt) in Sa Pobla gegen Getafe B zu sehen.

Bei Wettkämpfen in Sa Pobla gibt es meist Kartoffeln als Prämie. Wie viele Kilos gab es für einen Drittliga-Aufstieg?

Es gab einen Pokal. Die größte Prämie war der Aufstieg selbst. Der sorgt hoffentlich dafür, dass sich die Leute aus dem Dorf wieder für den Club interessieren. Wir wollen zeigen, dass Sa Pobla mehr als nur Kartoffeln und Reis kann.

Warum fehlte zuletzt die Fußball-Begeisterung im Dorf?

Der Club hat eine glorreiche Vergangenheit. Diese mit dem modernen Fußball zu verknüpfen, war ein langwieriger Prozess. Es geht dabei nicht nur um Sa Pobla. Insgesamt hat der Amateurfußball auf Mallorca keinen hohen Stellenwert. Selbst zu den Heimspielen von Real Mallorca in der Primera División hielt sich die Begeisterung meist in Grenzen.

Für Sie waren es die ersten Spiele als Trainer in der dritten Liga. Haben Sie die Veränderung an der Seitenlinie gespürt?

Die Segunda División B fordert einem alles ab. Fehler sind nicht erlaubt. Das kleinste Detail kann spielentscheidend sein. Daher ist es wichtig, stets höchst konzentriert zu sein.

Sie sind bereits vor fünf Jahren mit Llosetense in die dritte Liga aufgestiegen, den Weg aber nicht mitgegangen. Hatten Sie damals zu viel Respekt vor der Herausforderung?

Auf keinen Fall. Es war eine persönliche Entscheidung. Ich hatte ein Angebot von Real Mallorca, um dort als Trainer zurückzukehren, wo ich schon zuvor zehn Jahre lang gearbeitet hatte. Damals hatte der Club eine Kooperation mit Sa Pobla. Poblense sollte eine Art dritte Mannschaft sein. Für dieses Projekt hatten sie mich auserkoren, und ich hatte die Entscheidung schon vor dem Aufstieg getroffen.

Es kommt im Fußball eher selten vor, dass Trainer verliehen werden.

Das lag alles an dem Abkommen. Ähnliches hatte Real Mallorca schon zuvor mit anderen Dorfclubs vereinbart. Poblense bekam Spieler und den Trainerstab. Real Mallorca erweiterte damit den Pool an Fußballern, die sich ins Rampenlicht für die erste Mannschaft spielen konnten.

Sie sind also immer noch offiziell Trainer von Real Mallorca?

Nein, nach zwei Jahren war die Kooperation vorbei. Der Abstieg 2017 von Real Mallorca in die dritte Liga hat dafür gesorgt, dass alle Verträge aufgelöst wurden. Ich bin dennoch bei Poblense geblieben.

Sie vertrauen in dieser Saison auf den Aufstiegskader. Reicht die Qualität für den Klassenerhalt?

In der vergangenen Saison haben wir in der Tercera División bereits einen Kader zusammengestellt, von dem wir ausgegangen sind, dass er auch in der dritten Liga mithalten kann. Den Aufstieg haben wir geschafft und können nun in der Segunda B angreifen.

Was bedeutet angreifen mit Blick auf die Tabelle?

Wir kämpfen in jedem Spiel und setzen uns keine Grenzen, weder nach unten noch nach oben.

Poblense ist eine Amateurmannschaft. Das heißt, dass die Spieler tagsüber arbeiten müssen?

Einige Spieler haben ihre Geschäfte, andere studieren und wieder andere bekommen vom Club ein Gehalt. Wir sind keine Vollzeit-Profis. Das gilt auch für den Trainerstab. Ich arbeite bei der Caixa.

Mit Atlético Baleares oder den zweiten Mannschaften gibt es Profiteams in der Liga. Wie können Sie mit denen mithalten?

Um ein Proficlub zu sein, haben wir kein Geld. Wir versuchen das zu lösen, indem wir die Arbeit auf mehreren Schultern verteilen, um das gleiche Resultat zu erzielen wie die Profis. Wir trainieren abends statt morgens. Die Trainingstage und geleisteten Stunden der Mitarbeiter sind im Endeffekt aber die gleichen. Auch in Sachen Videoanalyse bereiten wir uns wie alle anderen Teams auf die Gegner vor.

Mit Aitor Pons haben Sie einen Torjäger, der die Tercera División in den vergangenen Jahren regelrecht abgeschossen hat. Warum hat es so ein Spieler nie in den Profifußball geschafft?

Spieler und Trainer brauchen Chancen. Manchmal gibt es die nicht. Aitor hätte das Zeug dazu. Das belegen seine Tore. Es ist ungerecht, dass er es nie geschafft hat.

Er trifft fast jedes Spiel und dennoch gab es keine Angebote?

Sonst wäre er wohl nicht mehr hier. Es gibt sehr viele Spieler, die sich um die wenigen Plätze bei den Proficlubs streiten. Manchmal sind es auch Gründe, die nichts mit dem Fußball zu tun haben. Ich habe Aitor schon bei meinen zwei vorherigen Vereinen trainiert. Für mich ist er wie ein Sohn.

Ein anderer besonderer Fall ist Dani Benítez. Er hat 48 Spiele in der Primera División bestritten, musste nach mehreren Eskapaden aber einen neuen Anlauf in der vierten Liga starten. Benimmt er sich unter Ihrer Führung?

Da gibt es kein Problem. Es ist schade, dass er in der Segunda B spielt. Er hat immer noch die Qualität für einen Erstligaspieler. Ich kannte ihn ebenfalls schon von vorherigen Stationen. Er wollte zurück nach Hause und uns mit dem Aufstieg helfen, auf den wir 31 Jahre lang gewartet haben. Das hat er in der vergangenen Saison getan. Dieses Jahr wird er einer der besten Spieler der Liga sein.

Im vergangenen Jahr hatten Sie mit einer Krebserkrankung zu kämpfen. Wie sehr hat Sie das verändert?

Ich hatte ein Lymphom in der Brust. Da war ein inoperabler Tumor, den ich wohl schon lange im Körper hatte. Schon in den sechs Monaten, bevor die Ärzte ihn entdeckten, fühlte ich mich schlecht und müde. Ich musste eine Chemotherapie über mich ergehen lassen. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren kann. Ich achte auf meine Gesundheit, treibe Sport, trinke und rauche nicht. Dann kommt die Krankheit und alle Zukunftspläne werden zunichte gemacht. Es hilft mir jetzt dabei, mich auf das Wichtigste zu konzentrieren. Das ist das Hier und Jetzt. Ich sehe mich als Privilegierter, dass ich eine solche Krankheit überstanden habe und nun davon berichten kann. Alle wollen reich sein und den tollsten Job auf der Welt haben. Das ist auch in Ordnung. Aber dabei vergessen wir, in der Gegenwart zu leben. Ich genieße das Leben derzeit intensiv - das gilt auch für den Fußball. Und ich mache mir keine Gedanken darüber, wo wir in ein paar Wochen oder am Saisonende stehen.