Atlético Baleares kämpft sich aus der Krise. Der Club vom deutschen Eigentümer Ingo Volckmann hat am Mittwoch (27.1.) das Nachholespiel gegen Getafe B mit 1:0 gewonnen. Der Drittligist hat sich nun auf den dritten Platz vorgeschoben. Derweil hat sich eine Verpflichtung vom Ex-Bundesligaprofi Änis Ben-Hatira zerschlagen.

Aus deutscher Sicht hat Atlético Baleares zuletzt etwas an Interesse ­verloren. Dabei hatte der Berliner Ingo ­Volckmann nach seinem Einstieg als Eigen­tümer zunächst einige Landsleute rekrutiert. Zeitweise trainierte Christian Ziege das Team, das mit ehemaligen Bundesligaspielern wie Malik Fathi oder ­Marcel Ndjeng bestückt war. Seit dem Abgang von Carl Klaus 2019 fehlt es dem Kader jedoch an deutschen Profis. Ein Hingucker wäre nun Änis Ben-Hatira gewesen. Doch das Probetraining in den vergangenen Tagen lief offenbar nicht erfolgreich.

Der Berliner lernte das Fußballspielen in der Jugendakademie von Hertha BSC. Mit 18 Jahren entschied er sich gegen ein Angebot des FC Bayern und wechselte zum Hamburger SV. In der Hansestadt konnte sich der Mittelfeldspieler in vier Jahren nie wirklich durchsetzen und wurde zwei Mal an den MSV Duisburg ausgeliehen. 2011 zog es Ben-Hatira zurück nach Berlin, wo er sich - auch wegen des Abstiegs von Hertha BSC in die zweite Liga - einen Stammplatz erkämpfte. Im Februar 2012 debütierte er für die tunesische Nationalmannschaft. Bis heute lief Ben-Hatira elf Mal für Tunesien auf, ein Tor gelang ihm dabei.

Immer wieder warfen den Fußballer Verletzungen aus der Bahn. Nachdem er in der Hinrunde der Saison 2015/2016 bei den Berlinern nicht mehr zum Einsatz kam, wechselte Ben-Hatira nach Frankfurt. Dort wurde sein Vertrag nach einem halben Jahr nicht mehr verlängert, und es zog ihn nach Darmstadt. Bei den Lilien war Ben-Hatira zwar Stammspieler, doch auch dort sollte er nicht lange bleiben. Ende 2016 berichteten Medien über das Engagement des Fußballers für Ansaar International. Der Spieler setzte sich für Wasserprojekte in Entwicklungsländern ein. Klingt positiv, doch der Verfassungsschutz hatte Ansaar International wegen der Verbindungen zu Salafisten als potenziell gefährlich eingestuft.

Ben-Hatira kritisierte die Medienberichte in den sozialen Netzwerken harsch. „Ich habe einen Wassertanker für Gaza gespendet, einen Brunnen für Muslime und Christen bauen lassen und mich am Waisenhausbau beteiligt", schrieb er in einem offenen Brief. „Dass nun versucht wird, mir meine sportliche Karriere in Deutschland zu sabotieren, empfinde ich als den eigentlichen Skandal." Bis heute engagiert sich der 32-Jährige über seine Änis Ben-Hatira Foundation weiter für soziale Projekte (abh10found.com).

Dennoch hatte sein Image durch die öffentlich geführte Debatte Schaden genommen. Im Januar 2017 löste er einvernehmlich mit Darmstadt seinen Vertrag auf und wechselte zum türkischen Erstligisten Gaziantepspor. Doch so richtig glücklich ist Ben-Hatira seither bei keinem Verein mehr geworden. Nach einem halben Jahr in der Türkei ging es nach Tunesien, nach einem halben Jahr ohne Club nach Ungarn.

Vor einem Jahr kehrte Ben-Hatira dann nach Deutschland zurück. Der abstiegsbedrohte Zweitligist Karlsruher SC holte den Mittelfeldspieler für die Rückrunde. Auch dank seiner Hilfe schaffte der Club am letzten Spieltag den Klassenerhalt. Einen neuen Vertrag bekam der Spieler aber nicht. Seitdem ist Ben-Hatira vereinslos.

In seiner Karriere kommt der Deutsch-Tunesier auf 101 Einsätze in der ersten (15 Tore) und 58 Spiele in der zweiten Bundesliga (acht Tore). Der Kontakt zu Atlético Baleares ist ­sicherlich durch die gemeinsame Berliner Herkunft zustandegekommen. „Er ist ein guter Spieler, aber es sollte nicht sein. Es scheint, als würde er sich einem Erstligisten außerhalb Spaniens anschließen", sagte Sportdirektor Patrick Messow am Dienstag (26.1.). Auf MZ-Anfrage äußerte sich ein Sprecher von Ben-Hatira: "Das Projekt klang für Änis reizvoll und er wurde eingeladen und wollte sich das auf Mallorca mal angucken. Nach den Eindrücken, die man dort gewinnen konnte, hat er sich für eine griechische Mannschaft in der ersten Liga entschieden."

Auch ohne den Ex-Bundesligaprofi hat der Volckmann-Club die Trendwende geschafft. Nach sechs Wochen Pause wegen ­Corona, Weihnachten und Schneechaos besiegten die Mallorquiner am Sonntag den Tabellenzweiten Rayo Majadahonda mit 3:0. Am Mittwoch folgte der Sieg gegen Getafe. In der Tabelle ist der Drittligist dadurch auf den dritten Platz vorgerückt, der für die nächste Runde im Aufstiegskampf berechtigt.

Weiter geht es am Sonntag (31.1.) mit dem Auswärtsspiel gegen die zweite Mannschaft von Atlético Madrid. Die Madrilenen sind Tabellenletzter.