Mallorca Zeitung

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Exzellente Tapas und ein eigener Wermut: diese Dorf-Bar auf Mallorca hat einen ganz eigenen Charme

Die seit 1967 betriebene Bar Casa Miss in Sa Pobla ist gleich in mehrfacher Hinsicht einen Besuch wert

Bar Casa Miss in Sa Pobla Bara Casa Miss

Der zentrale Platz in Sa Pobla. Dort, wo zu Sant Antoni Tausende das Feuerwerk-Spektakel am Rathaus schauen. Zu Füßen des Rathauses sitzt man auf der weitläufigen Terrasse der Bar Casa Miss und schaut auf das Treiben auf der Plaza, die von etlichen Restaurants und Bars gesäumt ist. Die vielen Bäume am Platz und die Lichterketten darin schaffen abends eine wunderbare Atmosphäre. Die Bar Casa Miss, die auch innen einen Besuch lohnt, gibt es seit Januar 1967.

Verfeinerte Klassiker

Es ist eine Institution in Sa Pobla, und ihre Tapas sind in all den Jahren lediglich ein wenig verfeinert worden, aber immer noch Klassiker. Es gibt albóndigas (Hackbällchen), lengua (Zunge – köstlich!), lomo con champiñones (Schweinelende mit Champignons), Kroketten, sepia pica-pica (eingelegter Tintenfisch), patatas bravas (scharfe Kartoffeln), callos (Kutteln), bacalao con cebolla (Kabeljau mit konfierten Zwiebeln), banderillas de higado (Spießchen mit Leber), gitanes (eingelegte Artischockenherzen mit Anchovis) sowie verschiedene fritos (etwa mit Innereien). Star der Karte und Favorit ist der variat – ein Mix aus verschiedenen Tapas, die man sich nach Wunsch zusammenstellen kann.

Ein "variat" (Tapas-Teller). Casa Miss

Reichhaltige Portionen zu fairem Preis

Das Schönste: Die wirklich guten Tapas sind bezahlbar – sie kosten lediglich zwischen 5 und 9 Euro (Ausnahme ist der Oktopus auf galicische Art mit 12 Euro) und werden in reichhaltigen Portionen serviert (die meisten gibt es in zwei Größen). Hinzu kommen üppig belegte Baguettes (4,50–6 Euro) und Pa-amb-Oli-Varianten (7–9 Euro). Wer Lust auf montaditos, also kleine belegte Scheiben Brot, oder pintxos (Spießchen) hat, sollte am Mittwochabend ab 19 Uhr das Lokal besuchen, dann gibt es circa 40–50 Varianten à 1,50 Euro.

Jeden Mittwochabend gibt es wie im Baskenland "montaditos" und "pintxos". Casa Miss

Am Anfang stand eine Miss-Wahl

Ihren Namen verdankt die Bar Magdalena Mir, der Tochter des Gründerpaars Jaume Mir und seiner Frau Apol·lònia. Die bildhübsche junge Frau wurde im Sommer 1966 zum Stolz ihrer Familie Miss Mallorca. Es waren sie und vor allem ihr Bruder Xisco, die den Eltern im Geschäft halfen. Die beiden jüngeren Geschwister waren damals noch zu jung dafür und haben, inklusive ihrer Kinder, bis heute kein Interesse an der Gastronomie. Auch Magdalena heiratete und verließ Eltern und Lokal. Die ältere, immer noch attraktive Dame, führt bis heute eine Boutique in Can Picafort.

"Das ist sein Leben"

Die Bar betrieb Xisco mit seiner Frau weiter, und heute ist es ihr Sohn Jaume Mir (45, Tapasfavorit lomo con champiñones). Seine Mutter (Tapasfavorit callos) kommt aber täglich vorbei und schaut nach dem Rechten, und der Vater (Tapasfavorit albóndigas), 72 Jahre alt, lässt es sich nicht nehmen, allabendlich noch hinter der Theke zu stehen. „Das ist sein Leben, er kennt alle Stammgäste, und er ist ja noch fit“, meint Jaume Mir.

Attraktives Ambiente durch historische Accessoires

Die Eltern hatten auch nichts dagegen, als der Sohn die Gastro-Bar 2016 reformierte. Als Sammler von historischen Bar-Accessoires trägt er seinen Teil zum attraktiven Ambiente bei. So gibt es eine Registrierkasse von 1910, einen Telefonkasten aus dem Jahr 1901, der früher in einer Bar hing, und eine historische Wurlitzer-Musicbox. „Ja, ich habe mehr Spiegel angebracht, aber Spiegel hatten wir von Anfang an. Sofas gab es früher ebenfalls, ich habe neu-alte aus den 60er-Jahren gefunden, ebenso wie die Stühle, und sie neu beziehen lassen – in der früheren Farbe Dunkelgrün. Also alles neu, aber in gewisser Weise auch alt, Vintage halt“, erklärt der überzeugte Lokalpatriot Jaume Mir. Richtig schön ist auch ein Neon-Bild im hinteren Teil der Bar, das die Grafikerin Cati Bestard designt hat. Von ihr stammen auch Logo und Flaschenetikett des Hausgetränks.

Die Einrichtung ist durch historische Bar-Accessoires geprägt. Nele Bendgens

Der Wermut mit Arròs-brut-Aroma

Apropos Flaschenetikett: Die Casa Miss hat seit sieben Jahren in Zusammenarbeit mit der Firma Túnel einen eigenen Wermut, den „Miss Vermut“, der pur mit dem obligatorischen Oliven-Orangenscheiben-Spieß serviert wird – oder verfeinert mit Orangenschaum on top. Ein paar Jahre später folgte die „Miss Vermut picante“ – von der Zusammensetzung her das Gleiche, allerdings reift der Wermut-Mix hier 30 Tage auf Chilischoten. Wer einen „Miss Vermut“ möchte, bestellt beim Kellner einen „guapo“ – so wird er hier genannt – und bekommt dann für 3,50 beziehungsweise 4 Euro für die Orangenschaum-Variante einen Wermut auf Basis der mallorquinischen Prensal-blanc-Weißweintraube, angereichert mit Arròs-brut-Gewürzen.

Der hauseigene wermut ist in Katalonien als der Beste der Balearen befunden worden. Nele Bendgens

Sa Pobla ist auf Mallorca berühmt für seinen besonders guten arròs brut („dreckiger“ Reiseintopf). Verwendet werden etwa Zimt, Kreuzkümmel, Kardamom, rosa und Jamaika-Pfeffer, Nelken, Muskat sowie Orangensaft und Zitrone. Eine Jury zeichnete diesen Mix Mitte März in Reus bei den Premis Vinari als besten Wermut der Balearen aus. Zum zehnjährigen Bestehen dieses Preises, der normalerweise nur katalanische Wermuts bewertet, wurden ausnahmsweise auch in einer extra Kategorie balearische Wermuts blind verkostet – mit dem „Miss Vermut“ als Sieger.

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