Es wird gekichert, gegiggelt und freudig begrüßt: Der Stimmung nach zu urteilen könnten die Studenten, die sich am Montag (3.9.) vor der Aula der Balearenuniversität versammelt haben, auch Erstsemester sein. Doch den jungen Hüpfern, die sich am selben Tag in Begleitung von Mutter oder Vater an der UIB anmelden, haben die Teilnehmer der 5. Sommer-Senioren-Universität im Durchschnitt rund 45 Jahre voraus. Sie kommen vom Festland, aus England, Schweden oder Deutschland, und die Vorfreude auf die einwöchige Veranstaltung ist ihnen deutlich anzumerken.

Unter den 53 Teilnehmern, die Organisatorin Carmen Orte in diesem Jahr begrüßt, ist auch Michael Hink. Der 63-Jährige ist schon zum dritten Mal bei der Sommer-Universität dabei. Er nutzt die Gelegenheit vor allem, um seine Spanischkenntnisse zu vertiefen. Denn seitdem der ehemalige Finanzbeamte aus Bremen im Ruhestand ist, reist er einmal im Jahr nach Lateinamerika, um dort Freiwilligenarbeit zu leisten. Und das Programm der Sommer-Uni bietet selbst dem erfahrenen Mallorca-Besucher noch das ein oder andere Neue.

Die Idee zu den Seniorenkursen kam Carmen Orte vor sechs Jahren. Sie organisiert auch die regulären Seniorenkurse an der UIB. „Irgendwann fiel mir auf, dass es für Senior-Studenten keine Austauschmöglichkeiten wie zum Beispiel das Erasmus-Programm gab", so die Professorin. Also stellte sie mit Hilfe europäischer Fördergelder kurzerhand selber eines auf die Beine.

Im ersten Jahr kamen 75 wissbegierige Senioren aus ganz Europa. Mehr ging nicht: Die Teilnehmer werden im Studentenwohnheim am Rande des Campus-Areals untergebracht, das vor Semesterbeginn noch leer steht. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Kurse belaufen sich auf 412 Euro.

In diesem Jahr findet der Sommerkurs unter dem Motto „Welterbe Serra de Tramuntana" statt. Auf dem Programm stehen vor allem Ausflüge, unter anderem unternehmen die Senioren eine Wanderung zum Aussichtspunkt Ses Barques bei Fornalutx und besuchen das Anwesen Son Marroig. Auch ein Bootsausflug nach Dragonera inklusive Insel­besichtigung ist geplant. In Workshops sollen die Studenten lernen, wie man Trockensteinmauern baut oder wie früher in der Tramuntana Kohle hergestellt wurde.

„Die Teilnehmer sollen Mallorca von einer anderen Seite kennenlernen,", sagt Orte und stellt gleich bei der Eröffnungsveranstaltung klar: „Denken Sie daran: Sie sind als Studenten hier, nicht als Touristen." Langeweile dürfte keine aufkommen: Schon um sieben Uhr morgens trifft man sich zum Tai-Chi, auch die Abende verbringen die wissbegierigen Senioren in geselliger Runde.

Michael Hink hat in den vergangenen Jahren viele Bekanntschaften gemacht und pflegt einige Kontakte bis heute. Auch Melanie Richter aus Bochum kennt er schon vom letzten Mal. Die resolute 69-Jährige hat an der TU Dortmund ein Seniorenstudium absolviert und dort von der Sommer-Uni erfahren. „Mit solchen Kursen werden wir ja auch fit gemacht", erklärt sie. Die Anreise hat sie selbst organisiert und dabei zum ersten Mal einen Flug im Internet gebucht. „Sogar die Boardingkarte habe ich selber ausgedruckt", berichtet sie lachend.

Die Verständigung mit den anderen Teilnehmern erfolgt meist auf Englisch. Das sei nicht immer ganz einfach, weil gerade die Spanier eine ganz andere Aussprache hätten. „Aber es klappt immer besser", sagt die Seniorenstudentin.

In winzigem Rahmen, aber eben doch, kurbelt der Sommerkurs auch den Tourismus an, sagt Orte: „Viele kommen eine Woche früher oder bleiben im Anschluss, um hier noch Ferien zu machen." So wie Michael Hink. Wenn der Kurs am Freitag zu Ende ist, kommt seine Frau nachgereist. Die beiden haben ein Ferienhaus im Nordosten gemietet. Dann kann er ihr gleich mal erklären, was er alles über die Serra de Tramuntana gelernt hat.