Palma bekommt sein Müllproblem nicht in den Griff - und das stinkt so manchem Bürger inzwischen gewaltig: Allein im Juni gingen im Rathaus und bei den Stadtwerken Emaya gut 450 Beschwerden ein. Verschmutzte Straßen und überquellende Container, die man umso häufiger sieht, je weiter man sich vom Stadtzentrum entfernt, sind dabei aber offenbar noch das geringere Problem. Für richtig Ärger sorgt derzeit der Sperrmüll, den Emaya seit vergangenem Sommer auf einen Beschluss der linken Stadtregierung hin nicht mehr zu Hause abholt. Stattdessen muss er je nach Viertel an einem bestimmten Wochentag auf die Straße gestellt werden. Weil sich daran aber kaum jemand zu halten scheint, türmen sich ständig Unmengen von Unrat auf den Gehsteigen der Stadt.

Die Opposition im Stadtrat, allen voran die Fraktion der konservativen Volkspartei PP, hat das neue System längst für gescheitert erklärt. Es habe in der Praxis nicht funktioniert, verkündete Fraktionssprecherin Marga Durán - und forderte die sofortige Rückkehr zur bewährten Methode. Umweltstadträtin Neus Truyol von der linksökologischen Més-Partei und zugleich Emaya-Chefin sieht die Sache ganz anders: Die neue Methode sei für die Bürger wesentlich praktischer, da man nicht mehr bei den Stadtwerken anrufen und am vereinbarten Tag X stundenlang auf die Mitarbeiter warten müsse, um dann maximal drei Teile loszuwerden. Zudem wurde damals nur gut ein Drittel des Sperrmülls regulär abgeholt - der Rest musste irgendwo auf der Straße aufgesammelt werden. Inzwischen würden dagegen 75 Prozent korrekt entsorgt. „Wir sind in Spanien und haben nicht diese Kultur wie ihr Nordeuropäer", sagt Truyol etwas verzweifelt. „Aber ich denke trotzdem, dass wir von den Bürgern ein bisschen Kooperationsbereitschaft und Gemeinsinn erwarten dürfen."

Bei den Stadtwerken sucht man auch noch andere Schuldige. Man habe den Verdacht, dass eine Unternehmerbande mithilfe von Lastwagen im großen Stil Unrat in der Inselhauptstadt entsorge. Mittlerweile gibt es laut Emaya sogar Videoaufnahmen, die das beweisen, die Ermittlungen seien eingeleitet. Und dann seien da noch die Elektronik­händler, die sich Truyol zufolge oftmals nicht an ihre gesetzlich vorgeschriebene Pflicht halten, Altgeräte beim Kauf neuer Kühlschränke, Waschmaschinen oder Fernseher zurückzunehmen - was meist dazu führt, dass deren Besitzer sie auf der Straße entsorgen.

In den Augen der Gewerkschaftsvertreter dagegen trifft die größte Schuld am Müllchaos die Stadtwerke selbst. José Villanueva, der Vorsitzende des Emaya-Betriebsrats, spricht von akutem Personalnotstand. Ein Drittel der Belegschaft der Sperrmüll-Einheit sei nicht einsatzfähig, der Großteil sei krankgeschrieben - wobei die Leiden meist dem andauernden Schleppen viel zu schwerer Gegenstände geschuldet seien. „Ein Mitarbeiter pro Fahrzeug zum Aufsammeln des Unrats ist einfach nicht genug", findet Villanueva. Erschwerend komme hinzu, dass momentan 22 Müllfahrzeuge in der Werkstatt stünden.

Dass bei den Stadtwerken viel zu lange nicht in den Fuhrpark investiert wurde, sagt auch Neus Truyol. Mülllaster, die fast rund um die Uhr im Einsatz seien, müssten im Schnitt eigentlich bereits nach zehn Jahren aus dem Verkehr gezogen werden. „Wir haben jede Menge Fahrzeuge, die 18 oder 20 Jahre alt sind und entsprechend oft ausfallen." In den kommenden drei Jahren müssten Müllabfuhr und Stadtreinigung deshalb 13 Millionen Euro in neue Maschinerie investieren, da führe kein Weg dran vorbei. „Das wird den Mitarbeitern nicht nur die Arbeit erleichtern, sondern zum Beispiel auch Wasser sparen", kündet Truyol an. Allein drei Millionen sind zudem für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen veranschlagt, die vielleicht schon Ende des Jahres mobile Wertstoffboxen für einige Stunden am Abend in die Altstadt bringen werden - wodurch die herkömmlichen Container nicht mehr durchgehend das Stadtbild verschandeln würden. Das Modell wurde als Nachfolgelösung für das geschrottete und inzwischen rückgebaute unterirdische Müllabsaugesystem beschlossen.

Geplant hat Emaya außerdem die Anschaffung 8.000 neuer Container, die im Laufe des kommenden Jahres über die Stadt verteilt werden sollen. Etwa 6.000 einheitliche Behälter sollen die alten, teils bunt zusammengewürfelten Modelle ersetzen, wodurch künftig ein Lastwagen-Typ alle Container leeren kann, was das Prozedere beschleunigen dürfte.

Eine neue, bereits angelaufene Maßnahme ist das Reinigen der Müllcontainer selbst und der Flächen um sie herum - was unter der konservativen Vorgängerregierung Truyol zufolge aus Geldmangel zwei Jahre lang nicht mehr gemacht wurde. In den kommenden drei Monaten sollen alle 627 Müllabladestellen der Stadt gesäubert werden, danach will man sie in etwa einmal pro Quartal überprüfen und gegebenenfalls erneut reinigen. Nachgebessert hat Emaya laut Truyol inzwischen auch in Palmas Außenbezirken, wo die Mülleimer nun auch am Wochenende geleert und Straßen sowie Bürgersteige zumindest ein oder zwei Mal pro Monat mit Wasser gereinigt werden. In der Altstadt geschah das bereits in der Vergangenheit täglich.

Ja, und dann sollen noch 2.000 Container für Biomüll aufgestellt werden, der bisher in der Stadt noch nicht gesondert entsorgt werden kann. Jetzt müssen die Bürger sich nur noch an die Mülltrennung halten.