Menschen mit Behinderung sollen auf Mallorca für Jobs im Tourismus ausgebildet werden

Im Rahmen des Projekts "Aspas Tourism" entsteht ein Ausbildungszentrum. Das soll mehr Personen mit Behinderung in Jobs der Urlauberbranche vermitteln

In einem neuen Ausbildungszentrum in Palma sollen Menschen mit Einschränkungen für Tourismusberufe angelernt werden. | FOTO: STIFTUNG ESMENT

In einem neuen Ausbildungszentrum in Palma sollen Menschen mit Einschränkungen für Tourismusberufe angelernt werden. | FOTO: STIFTUNG ESMENT / DIANA SERBE

Diana Serbe

Diana Serbe

Ein Mann im Rollstuhl sagte mal nachdenklich machende Worte: „Behindert ist man nicht, behindert wird man.“ Mit welchen Herausforderungen Personen im Alltag umgehen müssen, die nicht „normal“ laufen, denken, sprechen, hören oder sehen können, wird den meisten Menschen erst bewusst, wenn sie selbst in diese Lage kommen. Dass auch körperlich Eingeschränkte am sozialen Leben teilhaben möchten und dafür in Arbeit stehen und Geld erwirtschaften müssen, sollte selbstverständlich sein. Dennoch kämpfen die Betroffenen mit etlichen Hürden. Diskriminierung erfolgt auch unbewusst. Die Stiftung Aspas fördert deswegen in der auf Mallorca so wichtigen Tourismusbranche mehr Teilhabe von eingeschränkten Menschen.

Aspas-Cafés gehören in Palma zur Stiftung

Die gemeinnützige Stiftung setzt sich in Spanien seit 1977 für die vollständige Eingliederung von Menschen mit Hörbehinderungen in die Gesellschaft auf allen Ebenen ein. Ihre Interessen sollen auf der Grundlage der Verfassungsgrundsätze von Freiheit und Gleichheit verteidigt werden. In Spanien gibt es mehrere regionale Interessenvertretungen. Auf Mallorca betreibt sie ein spezielles Beschäftigungszentrum, das drei Restaurants (die Aspas Cafés zum Beispiel am Fronda Pflanzenmarkt oder an der Rambla in Palma) und einen Cateringservice betreibt, in denen Menschen mit verschiedenen Behinderungen, nicht nur mit Sinnes- oder Hörbehinderungen, Arbeit und Ausbildung angeboten werden.

Neues Zentrum entsteht

Für die Entwicklung des Projekts „Aspas Tourism“ soll in Palma ein Ausbildungszentrum für Menschen mit Behinderung im Bereich des Tourismus entstehen. Es soll eine Ausbildung im Gaststättengewerbe, im Beherbergungsgewerbe, in Reisebüros und bei Fremdenführern anbieten. Geplant sind zudem Stellen für die Beratung sowie für die Entwicklung von integrativen Tourismusprojekten. Hier werden Kellner, Köche, Housekeeping-Angestellte und andere Tourismusmitarbeiter ausgebildet. Das 3.000 Quadratmeter große Schulungszentrum in Palma soll Ende 2025 fertiggestellt sein, so Andreu Serra, Koordinator der Stiftung und ehemaliger Tourismusdezernent des Inselrats. Da die Arbeit im Urlauberbusiness intensiver sei und mehr Regeln voraussetze, sei es keine leichte Aufgabe, den Sektor stärker für Menschen mit Behinderung zu öffnen.

Anteil an Mitarbeiterschaft muss nur zwei Prozent betragen

„Nur 35 Prozent der eingeschränkten Personen im arbeitsfähigen Alter in Spanien sind in Beschäftigung“, so Serra. „Und Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sind verpflichtet, nur zwei Prozent der Stellen mit beeinträchtigten Mitarbeitern zu besetzen.“ Hier sei die Regierung gefragt. Staatliche finanzielle Hilfen waren bishger hilfreich, so Serra, echte Chancen für eine langfristige Integration in den Arbeitsmarkt hätten eingeschränkte Personen aber nur mit einer fundierten Ausbildung und mehr Chancengleichheit. In Spanien gilt laut Sozialministerium eine Einschränkung von 33 Prozent im Arbeitsleben als Behinderung. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 20 Prozent, ab 50 Prozent gilt man als „schwerbehindert“.

Aspas Tourism orientiert sich an den von der UN gesetzten Zielen für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030). Dafür kooperiert die Stiftung mit der US-amerikanischen Wohltätigkeitsorganisation „Green and Human“, die sich auf die nachhaltige Ausrichtung von Tourismusunternehmen spezialisiert hat. Aspas ist zudem Teil der balearischen Vereinigung FOQUA, einem seit 2005 bestehenden Verbund aus gemeinnützigen Organisationen mit jahrelanger Erfahrung in der Arbeit mit eingeschränkten Menschen. Zu den 14 aktiven Unternehmen gehört auch die auf Mallorca ansässige Stiftung Esment. Deren Mitglieder verschreiben sich schon seit 1962 dem Ziel der sozialen Eingliederung von eingeschränkten Personen ab 16 Jahren. Das umfasst die Bereiche Bildungsorientierung, soziale und berufliche Eingliederung, Wohnen sowie Freizeit- und Sozialaktivitäten für die Person und ihre Familie. Derzeit betreut Esment mehr als 2.000 Menschen.

Stiftung in Palma bietet bereits duale Ausbildung

Zur aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt sagt Marketing-Chefin Yolanda Tarramera Arando: „Menschen mit Unterstützungsbedarf sind besonders gefährdet, aus dem System von Ausbildung und Arbeit ausgeschlossen zu werden, weil es kein auf ihre Bedürfnisse abgestimmtes Ausbildungsangebot gibt.“ Auch bei Esment hat man auf das Problem mit einer Ausbildungsinitiative reagiert. Die Esment Escola Professional bietet eine duale Ausbildung als Qualifizierungsmaßnahme mit Theorie-Unterricht und „Learning by Doing“ am Arbeitsplatz.

Es sei wichtig, eine Allianz zwischen Unternehmen und Ausbildungszentren zu schaffen, um die Effektivität der Ausbildung zu gewährleisten, so Arando. „Wir fördern die Beschäftigungsfähigkeit durch unser Arbeitsvermittlungszentrum und den sozial-beruflichen Eingliederungsdienst.“ Das Esment-Netzwerk aus Unternehmen und Kunden stellt Mitarbeiter mit Unterstützungsbedarf ein, nimmt Dienstleistungen oder Produkte von Esment in Anspruch. Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor bleibe eine zentrale Aufgabe, so Arando: „Wir müssen Ideen entwickeln, Erfahrungen austauschen und erfolgreiche Methoden vorantreiben, um die Bedürfnisse der betroffenen Menschen rechtzeitig zu erkennen.“

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