Seit sieben Jahren kennt die Mallorca Challenge für Radsportler in der Kategorie der 50- bis 60-Jährigen keinen anderen Sieger als Wladimir Gottfried. Bei der Challenge im Rahmen der am Samstag (17.10.) zu Ende gegangenen „Semana Internacional de Ciclismo Masters“ hat der 56-jährige Deutsche auch zum wiederholten Mal die deutsche Nationalmannschaft zum Sieg getrieben. Außer ihm fuhren Peter Ackermann (46. der Gesamtwertung) und Michael Fenske (4.) in die Wertung.

„Im Bund deutscher Radfahrer gibt es keine erfolgreichere Abteilung als das Masters-Team. Allein in diesem Jahr haben wir mehr als 20 Medaillen bei internationalen Wettfahrten gesammelt“, sagt Norbert Becker, Nationaltrainer der Mastersfahrer im Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Als einziger Abteilung sei den Masters-Fahrern nicht der Etat gekürzt worden, sagt Becker. Der sei jedoch ohnehin gering gewesen. Startgebühren und ein Zuschuss zu den Reisekosten, das war‘s.

Spitzenfahrer Wladimir Gottfried, 56 Jahre alt, arbeitet im Hauptberuf als Schweißer. Sein Hauptsponsor, der Weiningenieur Peter Ackermann, fährt in der Nationalmannschaft als sein „Wasserträger“. Ackermann stopft auch finanzielle Löcher. In diesem Jahr besorgte er seinem Kapitän und Schützling Gottfried ein 6.000 Euro teures Spezial-Bike für das Zeitfahren. Der Einsatz hat sich gelohnt: Gottfried gewann am Montag beim Prolog in seiner Altersklasse (50-60) so deutlich, dass aus der jüngeren Senioren-Klasse (30-40) nur zwei Fahrer schneller waren. „Die 1,85 Meter großen Athleten haben sich den kleinen Wladimir ungläubig angeschaut, konnten nicht fassen, was der für eine Zeit gefahren ist“, sagt Ackermann lachend.

Wladimir Gottfried ist also der Star der deutschen Nationalmannschaft und ein Phänomen. Der ehemalige Fahrer der russischen Nationalmannschaft wiegt bei 1,67 Meter Körpergröße durchtrainierte 68 Kilogramm und wird mit jedem Jahr stärker. In Peter Ackermann und dem Neuzugang Michael Fenske hat er in der Mannschaft zwei starke Helfer. Vor allem der ehemalige Mountainbiker Fenske war am Berg stark gefahren, musste sich aber auch von Kapitän Gottfried einiges anhören. „Da fehlt es noch an Disziplin, er fährt zu eigensinnig. Außerdem muss er mal seine Schuhe sauber machen“, sagt Gottfried und lacht. Sein Trainer ergänzt. „Fenske hat auch keine rasierten Beine, benutzt kein Öl und zieht keine weißen Socken an wie die Straßenfahrer, aber er ist eben ein Urvieh und unerreichbar am Berg.“

Es geht locker zu im Masters-Team, was aber nicht heißt, dass die Rennen auf die leichte Schulter genommen werden. „Mallorca ist neben Kolumbien und der WM in St. Johann (Tirol) das wichtigste Rennen für uns“, betont Ackermann. Sein Schützling Gottfried muss manchmal in seinem Ehrgeiz vom Trainer gestoppt werden. „Am liebsten würde er alles gewinnen, auch das Berg- und Sprintertrikot, da muss ich ihn auch mal ausbremsen. Es geht um die Gesamtwertung“, betont Becker.

Masters-Fahrer sind Idealisten, Gottfried zum Beispiel absolviert bis zu 30.000 Trainingskilometer im Jahr, bekam für seinen Challenge-Sieg jedoch nur einen Pokal. Sponsoren seien im Radsport allgemein rückläufig aus den bekannten Gründen, sagt Becker und meint Doping. Der Sportartikelhersteller Adidas ist beim Bund Deutscher Radfahrer als Sponsor ausgestiegen. So etwas macht Becker wütend. Er ist radikal, wer einmal erwischt werde, kommt nicht in seine Mannschaft. Auch nach einer Sperre komme ein Fahrer nicht mehr in Frage.

Wladimir Gottfried gilt dagegen als Saubermann. Der 56-Jährige schwört auf Quark. „Ich trinke viel schwarzen Tee und esse Quark in allen Kombinationen, zu allen Mahlzeiten. Fleisch maximal zwei Mal in der Woche.“ Dieses Jahr sei er „nur“ 26.000 Kilometer gefahren, aber dafür bei mehreren Rennen in Holland gegen weitaus jüngere Gegner angetreten. „Wladimir lebt das ganze Jahr vorbildlich“, lobt sein Sponsor Peter Ackermann. „Wir sind keine Verlängerung der Profiklasse, sondern Amateure. Den fünffachen Tour-de-France-Sieger Miguel Indurain würden Sie nicht auf Mallorca antreffen. Die wollen natürlich nicht verlieren und sich blamieren“, fügt er hinzu. Trainer Becker ist sich sicher: „Der Wladimir würde Indurain im Zeitfahren versenken.“ Bis zum kommenden Oktober will Gottfried verstärkt das Zeitfahren trainieren und kündigt schon mal an: „Im nächsten Jahr werde ich der Beste aller Zeitfahrer.“

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