Rafael Nadal ist in diesem Jahr deutlich besser drauf als im vergangenen. Spätestens der Sieg bei Roland Garros gegen seinen Dauerrivalen Novak Djokovic hat gezeigt, dass der Mallorquiner auch wieder die mentale Stärke besitzt, die ihn vor zwei Jahren beinahe unbezwingbar gemacht hatte. Am Dienstag (26.6.) begann Rafa sein diesjähriges Wimbledon-Turnier mit einem Drei-Satz-Sieg gegen den Brasilianer Bellucci. Das Ziel des 26-Jährigen ist klar: Am 8. Juli möchte er nach dem Finale in die Trophäe beißen, so wie er es nach Siegen immer tut.

Nadal ist nämlich ein Gewohnheitstier. Er überlässt nichts dem Zufall, Improvisation kann er nicht ausstehen. Deutlich wurde das unter anderem beim Masters-Turnier in Madrid. Der Organisator ließ die Profis erstmals auf blauem Sand spielen. Nadal regte sich fürchterlich darüber auf und schied bald darauf aus.

Entscheidend vor jedem Match sind für Nadal acht nahezu rituelle Schritte. Für die Biografie „Rafa" hat der Weltranglisten-Zweite dem Journalisten John Carlin seine minutiöse Vorbereitung geschildert.

1. Eisdusche

45 Minuten vor dem Spiel duscht sich Nadal eiskalt ab. Während dieser Eisdusche findet er zu sich selbst. „Unter dem kalten Wasserstrahl trete ich in einen anderen Zustand ein, in dem ich meine Kräfte wachsen spüre. Wenn ich die Dusche wieder verlasse, bin ich ein anderer Mensch. In diesem Zustand existiert für mich nichts anderes mehr als das Match", sagt der zweifache Wimbledon-Champion.

2. Kopfhörer auf, Musik laut

Die Musik isoliert Nadal von seinem Umfeld. Er dreht dabei die Lautstärke auf, so weit es geht. Er schaut niemanden an, weder seinen Trainer Toni Nadal, noch seinen Physiotherapeuten Rafa Maymó, die aber während dieser Zeit ständig um ihn herum sind.

3. Tape-Bänder um die Schläger

Während Nadal Musik hört, legt er selbst die Tape-Bänder um die Griffe seiner Tennis-Schlägers. „Ich tape immer ein weißes Band über das schwarze. Bei allen sechs Schlägern, mit denen ich auf den Platz gehe."

4. Nach der Behandlung durch Physiotherapeut Rafa Maymó

Dieser Moment ist einer der wichtigsten für Nadal. Nach der Behandlung „stehe ich auf, ziehe meine Spielkleidung an und befeuchte meine Haare". Im Anschluss ein weiteres Ritual, das nicht fehlen darf: Er zieht sein Stirnband über die Stirn, „langsam und vorsichtig, damit die Haare nicht über die Augen fallen. Genau wie die Eisdusche ist das ein entscheidender Moment, in dem ich Kräfte sammle und mich mental auf das Spiel einstelle".

5. Verbände an den Fingern

Wenige Minuten vor dem Betreten des Spielfeldes verbindet Rafa Maymó dem manacorí die Finger der linken Hand. „Ohne diese Verbände würde die Haut der Finger beschädigt", sagt Nadal. Danach dehnt er sich, läuft einige Sprints, lockert Kopf, Hand­gelenke und Schultern und dehnt die Knie. Dann springt er ein paarmal, immer noch mit den Kopfhörern auf den Ohren. Fünf- bis sechsmal geht er in der Stunde vor dem Match auf die Toilette. Er prüft noch ein letztes Mal die Schläger, ihr Gewicht und ihre Stabilität. Er zieht sich die Strümpfe an, so dass beide gleich hoch am Bein sitzen. „Konzentriert zu sein bedeutet, in jeder Sekunde zu wissen, was zu tun ist. Es bedeutet, niemals deinen Plan zu ändern."

6. Auf dem Court

Ab jetzt ist Nadal für die Zuschauer sichtbar. Er nimmt einen Schluck aus einer Flasche und danach aus einer anderen. Genauso in jeder Pause. „Später lasse ich dann die Flaschen zu meinen Füßen stehen, vor meinem Stuhl, links von mir, beide hintereinander. Sie sind schräg zur Längsseite des Feldes ausgerichtet. Das ist kein Aberglaube, es ist eine Art, im Match anzukommen. Diese äußere Ordnung soll mit der Ordnung in meinem Kopf einhergehen."

7. Der Überblick

„Vor dem Match lasse ich gerne meine Augen über die Tribünen wandern. Ich suche meine Familie und mein Team." Auch dieses Ritual hilft Nadal, die innere Ordnung herzustellen, die er so dringend benötigt. „Ich lasse nicht zu, dass sie sich kurz vor dem Spiel einmischen, aber zu wissen, dass sie da sind, vermittelt mir Ruhe und hilft mir, erfolgreich zu spielen."

8. Möge der Gegner beginnen

Nadal bevorzugt, dass sein Gegner den ersten Aufschlag hat. „Wenn er nervös ist, kann ich diesen Umstand zu einem guten Beginn für mich nutzen."

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