Segel-Sportdirektorin erklärt, wie es um die deutschen Sportler bei der Sofía-Regatta auf Mallorca steht

Nadine Stegenwalner im Gespräch über spektakuläre Surfer bei der Regatta und die Olympia-Hoffnungen

Es ist nicht einfach, beim Trofeo Princesa Sofía den Überblick zu behalten und zu verfolgen, welcher Segler oder Surfer in Führung liegt.

Es ist nicht einfach, beim Trofeo Princesa Sofía den Überblick zu behalten und zu verfolgen, welcher Segler oder Surfer in Führung liegt. / Sailing Energy

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Seit gut 15 Jahren ist Nadine Stegenwalner die Sportdirektorin des Deutschen Segler-Verbands und steuert auf ihre vierten Olympischen Spiele zu. Die Segler der olympischen Disziplinen treffen sich ab Freitag (29.3.) zur einwöchigen Regatta Trofeo Princesa Sofía auf Mallorca. Der Wettkampf in Palmas Bucht ist der Saisonstart für die Skipper und namhaft besetzt. Die MZ hat bei der Chefin nachgefragt, wie es um die deutschen Sportler steht.

Jede Nation hat höchstens einen Startplatz pro Boot

Sind die deutschen Segler schon für die Spiele in Frankreich qualifiziert?

In acht der zehn olympischen Disziplinen haben wir die Quali des Startplatzes schon in der Tasche, in den anderen beiden hoffen wir noch. Wir haben in allen zehn Disziplinen Sportler mit den Ambitionen, in Marseille bei den Spielen an den Start zu gehen. Das war vor vier Jahren anders.

Nadine Stegenwalner.

Nadine Stegenwalner. / dpa

Welche Rolle spielt die Regatta in Palma für die Qualifikation?

Die Sofía ist seitens des Weltverbands kein Qualifikationsevent. Ende April gibt es in Südfrankreich die Last Chance Regatta, bei der die verbleibenden Startplätze vergeben werden. Allerdings hat jede Nation höchstens einen Startplatz pro Boot. In einigen Disziplinen stehen mehrere deutsche Segler zur Auswahl. Da müssen wir eine interne Qualifikation aussegeln. Als Verband haben wir in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) festgelegt, dass die Segler bei drei unterschiedlichen Regatten Punkte sammeln können. Palma ist für alle Bootsklassen einer dieser Wettkämpfe.

Es geht rein um das Ergebnis? Andere Faktoren spielen bei der Auswahl keine Rolle?

Genau, wir addieren die Endplatzierungen der drei Regatten und schlagen die deutschen Segler dem DOSB zur Nominierung vor. Hierfür müssen zudem noch zwei weitere Kriterien erfüllt sein. Es ist ein transparentes Verfahren, das wir schon vor den Spielen in London, Rio und Tokio angewandt haben. Im Anschluss haben wir Analysen vorgenommen und unter anderem die Sportler befragt. Nicht ohne Grund greifen wir nun wieder auf das System zurück. Das Ziel ist, bei den Spielen Top-Platzierungen zu erreichen.

Außenseitersiege sind eher selten

Wie sehen die anderen zwei Hürden aus?

Bei einer der drei Regatten muss der Segler auf Platz zwölf oder besser landen. Zudem erstellen wir von den drei Wettkämpfen ein Gesamtranking, in dem auch die Sportler anderer Nationen auftauchen. Dort muss unser Olympia-Fahrer unter den Top 10 sein.

Ist es nicht auch der Reiz der Olympischen Spiele, dass Außenseiter die Überraschung schaffen?

Die Olympischen Spiele sind besonders, auf dem Wasser ist es letztlich jedoch auch nur eine Regatta. Im Vergleich zu einer Weltmeisterschaft ist die Flotte kleiner, da nur ein Boot pro Nation startet. Außenseitersiege sind eher selten. Im Segeln spielt die Erfahrung eine große Rolle. Es hilft, wenn die Segler Erfahrung haben, wie man mit einer Führung fährt.

Das Duo Erik Heil/Thomas Plößel hat Deutschland in Rio und Tokio je Bronze ersegelt. Schmerzt deren Karriereende?

Sie waren, beziehungsweise sie sind tolle Sportler und Persönlichkeiten. Es ist der Lauf der Dinge, dass die Athleten ihr Leben irgendwann anders ausrichten. Dafür kommen dann junge Leute nach und treten in die Fußstapfen. Der 49er der Männer und der 49erFX der Frauen sind die zwei Disziplinen, in denen wir uns bislang noch nicht für Olympia qualifiziert haben.

Jede Bootsklasse hat ihre Besonderheiten

Was ist denn die populärste Segelklasse?

Da ich mit allen Disziplinen zu tun habe, wage ich hier keine Einschätzung. Jede Bootsklasse hat ihre Besonderheiten und Herausforderungen. Gerade das macht das olympische Segeln so interessant. Nach Tokio haben sich einige Bootsklassen verändert. Die Windsurfer foilen jetzt, sprich sie fliegen förmlich übers Meer. Da gibt es große Starterfelder, und es wurde international gut angenommen. Die Kitesurfer sind auch ein spektakulärer Anblick.

Das kann man sicher auch für die Regatta in Palma sagen.

Genau, die Kiter sind nah am Strand unterwegs. Die anderen Bootsklassen sind leider weiter draußen und schwieriger zu verfolgen. Wenn es keinen Kommentator vor Ort gibt, kann man vom Land aus kaum das Geschehen auf dem Wasser nachvollziehen. Die Ein- und Ausfahrt der Boote aus dem Hafen ist aber in jedem Fall sehenswert. Ich empfehle einen Spaziergang von Arenal nach Can Pastilla. Da kann man aufs Meer schauen und sieht die verschiedenen Boote.

Gehört Segeln zu den Sportarten, die zu den Spielen einen Hype erfahren, aber ansonsten kaum Zuschauerinteresse haben?

In letzter Zeit hat das Tracking zugenommen. Die Boote werden mit Sendern ausgestattet, und die Zuschauer können am Bildschirm sehen, was auf dem Meer passiert. Wir verschwinden nicht mehr komplett in der Versenkung außerhalb der Spiele. Aber der Aufwand ist enorm, um das Interesse von Nicht-Seglern zu wecken.

Im Jahr 1996 holten die deutschen Segler das bislang letzte Olympia-Gold. Wird mal wieder Zeit, oder?

Wir sprechen bei unseren Medaillenerwartungen klar im Plural. Auf die Farbe der Medaille möchte ich mich jetzt noch nicht festlegen.

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