Zwischen dem Gemüseacker von Palmas Gefängnis und der Zubringerstraße auf die Ringautobahn der Stadt sind nur ein paar Meter und ein einfacher Zaun. Aber einen Fluchtversuch hat noch keiner der Häftlinge unternommen, die hier Erde auflockern und Dünger untermischen. Sie sind vielmehr heilfroh, mit der Gartenarbeit eine Beschäftigung zu haben. „Das Schlimmste im Knast ist die Langeweile. Wenn man etwas zu tun hat, wird alles einfacher", sagt José (alle Namen von Insassen geändert), der gerade mit Hilfe seines Kollegen versucht, den stotternden Motor der Pflugmaschine wieder anzuwerfen.

Der 47 Jahre alte Mallorquiner muss es wissen. Seit 13 Jahren sitzt der wegen Totschlags verurteilte Mann schon hinter Gittern, zweieinhalb Jahre hat er noch vor sich. Lange Zeit teilte er sich mit einem deutschen Häftling die Zelle („Das war ein super Typ. Wir haben Mallorquinisch miteinander gesprochen.") Im Gefängnis hat sich José mit guter Führung bewährt, andernfalls dürfte er nicht bei der Gartentruppe mitmachen.

Bald soll entschieden werden, ob er in den offenen Vollzug wechseln kann. Schon jetzt verbringt José immer wieder mehrere Tage bei seiner Familie. Wenn der ersehnte Tag der Entlassung in die Freiheit endlich da ist, will er sich eine Stelle als Gärtner suchen. Die entsprechenden Kenntnisse hat er bei den Kursen und der praktischen Arbeit im Gefängnis erworben. Ähnliche Vorstellungen hat Ana. „Ich bin hier Pflanzen­expertin geworden", sagt die wegen Drogenhandels verurteilte 39-Jährige. Die einzige Frau in der Gartenmannschaft des Gefängnisses sammelt auf dem Feld die letzten Melonen ein, um die Samen der Früchte für das nächste Jahr zu sichern. Hinter Gittern hat sie mit der praktischen Arbeit und Theoriekursen bereits vier Zertifikate in Gartenbau und Landwirtschaft gesammelt. „In dem Bereich will ich auch arbeiten, wenn ich in zwei Jahren rauskomme", sagt sie.

Solche Pläne geben Gefängnisdirektor Manuel Avilés recht. Der gebürtige Andalusier setzt auf den Ausbau von Ausbildung und Beschäftigung der Häftlinge. „Die Menschen sollen hier nützliche Fähigkeiten erwerben, die sie draußen einsetzen können. Damit sie dann hoffentlich nicht mehr zurückkommen." Deswegen ist seine Einrichtung nicht nur ein Gefängnis, sondern zugleich Schule und Arbeitsstätte. Mallorcas Häftlinge können dort sämtliche Schulabschlüsse nachholen, Informatikkenntnisse erwerben, Sprachkurse in Spanisch, Katalanisch und Englisch machen. Sogar ein Studium über die Fernuniversität Uned ist möglich. Die rund zehn Prozent der Insassen, die als Analphabeten gelten, können während ihrer Haft lesen und schreiben lernen.

Gearbeitet wird sowohl für den eigenen Bedarf als auch an Aufträgen für Unternehmen. So fertigen die Häftlinge etwa Wasserhähne für die Armaturen-Firma Buades. Es gibt eine Schreinerei, in der Fensterrahmen und Türen hergestellt werden. Viele Insassen arbeiten auch in der gefängniseigenen Küche, der Bäckerei oder kümmern sich um die Instandhaltung des Gebäudes.

Palmas Gefängnis fällt zugleich immer wieder mit außergewöhnlichen Projekten auf. So marschierten im Frühjahr acht Häftlinge aus Mallorca gemeinsam mit Aufsichtspersonen auf einem Teilstück des Jakobswegs durch Portugal. Und der Außenbereich des Gefängnisses dient nicht nur als Gemüseacker und Obstgarten zur Selbstversorgung der Anstalt, sondern auch zur Sicherung der gefährdeten lokalen Artenvielfalt der Inseln. Der Anbau wird von einem Mitarbeiter des balearischen Landwirtschaftsministeriums koordiniert.

Trotz der Vorzeigeprojekte hat das Gefängnis auch seine Schattenseiten. Gewerkschaftsvertreter der rund 470 Mitarbeiter kritisieren die chronische Überbelegung der Haftanstalt. Dies führe auch zu einem erhöhten Sicherheitsrisiko für die Wärter. Im April hatte ein Insasse einen Gefängnisbeamten am Kopf verletzt, nachdem dieser in eine Prügelei von Häftlingen eingegriffen hatte.

Grund für die Enge ist auch die im landesweiten Vergleich hohe Kriminalitätsrate auf den Balearen. Nach den letzten veröffentlichten Zahlen des nationalen Statistikinstituts (INE) wurden im Jahr 2007 auf den Inseln insgesamt 4.298 Menschen verurteilt. Das bedeutet einen Schnitt von 4,17 pro 1.000 Bürgern. In ganz Spanien waren es nur 2,99 Verurteilte pro 1.000 Bewohner.

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