Gut ein Jahr ist vergangen, seit die Sozialisten (PSOE) und die Partei Més per Mallorca mit Unterstützung der neuen Partei Podemos die Regierung auf den Balearen stellen. Eines ihrer Versprechen im Wahlkampf war es, die Sozialleistungen auszubauen. Ihr Prestige­projekt ist die sogenannte renta social, eine Art Hartz IV für die Inseln. Das ist mittlerweile auf den Weg gebracht. Doch es gibt noch weitere Hilfen, die sozial und wirtschaftlich schwachen Familien und ­Einzelpersonen unter die Arme greifen sollen. Eines vorab: Großfamilien, also Familien mit drei Kindern oder mehr, haben Vorteile.

Auf Familien beschränkt: das balearische „Hartz IV"

Anfang April hat das Parlament der Balearen das Gesetz zur allgemeinen Sozialhilfe verabschiedet. Das sogenannte Ley de Renta Social Garantizada sorgt dafür, dass Familien auf den Balearen ohne Arbeit ein Mindesteinkommen erhalten. Diese Art der Sozialhilfe funktioniert ähnlich wie Hartz IV in Deutschland. Mittellose Familien erhalten mindestens 429 Euro pro Haushalt. Je nach Anzahl der zu versorgenden Kinder steigt der Betrag auf maximal 776,58 Euro an. Das wäre etwa der Fall bei einem Ehepaar mit fünf Kindern.

Um die renta social in Anspruch nehmen zu können, gibt es allerdings einige Anforderungen: In der Familie lebt mindestens ein zu versorgendes Kind unter 18 Jahren, keines der Familienmitglieder darf Einkünfte erzielen, es darf kein Anspruch auf weitere Sozialleistungen bestehen und die Antragsteller müssen mindestens drei Jahre auf den Balearen gelebt haben. Hier sind Unterbrechungen von bis zu 12 Monaten möglich. Wichtig ist, dass man drei Monate vor Antragstellung auf den Balearen gelebt hat. Ähnlich wie bei Hartz IV sieht das Gesetz außerdem vor, dass keines der Familienmitglieder ein „adäquates" Job­angebot abgelehnt hat. Ansonsten bekommt man kein Geld.

Seit Mitte Mai können Fami­lien die Sozialhilfe beantragen. Sozialministerin Fina Santiago (Més per Mallorca) rechnet mit rund 3.000 Familien, die davon profitieren. Die ersten Auszahlungen gibt es voraussichtlich Ende Juni. Die Regierung hat dafür rund 20 Millionen Euro eingeplant. Für die Abwicklung wurden acht Stellen geschaffen. Beantragt wird die renta social mittels eines Formulars, das auf der Website des Sozialministeriums zu finden ist. Die Bearbeitung soll nicht länger als drei Monate dauern. Mehr Infos gibt die Balearen-Regierung unter auf ihrer Homepage.

Staatliche Miethilfen für Geringverdiener

Auch Zuschüsse für Mieten gibt es auf den Balearen. So sieht ein Programm vor, dass der Staat

auf Antrag 40 Prozent der Miete von Geringverdienern übernimmt. Diese darf aber 600 Euro monatlich nicht überschreiten. Beantragt werden kann der Zuschuss noch bis zum 3. Juli. Um den Antrag stellen zu können, darf man nicht mehr als 22.385 Euro im Jahr verdienen. Maximal zahlt der Staat 2.400 Euro im Jahr an Miet­zuschüssen für einen Haushalt. Dafür sind für dieses Jahr rund drei Millionen Euro vorgesehen.

Die Gelder stammen aus einem staatlichen Förderprogramm, das in diesem Jahr ausläuft. Rund 2,3 Milliarden Euro hatte ­Spanien für die Jahre 2013 bis 2016 als Hilfen vorgesehen. Diese beinhalten außerdem die Instandsetzung von Gebäuden, um mehr sozialen Wohnraum zu schaffen. Unterstützt werden in diesem Jahr etwa 1.600 Menschen auf den Balearen, doppelt so viele wie im Vorjahr.

Neu ist, dass das Förderprogramm Großfamilien, Menschen mit Behinderung, Terroropfer, Opfer häuslicher Gewalt und Menschen, die eine Zwangsräumung hinter sich haben, anders einstuft. Sie können auch mit etwas höherem Einkommen einen Mietzuschuss beantragen. Weitere Informationen dazu gibt es auf einer Seite der Balearen-Regierung und der Telefon-Hotline 900-78 00 00.

Zuschüsse für Mittagessen in den Schulen

Kindern aus sozial schwachen ­Verhältnissen wird ebenfalls unter die Arme gegriffen. Dazu haben die Ministerien für Sozia­les und für Bildung einen Fonds aufgelegt. Jeweils 290.000 Euro tragen beide Ministerien bei. Mit dem Geld will man dafür sorgen, dass Kinder aus sozial schwachen Familien nicht auf ihr Mittagessen in der Schulkantine verzichten müssen. Außerdem werden Aktivitäten wie Schulausflüge sowie Schreibmaterial für die Kinder finanziert. Der Fonds ist zunächst auf ein Jahr angelegt.

Lange Amtswege: Spaniens Pflegeversicherung

Wer im Alter nicht mehr allein zurechtkommt, der bekommt auch in Spanien Hilfe vom Staat. Das gilt nicht nur für pflegebedürftige ältere Menschen, sondern auch für Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung und für Kinder unter drei Jahren mit Behinderung. In Spanien sprang bisher noch oft die Familie ein, wenn es um die Pflege von Angehörigen geht. Aber auch hierzulande wandelt sich die Gesellschaft. Großfamilien werden seltener. 2007 wurde deswegen ein Gesetz verabschiedet, das die spanische Pflegeversicherung regelt. Diese ist angelehnt an das deutsche Modell, finanziert sich allerdings ausschließlich aus Steuereinnahmen.

Es gibt drei Pflegestufen, die sich jeweils in zwei Niveaus ­aufteilen, je nachdem, wie pflegebedürftig derjenige ist, für den der Antrag gestellt wird. Dabei ist Pflegestufe drei - wie auch in Deutschland - die mit der höchsten Pflegeintensität. Wer fünf Jahre oder länger in einem spanischen Arbeitsverhältnis steht oder stand, hat Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. Personen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen können mit Sach- und Geldleistungen rechnen, rund 300 Euro (Stufe I), 426 Euro (Stufe II) und 715 Euro (Stufe III).

Allerdings sind die Amtswege lang und das Geld knapp: Bislang funktioniert die spanische Pflegeversicherung allenfalls stockend. Um ein wenig Abhilfe zu schaffen, wird das Angebot an Plätzen in Altersresidenzen oder Tagespflegestätten auf den Balearen ausgebaut. Das Sozial­ministerium investiert 14 Millio­nen Euro in mehr als 800 neue Plätze.

Weitere Informationen zur spanischen Pflegeversicherung gibt es hier.

Deutsche Pflegeversicherung zahlt nur Geldleistungen

Wer auf den Balearen Leistungen aus der deutschen Pflegeversicherung beziehen will, kann nur mit Geldleistungen rechnen. Sachleistungen wie Betreuung in einer Pflegeeinrichtung oder Hilfsleistungen wie ein Rollator werden von der deutschen Pflegeversicherung nicht übernommen. Das deutsche Konsulat rät aber in jedem Fall zu einem individuellen Beratungsgespräch mit dem Versicherungsträger, da Einzel­fälle stark voneinander abweichen können.