Welchen Familiennamen trägt ein Kind, wenn die Eltern getrennt sind und sich in dieser Frage nicht einigen können? In Spanien wurde zumindest bis vor einigen Jahren dem Nachnamen des Vaters der Vorzug gebeten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat deswegen am Dienstag (26.10.) den spanischen Staat wegen Diskriminierung an einer Mallorquinerin zu Entschädigungszahlungen verurteilt.

Konkret muss Spanien laut dem Gerichtsurteil aus Straßburg einer Frau aus Palma de Mallorca 10.000 Euro zahlen, weil diese bei der Namensgebung ihrer Tochter vom Staat aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt worden sein soll.

Die Frau aus Palma hatte im November 2005 eine Tochter zur Welt gebracht und diese im Geburtenregister mit ihren beiden Nachnamen eintragen lassen. Normalerweise setzen sich die spanischen Nachnamen aus dem ersten Nachnamen der Mutter und dem ersten des Vaters zusammen - die Reihenfolge können die Eltern bestimmen. Da die Frau jedoch keinerlei Kontakt mehr zum Erzeuger ihrer Tochter hatte, seit dieser sie während der Schwangerschaft dazu gedrängt hatte, das Kind abzutreiben, ließ die Frau den Namen ihres Ex komplett weg.

Ärger gab es erstmals 2006, als der Erzeuger des Kindes plötzlich doch die Vaterschaft anerkennen ließ - und juristisch darum kämpfte, dass die Tochter auch seinen Nachnamen erhalten solle. Ein Gericht in Palma de Mallorca gab ihm Recht und bestimmte, dass das Mädchen fortan zuerst den ersten Nachnamen des Vaters und erst dann den der Mutter tragen solle.

Die Mutter legte Berufung ein, doch das Oberlandesgericht in Palma bestätigte die Entscheidung und berief sich auf einen entsprechenden Paragraphen in der damals gültigen Gesetzgebung. Demnach konnte die Reihenfolge der Nachnamen von Mutter und Vater nur dann beliebig ausgewählt werden, wenn beide Elternteile sich einig waren. Im Falle von Unstimmigkeiten wurde der Nachname des Vaters automatisch an erste Stelle gesetzt. Das Kind könne nach seinem 18. Geburtstag dann selbst entscheiden, welchen Nachnamen es als vordersten tragen wolle, so das Gesetz.

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Für die europäischen Richter hat Spanien mit dieser Regelung klar gegen Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen, in dem Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen wird. "Die damalige Gesetzgebung war offensichtlich diskriminierend und folgte einem patriarchalischen Familienmodell", so die Richter in ihrer Urteilsbegründung.

Man habe zur Kenntnis genommen, dass Spanien in den vergangenen Jahren zahlreiche Klauseln zur Gleichberechtigung von Mann und Frau in die Gesetzgebung eingeführt habe. Auf den Fall der Mallorquinerin seien sie jedoch rückwirkend nicht anwendbar. Der spanische Staat muss auch für Prozesskosten in Höhe von knapp 24.000 Euro aufkommen. /somo