Zwei Kites kreisen an der Playa de Muro am strahlend blauen Himmel. Einer zieht mal nach links weg, mal nach vorne. Der andere will nach rechts, dann wieder nach hinten. Am anderen Ende der lenkdrachenartigen Schirme stehen zwei mit den Tücken des Windes kämpfende Kitesurf-Schüler. Das Wasser steht ihnen im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals. Schon wieder scheitert der Versuch, die fliegenden Ungetüme zu bändigen. Die Kites schlagen laut auf den Wellen auf. Es ist noch kein Kitesurf-Meister vom Himmel gefallen. Nur die Schirme.

„Du machst das prima“, lobt Marc Álvarez seine Schülerin Miriam. „Noch eine halbe Stunde und du bist reif fürs Board.“

Álvarez betreibt die Wassersportschule Watersports Mallorca. Seine Spezialität ist Kitesurfen, eine noch recht junge Sportart, die erst seit zehn Jahren in Spanien betrieben wird. Fast genauso lange betreibt Álvarez auch seine Schule. Kitesurfen ist eine Mischung aus segeln und Wakeboardfahren. Auf einem snowboardähnlichen Brett wird der Sportler über das Wasser gezogen. Allerdings nicht von einem Motorboot, sondern vom Wind.

Einen Unterrichtsraum hat Álvarez nicht. Die theoretische Einweisung in die Kitesurf-Technik erteilt der 37-Jährige von Anfang Mai bis Ende Oktober unter einem Sonnensegel direkt am Strand. Auf Deutsch, Englisch, und auf Spanisch natürlich auch. Aber wirklich viel Raum nehme der Unterricht ohnehin nicht ein. Learning by doing mache bekanntlich mehr Spaß.

„Die ersten Flugübungen machen wir auf dem Trockenen mit Lenkdrachen verschiedener Größen.“ Erst dann kämen die richtigen Schirme, die, je nach Größe und Gewicht des Schülers, eine Fläche von bis zu 14 Quadratmetern haben. Mit denen gehe es dann auch ins Wasser. Zuerst allerdings ohne Brett.

„Wir trainieren bei uns mit Tube Kites. Das sind Schirme, die wie Flugdrachen eine Versteifung haben und nicht in sich zusammenfallen. Die einzelnen Verstrebungen bestehen aus Luftpolstern, so dass der Kite auch von der Wasseroberfläche aus schnell wieder zum Fliegen gebracht werden kann.“ Die Schüler haben eine Art Trapezgurt um die Hüfte geschnallt, an dem der Schirm eingehängt und per Schnellverschluss bei Gefahr auch wieder abgeworfen werden kann. Der üblicherweise an 20 bis 25 Meter langen Leinen befestigte Kite kann über ein sogenanntes Control Bar, eine Art Bügel, mit Zügel gesteuert und wie mit einem Gaspedal in seiner Geschwindigkeit beeinflusst werden.

Bereits nach etwa sechs Stunden, verspricht Álvarez, seien seine Schüler in der Lage, alleine mit dem Bord die ersten Manöver zu fahren. Nach 10 bis 20 Übungsstunden hätten die meisten Anfänger ihre Ausrüstung so gut im Griff, dass sie flügge seien und ohne Lehrer über das Wasser flitzen könnten.

„Das sind natürlich nur die basics.“ Wer von den spektakulären Sprüngen träume, die gerne mit doppelseitigen Fotos in den Kite-Magazinen abgedruckt werden, müsse noch verdammt viel üben.

Kitesurfen ist kein wirklich billiges Hobby. Der sechsstündige Basiskurs kostet bei Watersports Mallorca 200 Euro, der zwölfstündige Beginner-Kurs 360 Euro. Eine eigene Ausrüstung schlägt neu mit um die 1.200 Euro zu Buche. So eine Grundausrüstung schwebt auch Miriam vor. Und vermutlich wird sie auch noch in einen Neoprenanzug investieren. Denn sonst hält der Spaß am Tegernsee nicht lange an.

Infos

Watersports Mallorca befindet sich an der Playa de Muro.

Aus Port d‘Alcúdia kommend, bei der ersten Linksabbiegerspur nach dem Albufera-Park in Richtung Hotel Albufera Playa einordnen.

Am Strand etwa 500 Meter nach rechts gehen (www.watersportmallorca.com).