Die meisten kennen Daniel Aminati wohl als Moderator des ProSieben-Formats „taff“. Seit 16 Jahren hat er immer einen witzigen Spruch auf Lager. Anderen ist er durch sein Programm „Mach dich krass!“ als Fitnessguru bekannt. Seine Mitmenschen zu unterhalten, Lebensfreude zu versprühen und Erfolgsimpulse zu teilen, ist sein Ding. Doch der Strahlemann mit ghanaischem Vater und deutscher Mutter hatte eine chaotische und prägende Kindheit, von der bisher kaum jemand etwas wusste. Die ersten Lebensjahre des Moderators, der zuletzt auf Mallorca lebte, waren geprägt von Gewalt und Zurückweisung. Mit zehn Jahren kam er von einem Erziehungsheim ins nächste. In seiner am 11. April erschienenen Autobiografie „Am Abgrund wachsen dir Flügel – du scheiterst erst, wenn du aufgibst“ schreibt er über diese und andere dunkle Momente.

Sie haben Ihr Buch auf Mallorca beendet. Wie kam es dazu?

Ein Freund von mir hat hier eine Finca. Im Februar 2020 habe ich ihn dort besucht. Ich weiß noch, dass ich in München über Schnee bedeckte Felder losgeflogen und dann in der Sonne angekommen bin. Daraufhin dachte ich mir, dass es ein Traum wäre, auf Mallorca zu wohnen. In Potsdam lief dann unser Vertrag aus, also dachten wir „Warum nicht jetzt?“. Wir haben die Finca meines Freundes dann erst einmal für sechs Monate gemietet.

Fühlen Sie und Ihre Partnerin Patrice sich wohl im kleinen Ses Salines?

Wir fühlen uns sogar pudelwohl, allerdings erwarten wir im August Nachwuchs und werden deshalb erst einmal wieder nach Deutschland zurückkehren. Da es unser erstes Kind ist, wollen wir unsere Familie und Freunde lieber in der Nähe haben. Sobald dann wieder eine gewisse Stabilität eingekehrt ist, würden wir gerne zurück auf die Insel kommen.

Mallorca kommt auch im Buch vor.

In Kapitel zwei verbringe ich zusammen mit meinen Schwestern und meiner Mutter einige Tage Urlaub auf der Insel. Vor 2018 war ich mit meiner Mutter noch nie gemeinsam für eine Zeit in der Sonne. Was für die meisten Familien normal ist, gab es bei uns nicht, weil wir aus ärmlichsten Verhältnissen kamen.

Ein Familienfoto mit Daniels Eltern und Schwestern. PRIVATARCHIV DANIEL AMINATI

Was beabsichtigen Sie mit Ihrem Buch?

Es ist ein Friedenschließen mit dem, was war, ein Loslassen und durch die Transparenz, die ich offenbare, auch ein Zu-sich-Stehen. Das ist meine Geschichte und die hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Ich habe mich lange gefragt: „Wo gehöre ich eigentlich hin, wer bin ich, wer möchte ich sein, wie funktioniert ein zufriedenes Leben?“ Ich möchte anhand meiner Geschichte zeigen, dass es immer möglich ist, neue Wege zu gehen. Rechtes Wissen kommt immer zur rechten Zeit. Ich sage gerne auch immer wieder „Nichts ist ohne sein Gegenteil“. Ich kann die Rolle des Entertainers, etwa bei „taff“ mit so viel Freude und Spaß füllen, weil meine Vergangenheit alles andere als spaßig war. Aber die Vergangenheit muss nicht deine Zukunft bestimmen.

Eine zentrale Rolle in der Geschichte spielt auch ein Ordner mit den Scheidungspapieren Ihrer Eltern. Wie kamen Sie da ran?

Ich hatte meiner Mutter erzählt, dass ich ein Buch darüber schreiben möchte, wer ich wirklich bin, ganz ohne Maske. Dazu musste ich auch weit zurück in unsere Vergangenheit gehen. Meine Mutter meinte dann, dass der Anwalt, der damals die Scheidung begleitet hat, die Akten wohl noch hat. Also habe ich ihn kontaktiert. Obwohl der Prozess schon über 40 Jahre lang zurückliegt, hatte er sie nicht vernichtet und hat sie mir zukommen lassen. Darin war genau dokumentiert, wie der Prozess verlaufen ist, und auch, wer welche Beschuldigungen hervorgebracht hat. Das war für mich unfassbares Material.

Inwieweit spielte Rassismus in Ihrer Kindheit eine Rolle?

Nur teilweise. Das Thema Hautfarbe war in meinem Leben nicht das bestimmende. Meine Geschichte ist keine Geschichte des Rassismus, sondern des Überlebens.

Für Sie war das Buch eine Therapie. Was wollen Sie dem Leser mit auf den Weg geben?

Das Buch soll ein Mutmacher sein. Es ist so entscheidend, dass man nicht in die Opferrolle verfällt, sondern sich stets als Schöpfer seines eigenen Lebens sieht. Es gibt in jedem Moment die Möglichkeit, das Ruder herumzureißen. Das habe auch ich irgendwann begriffen. Heute freue ich mich, dass ich trotz des Chaos, aus dem ich komme, einen erfüllten Menschen aus mir gemacht habe. Und mit Erfüllung meine ich, dass ich mich selbst annehme, und meinen Fokus nicht nur auf materielle oder Äußerlichkeiten lege. Tatsächliche tiefe Zufriedenheit kommt immer von innen.

Ihr Vater ist mittlerweile verstorben. Wie hat Ihre Mutter auf das Projekt reagiert?

Für sie war es ähnlich wie für mich. Wenn du in die Vergangenheit gehst, die sehr schmerzhaft war, ist es eine Auseinandersetzung, die auch wieder mit Schmerz behaftet ist. Sie konnte mich aber gut verstehen und hat mich sehr unterstützt.

Hat sie das Buch schon gelesen?

Klar. Zumindest die ersten Kapitel, in denen es vorwiegend um sie geht. Ich muss ja auch Persönlichkeitsrechte wahren und kann nicht alles schreiben, was ich will. Sie findet das Buch gut, denn es beschreibt eben unser Leben. Ich habe mich meiner Geschichte gestellt. Wir alle haben unsere Päckchen zu tragen, aber die meisten verdrängen sie, wollen nicht erinnert werden, lenken sich lieber ab und geben sich der Trivialität hin – die grundsätzlich nicht schlecht ist, aber die Dosis macht das Gift. Jede Sekunde unseres Lebens haben wir in unseren Poren gespeichert. Du kannst sie ignorieren, aber deine Glaubenssätze und Muster bleiben. Je eher du sie dir bewusst machst, desto eher kannst du neue Kapitel schreiben, die wahrhaft sind.

Konnten Sie Ihrer Mutter verzeihen?

Ich weiß ja, durch welche Höllen sie selber gegangen ist. In meinen Augen ist sie eine Heldin, die stets gekämpft hat, in Zeiten die nicht vergleichbar mit heute sind. Ich frage mich oft, was wohl gewesen wäre, wenn sie einen Mann gefunden hätte, der sie erkannt und geachtet hätte. Sie war leider ein ungeliebtes Kind auf der Suche nach Liebe. Ich bin sehr dankbar, dass sie nicht aufgegeben hat. Ihr habe ich mein Buch gewidmet.

Die Geschichte von Daniel Aminati

„Am Abgrund wachsen dir Flügel. Du scheiterst erst, wenn du aufgibst – Die Autobiografie“, Ariston, 304 Seiten, 20 Euro.