Mallorca Zeitung

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Kult-Imbiss auf Mallorca vor dem Aus: Hat "Alaska" noch eine Zukunft?

Weil Palmas Plaça del Mercat umgebaut wird, ist die Zukunft des auch bei Touristen beliebten Kultlokals fraglich. Die Mallorquiner nehmen das nicht hin und haben eine Protestaktion gestartet

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Bei Einheimischen und Mallorca-Urlaubern beliebt: Palmas Kult-Imbiss Alaska droht das Aus Nele Bendgens

Was dem Berliner Konopkes Imbiss, ist dem Palmesaner das Alaska. Weil die Zukunft der kultigen Imbissbude durch den geplanten Umbau der angrenzenden Plaça del Mercat nun wieder einmal auf der Kippe steht, hat eine Unterschriftenaktion auf der Plattform change.org bereits fast 2.500 Unterzeichner gefunden, die sich für den Erhalt der legendären Frittenbude aussprechen. 5000 sollen es mindestens werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass um das Fortbestehen des Alaska gerungen wird. Der Imbiss besteht seit 1936 und sah in all den bewegten Inseljahren seine Existenz mehr als einmal bedroht. Seit 2007 läuft der Laden offiziell ohne Lizenz, bereits 2014 sorgte eine drohende Schließung auf Twitter für einen Aufschrei unter Mallorquinern. Der offene Zehn- Quadratmeter-Stahlbau mit den gelben Markisen und der Jahrmarkt-Optik hat, umringt von schicken Cafés, Modeboutiquen und hochpreisigen Bars, seine Daseinsberechtigung immer behalten und ist nicht nur unter Einheimischen bekannt.

Auch Touristen halten hier oft an

„Ich kam, sah und hatte Hunger“, antwortet ein Tourist aus Hamburg auf die Frage, warum er gerade hier gelandet ist anstatt in eines der zahlreichen Restaurants in Laufnähe einzukehren. „Ich dachte mir: Wenn hier so viele Spanier sitzen, kann es nicht schlecht sein.“ Auch ein junges deutsches Paar sticht aus der Masse heraus und findet, die Lokale müssen nicht immer reif für Instagram sein.

Die Gäste reichen von mallorquinischen Bauarbeitern, die zum Mittag auf Burger und Bier einkehren über schwedische Touristen, die sich mit Boutique-Tüten in der Hand vom Bratenduft angezogen fühlen hin zu Deutschen, die das hamburguesa con queso mit Akzent, aber ohne Verständigungsprobleme über die Lippen bekommen oder einem Österreicher, der dann doch gleich den „Aschenbecher“ auf Deutsch ordert.

Kellner Paco, mittlerweile 70, versteht auch das und hat den Laden im Griff. Obwohl hier alles wie im Taubenschlag zugeht, schreiben weder er noch sein Kollege Simone Zettel, der Zuruf folgt direkt in die Küche. Und obwohl die Gäste von allen vier Seiten an den Tresen strömen, wird keine Bestellung vergessen. Gerade um die Mittagszeit kann es zehn Minuten dauern, dafür kommen die Pommes frites heiß und duftend, das Burgerbrötchen fluffig, und der Käse zerläuft noch auf dem scharf angebratenen Schweinefleisch.

Eingespieltes System seit Jahrzehnten

Da es keine Bestellnummern gibt, wird dem Kunden einfach mal der Ausdruck zugerufen, der ihn am treffendsten beschreibt, wenn er seine Bestellung abholen kann. „Jungvolk!“, ruft er den vier Jugendlichen zu, die ein Tablett voller Burger und Pommes frites abholen, die sich auf den kleinen Porzellantellern türmen. Das System funktioniert. Schnörkellos, aber authentisch. Neben Burgern und Hotdogs gibt es auch die klassischen belegten Baguettes, als pepitos oder bocadillos. Fragt man Kellner Paco nach den offiziellen Öffnungszeiten, antwortet er, ohne dabei eine Miene zu verziehen: „Solange du möchtest.“ Offiziell wolle man gegen 22.30 Uhr schließen, nicht selten war die Imbissbude früher jedoch nach Mitternacht für Feiervolk die einzige Anlaufstelle für das dringend benötigte Fast Food nach einer durchzechten Nacht.

Den Italiener Simone Claudio Giagoni überrascht das Interesse an seinem Arbeitsplatz nicht mehr. Seit er 18 ist, arbeitet der 35-Jährige hier, seine meist mallorquinischen Stammkunden hätten ihn quasi aufwachsen sehen. Immer wieder kommen Journalisten vorbei oder private Fotografen schätzen die recht ungewöhnliche Optik des Häuschens, zu dessen Gästen auch schon die spanische Altkönigin Sofía oder Ex-Fußballnationalspieler Bastian Schweinsteiger zählten. Verschwinde das Alaska, verschwindet auch ein Stück des Charakters der Plaça, so sind sich die Mallorquiner hinterm Tresen einig.

Pläne der Stadtverwaltung bleiben unkonkret

Stärker als zuvor steht bei den Presse-Besuchen nun im Fokus, ob das Alaska abgerissen wird und einem Neubau weichen muss. Palmas Stadtrat spricht von einer „radikalen Umgestaltung“ des Platzes, konkrete Pläne kennen die Betreiber des Alaska selbst nicht. Fest steht, dass an der dahinterliegenden Fußgängerzone nichts geändert werden soll. Die Durchfahrt zu den Ramblas ist bereits verkehrsberuhigt und als ACIRE-Zone nur noch für Anwohner, Busse und Taxis erlaubt. Gleich neben dem Imbiss reihen sich bereits Leihfahrräder in poppigem Türkis als Zeichen der neuen Moderne des Platzes aneinander.

„Ich denke, man könnte es als kleinen Chiringuito woanders wieder aufbauen“, sagt Giagoni. „Wenn sich der Platz ändert, wird die Bar irgendwann ganz verschwinden. Mit all den neuen Gesetzen, die dann übernommen werden müssten, wäre es einfach nicht mehr dasselbe. Und vielleicht würde sich dann auch gar nicht so leicht ein neuer Betreiber finden.“

Mit Bildern gegen die Schließung protestiert auch der spanische Fotograf Toni Verd, der damit begonnen hat, die Menschen zu porträtieren, die den fast 90 Jahre alten Kiosk zu dem machen, was er ist (auf Instagram: toniverd_akimboestudi). Der Palmesaner unterstreicht die emotionale Komponente. Man sollte die Ursprünglichkeit der Stadt erhalten und nicht noch ein Gebäude nur auf den Tourismus ausgelegt umbauen: „Davon haben wir doch alle genug.“

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