Er hat den Flair einer Fernreise, der Weg von Palma ans Cap de Formentor. Wer sich entscheidet, von der Balearen-Hauptstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum nördlichsten Punkt Mallorcas – dem „Treffpunkt der Winde“ – zu fahren, nimmt zwei Stunden Busfahrt auf sich und entdeckt dabei die ungeahnten Weiten und Höhen der Insel.

An diesem Donnerstagvormittag ist der TIB-Bus der Linie 302 in Richtung Alcúdia, des ersten Stopps der Reise, bereits gut gefüllt, um nicht zu sagen, bis auf den letzten Platz. Einige Fahrgäste müssen die knapp einstündige Fahrt sogar im Stehen bewältigen – an den Haltestellen unterwegs steigen mehr Leute ein als aus.

Ein anderes Bild dann beim Umstieg in Alcúdia in die Linie 334. Hier bleiben überraschend viele Plätze frei. Eine weitere Stunde geht es nun bis zum Kap. Es ist die wohl beeindruckendste Busreise, die die Insel zu bieten hat – Nervenkitzel inklusive.

Der Weg nach Formentor

Die Route führt entlang des Hafens von Pollença hinauf in Richtung der kilometerlangen Landzunge. Riesige Gesteinsmassive schießen aus dem dunkelblauen Meer in die Höhe. Der Bus schlängelt sich entlang steiler Abhänge in Richtung Norden. Nicht überall ist die Strecke gesichert, teilweise blickt man aus dem Busfenster in tiefe Abgründe. Doch die Ruhe selbst sitzt hinter dem Steuer. Der Busfahrer hievt sein tonnenschweres Gefährt beeindruckend elegant um die Kurven.

An der Playa de Formentor, dem Strand von Formentor, wartet ein Bus der Linie 333, ebenfalls gut gefüllt. In Kolonne geht es nun bis zum Kap. Für Autofahrer ist an dieser Stelle Schluss – bis zum 15. September und zwischen 10 und 22.30 Uhr dürfen sie nur bis hierhin fahren, und das auch nur ohne Strafzettel wenn sie im Nachhinein ein bezahltes Parkticket an die E-Mail-Adresse formentor@dgt.es einschicken. Von Ausnahmeregelungen abgesehen gelangt man neben dem Bus sonst nur per Fahrrad zum nördlichsten Punkt der Insel. Bei drückender Hitze wagen diese Belastungsprobe auf dem Rad aber nur wenige Urlauber.

So sind auf dem Weg zum Kap vor allem Ziegen zu sehen, die entweder gemütlich neben der Fahrbahn spazieren oder unter den dichten Nadelbäumen ein wenig Schatten suchen. Die Straße wird immer enger. Plötzlich kommt eine weitere TIB-Kolonne von oben entgegen. Zentimeterarbeit im Tunnel, doch auch hier beweisen die Fahrer Augenmaß.

Angekommen beim weißen Leuchtturm

Nach knapp einer Stunde erklimmt der Bus die letzte Auffahrt zum weißen Leuchtturm am Ende der Landzunge, den „Far de Formentor“. Es ist eines der bekanntesten Fotomotive der Insel. Steile Küstenwände gibt es auf Mallorca zwar so einige, an dieser Stelle aber sind es womöglich die beeindruckendsten. Das Meer erscheint auf dieser Höhe bloß noch als eine stille, tiefblaue Masse. Beim Blick nach Süden lassen sich die Umrisse der Tramuntana-Gipfel erkennen. Nach Norden hin – vollkommene Freiheit.

Manche wagen ein paar Schritte um den Hügel, andere machen es sich im Außenbereich des kleinen Bistros gemütlich. Ein paar junge Spanier kochen im Inneren des Leuchtturms Kaffee und servieren Kuchen. Alles ist sehr rustikal eingerichtet, die Bewirtung am Cap de Formentor hat das Flair einer Berghütte.

Zurück nach Palma

Bereits nach knapp einer halben Stunde kommt die nächste Buskolonne an. Bei dieser Taktung bleibt es nahezu den kompletten Tag über. Wer bereits ausreichend Höhenluft eingeatmet und fotografiert hat, macht sich wieder auf den Weg nach unten. Abkühlung findet sich bei einem Zwischenstopp an der von Schatten spendenden Kiefern umringten Playa de Formentor, die mit zu den schönsten Badebuchten von Mallorca zählt.

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Die Platzverhältnisse in den Bussen gleichen jenen der Anreise. Bis Alcúdia gibt es wegen der engen Taktung ausreichend Sitzplätze, doch ab dort sind die Busse in Richtung der Hauptstadt Palma wieder stark ausgelastet. Und dennoch: Am Ende eines solchen Tages bleibt neben vier Stunden Busfahrt in den Knochen vor allem ein Gefühl von Erhabenheit zurück, welches man am nördlichsten Punkt der Insel wohl intensiver denn anderswo auf Mallorca spüren kann.

Die einfache Fahrt kostet 5,40 Euro (bei Zahlung mit Bankkarte im Bus, Rabatte für bis zu vier Mitreisende bei Zahlung mit gleicher Karte). Infos zum Fahrplan: tib.org/de. Informationen zu Zufahrtsbeschränkungen: formentor.conselldemallorca.cat