„Eincremen, eincremen, eincremen!", sagen nicht nur Mütter zu ihren am Strand auf Mallorca spielenden Kindern immer wieder. Auch Dermatologen empfehlen jedem Erwachsenen, sich mit Sonnencreme oder -öl ausreichend gegen die gefährlichen UV-Strahlen zu schützen. Wer will schon an Hautkrebs erkranken? Daran, dass Sonnencreme in der Hochsaison in rauen Mengen ins Meer gelangt und dort den Tieren und Pflanzen schaden kann, denkt dabei erst einmal niemand.

Schon vor Jahren hat unter anderem das an die Balearen-Universität (UIB) angeschlossene Meeresforschungsinstitut Imedea dazu geforscht. „Wir konnten dabei beispielsweise messen, dass an einem durchschnittlichen Strandtag im Sommer, etwa in Peguera, bis zu vier Kilogramm Titandioxid ins Meer gelangen", sagt David Sánchez-Quiles, Initiator der Studie. Auch wenn der Stoff sich verteilt, kann er dazu führen, dass Miesmuscheln äußerlich verformt werden, schadet aber auch Algen und dem Seegras. Und er ist längst nicht der einzige, der Meerestiere angreift und so das ökologische Gleichgewicht zerstört.

Weniger ist mehr

Wer im Urlaub mal oder als Resident auf Mallorca regelmäßig guten Gewissens baden gehen will, sollte den Zeitpunkt bewusst wählen. „Wer sich der prallen Mittagssonne zwischen 12 und 16 Uhr aussetzt, braucht mehr Creme als jemand, der das Strandbad davor oder danach nimmt", so Antoni Sureda, Biochemie-Professor an der UIB.

Wer sich, etwa der Arbeit wegen, im genannten Zeitraum draußen und in Wassernähe aufhalten muss, sollte immer eine Kopfbedeckung sowie ein T-Shirt tragen. „Damit schützt die Person nicht nur sich selbst, sondern auch das Meer, denn sie muss nicht am ganzen Körper Creme auftragen", sagt Sureda.

Vor allem bei Kindern empfiehlt es sich, ihnen zusätzlich zur Badekleidung, Kleidungsstücke aus dünnem Stoff überzuziehen, auch wenn da etwas UVA-Strahlung durchgehen kann. „Die Haut von Kindern ist dünner und wie die von älteren Menschen viel empfind­licher", sagt Sureda. „Leider fühlen sich die meisten Menschen darin im Sommer eher ­unwohl.

Aufschrift beachten

Beim Auftragen von Sonnencreme sollte man stets die jeweiligen Anwendungsanweisungen beachten und die angegebene Zeit, bevor man ins Wasser geht, genau einhalten, damit die Lotion einzieht. „Ansonsten gelangen noch mehr Giftstoffe direkt ins Meer", fügt Sureda hinzu. Laut Sánchez-Quiles sind leider nicht alle Cremes, die es versprechen, auch tatsächlich wasserfest.

Auch vor zu häufigem Nachcremen warnt der Biochemiker. „Anstatt sich zehnmal einzucremen, kann man denselben Effekt auch mit dreimal erreichen. Das sind sieben Male, in ­denen keine Giftstoffe ins Wasser gelangen", sagt Sureda. Der Wissenschaftler würde sich wünschen, dass diese Vorschläge in Prospekten ­gesammelt und diese dann in den Hotels ausgelegt werden.

Statt Sprays rät Sánchez-Quiles generell zur klassischen Creme. So vermeiden Sonnen­bader beim Gebrauch im Gesicht die Inhala­tion der Stoffe. „Da die meisten Öle chemische Filter, wie etwa Oxybenzon, enthalten, sind auch sie eher nicht zu empfehlen", so Sánchez-­Quiles.

Hawaii als Vorreiter?

Neben Oxybenzon ist auf der Inselgruppe Hawaii mittlerweile auch der Stoff Octinoxat verboten, da beide unter anderem Korallenriffe massiv schädigen. Auf europäischer Ebene ist die Menge an schädlichen Inhaltsstoffen zumindest genau reguliert, sagt Sánchez-Quiles. Generell könne man bei denen in Sonnencremes zwischen chemischen und physikalischen UV-Filtern unterscheiden. Chemische Filter wandeln die UV-Strahlen auf der Haut in Wärme um, während physikalische das Sonnenlicht dort reflektieren. Zu den physikalischen gehören etwa Titandioxid (dióxido de titanio) und Zinkoxid (óxido de zinc). Sánchez-Quiles empfiehlt Mittel, mit der Aufschrift dieser Inhaltsstoffe oder dem Satz „ohne chemischen Filter" (sin filtros químicos) zu kaufen. „Nicht immer findet man sie in den klassischen Läden oder Apotheken, im Internet aber schon", so der Meereschemiker. Er etwa kauft für seine Familie auf der Website www.ecocambiocosmetica.com die nur aus pflanzlichen und mineralischen Filtern bestehende und biologisch abbaubare Creme Soleá SPF30 (Preis: 32 Euro).

(Nicht) zu empfehlen

Die spanische Verbraucherschutzorganisa­tion OCU hat kürzlich 17 Sonnensprays für Kinder mit hohem Lichtschutzfaktor getestet. Sie kam zu dem Ergebnis, dass zwei Produkte einen weitaus geringeren Faktor enthalten als sie angeben: Isdin Fotoprotector Pediatrics Transparent Spray SPF 50+ nämlich nur Sonnenschutzfaktor 15 und das Babaria Infantil Spray Protector SPF 50+ nur Faktor 30. Die OCU forderte daraufhin, dass beide Produkte aus dem Handel genommen werden. Gut abgeschnitten haben die Garnier Delial Sensitive ­Ad­vanced Bruma Antiarena sowie das Cien Sun Spray Solar im Sprühpistolen-Format für ­Kinder von Lidl.

Das empfiehlt Greenpeace für den Strandbesuch

Da Plastik auch in flüssiger Form, zum Beispiel in Make-up, eingesetzt wird, lohnt es sich, Kosmetika auf Inhaltsstoffe zu checken und Produkte mit Mikroplastik (dieses verbirgt sich zum Beispiel hinter Polyethylen [PE], Polypropylen [PP] oder Nylon) zu vermeiden. Was die Sonnencremes betrifft, sind solche ohne Acrylates Crosspolymer oder Acrylates Copolymer empfehlenswert. Anstatt Plastiktüten fürs Strandpicknick sollten Badegäste ausreichend Stoffbeutel- oder Taschen einpacken. Die Stoffalternativen wehen am Strand auch nicht so schnell davon. Raucher sollten statt Einweg-Feuerzeugen auffüllbare Helfer verwenden. Bei den Flipflops bitte auf abbaubares Material, zum Beispiel aus Naturlatex, zurückgreifen. Zudem sollten Familien auf kleinteilige Plastikspielsachen verzichten, die im Sand schnell verloren gehen können. Auch wenn das Sitzen im Sand verlockend ist: Hungrige Strandbesucher sollten Pommes oder den Burger besser direkt im Chiringuito mit Teller und Besteck essen als mit viel Verpackungsmüll auf ihrem Handtuch.