Die öffentliche Debatte um vermeintliche Vordrängler bei der Impfkampagne gegen Covid-19 auf Mallorca hält an, die Kritik an den wichtigsten öffentlichen Institutionen auf der Insel wird stärker. Die MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" wirft den Verantwortlichen des Inselrats von Mallorca und der balearischen Landesregierung vor, "verheimlicht" zu haben, dass mehrere Amtsträger bereits zum Beginn der Impfkampagne Dosen verabreicht bekommen haben, obwohl eigentlich vereinbart war, dass zunächst Bewohner und Mitarbeiter von Seniorenresidenzen an der Reihe sein sollen.

Konkret handele es sich um je sechs Mitglieder der sozialistischen Partei PSOE, die im Inselrat und der Landesregierung wichtige Posten innehaben, und schon am 27. Dezember - dem ersten Impftag - an der Reihe gewesen sind, darunter die Direktorin für Senioren im Inselrat, Sofía Alonso, und der Leiter der Impfkampagne in der Landesregierung, Carlos Villafáfila. Die Politiker hätten in keiner Pressemitteilung darüber informiert, dass diese Impfungen vorgenommen worden waren, so das "Diario de Mallorca" weiter.

Auch Verantwortliche der linksgrünen Partei Més, die mit den Sozialisten im Inselrat eine Koalition bilden, prangerten in einer Regierungssitzung am Mittwoch (3.2.) die Vorkommnisse an und forderten den Rücktritt von Sofía Alonso. Der Més-Abgeordneter Josep Ferrà erzürnte sich vor spanischen Inselmedien zudem darüber, dass man ihm und seinen Parteikollegen versichert habe, dass bisher keine Politiker geimpft worden seien. Er habe nur aus der Presse davon erfahren.

Die Verantwortlichen in Inselrat und Landesregierung streiten den Vorwurf des Vordrängelns ab. Vielmehr seien beim Impfstart am 27. Dezember mehrere Impfdosen übrig geblieben, weil wegen der Feiertage nicht alle Bewohner und Mitarbeiter des Seniorenwohnheims an Palmas Carrer Oms wie geplant vor Ort waren. Um zu verhindern, dass der wertvolle Stoff verkomme oder ungebraucht weggeworfen werden müsse, habe man einigen der beim Auftakt Anwesenden die Dosen verabreicht.

Derweil reist auch die öffentliche Debatte um Mallorcas Bischof Sebastià Taltavull nicht ab. Der 73-Jährige hatte am 5. Januar in einem Wohnheim für Geistliche im Ruhestand seine Impfung erhalten, ohne selbst seinen Hauptwohnsitz in der Einrichtung zu haben, und war dafür mehrfach kritisiert worden. Das "Diario de Mallorca" kritisiert nun eine angebliche Küngelei zwischen Kirche und Mallorcas Inselrat, da die Wohnanlage offiziell nicht als Seniorenresidenz eingetragen ist, seit Ausbruch der Pandemie aber vom Inselrat einen Sonderstatus zugeschrieben bekommen hat. Dieser ermöglicht, dass den betagten Bewohnern die gleichen Hygiene- und Schutzauflagen zukommen wie den Bewohnern anderer Seniorenresidenzen. /somo