Die ersten beiden Sitzreihen, reserviert für offizielle Insel-VIPs, blieben nahezu leer. Dennoch konnte der Kulturmanager Hubert Georg Feil am Montag eine beeindruckende Riege von Unterstützern für ein Projekt präsentieren, das er nach eigenem Bekunden vor zwei Jahren ausgebrütet hat und nun mit prominentem Rückhalt lancierte: Die Balearen sollen im Jahr 2016 Europäische Kulturhauptstadt werden.

Tatsächlich wirft sich für diese auf den ersten Blick kühne Idee Weltprominenz in die Bresche: Musicalkomponist Sir Andrew Lloyd Webber, der in Deià einen Wohnsitz unterhält, war sowohl in einem Video als auch live präsent. In einer kurzen Ansprache erzählte er, wie er aus Südfrankreich „flüchtete" und nun an der Nordküste Mallorca sein Paradies fand. Er gestand, über die Kultur der Insel „absolut nichts gewussst zu haben", weshalb er nun, wo er Mallorca über die landschaftliche Schönheit hinaus entdeckt habe, „absolut verblüfft und verliebt" sei.

Álvaro Middelmann, Noch-Präsident des Fomento de Turismo und Air-Berlin-Chef für Spanien und Portugal, auch er ein Befürworter, war hingerissen und bot Webber sofort an, als Sonderbotschafter für „Illes Balears 2016" loszuziehen.

Der Schauspieler Simon Andreu saß zwar ganz hinten im Saal, bekundete dann aber ganz vorne am Rednerpult seine Unterstützung. Anwesend waren auch andere Kulturgrößen. Aus der Politik aber zeigte neben der Tourismusverantwortlichen des Inselrates lediglich die PP mit dem Spitzenduo Fiol-Bauzá Flagge.

Wozu eine Kulturhauptstadt?

Jährlich ruft die EU zwei Kulturhauptstädte aus, eine aus den neuen, eine aus den alten Mitgliedsländern. Es bewerben sich Städte, manchmal auch Regionen zuvor bestimmter Länder. Wenn alles klappt, wird eine Dynamik in Gang gesetzt, die in gewisser Weise mit der von Olympischen Spielen vergleichbar ist: neue Infrastruktur, Image­gewinn und verstärkter Besucherstrom. Als leuchtendes Beispiel wurde am Montag Liverpool 2008 präsentiert: Neil Peterson, der die Kulturinitiative geleitet hatte, berichtete über Mehreinnahmen von rund 900 Millionen Euro im Kulturhauptstadt-Jahr.

Wie läuft die Bewerbung ab?

Im Jahr 2016 sind Spanien und Polen an der Reihe. In Spanien bewerben sich neben den Balearen – sofern die Kandidatur Fahrt aufnimmt – ein Dutzend Städte, darunter Málaga, Pamplona, Segovia, San Sebastián, Santander und Zaragoza. Die Bewerbung ist bis Juli 2010 einzureichen, Ende 2010 stehen nach einer ersten Auslese vier oder fünf Finalisten fest, die Chancen auf eine endgültige Nominierung haben. Diese wird ungefähr im September 2011 erfolgen.

Haben die Balearen überhaupt eine Chance?

Diese Frage beantworten neben Hubert Feil mehrere hochrangige und kompetente Persönlichkeiten mit einem klaren Ja. Álvaro Middelmann sieht in der Bewerbung eine historische Gelegenheit, den kulturellen Reichtum der als Teutonengrill etikettierten Inseln ein für allemal ins Bewusstsein der europäischen Öffentlichkeit zu hieven. Feil meinte, der bloße Umstand der balearischen Bewerbung würde Erstaunen auslösen und dazu führen, dass Journalisten, Politiker, Touristikunternehmer und am Ende die breite Öffentlichkeit auf den enormen kulturellen Reichtum der Inseln aufmerksam würden.

Wer betreibt, organisiert und bezahlt die Bewerbung?

Feil besteht darauf, dass die Bewerbung eine von privaten Sponsoren finanzierte Initiative bleibt und sich von der Politik so fern wie möglich hält. Mitte Oktober will der Deutsche in Palma ein Büro mit festen Mitarbeitern eröffnen und eine Website aktivieren. Die momentan an seiner Person festgemachte Initiative soll später von einer Stiftung weiterbetrieben werden. Mit dem Fomento de Turismo und dem Institut d´Estudis Balèarics hat Feil bereits zwei wichtige Institutionen an Bord.

Wer ist Hubert Georg Feil?

Feils Berufsbezeichnung lautet Kulturmanager. Der 1958 geborene Deutsche war zunächst unter anderem als Musikproduzent tätig, gründete dann eine Agentur mit Schwerpunkt Sponsoringberatung und war von 2001 bis 2003 Präsident des Deutschen Fachverbandes für Sponsoring und Sonderwerbeformen (FASPO). Heute ist er Teilhaber der in Palma ansässigen Firma „Culturebrand", die Kultur- und Sponsoringberatung anbietet. Daneben ist Feil an einem Musikverlag beteiligt. 2007 beriet er die Kunstmesse Art Cologne in Palma de Mallorca. Erfahrung mit den Dynamiken einer Kulturhauptstadt sammelte er unter anderem 2003 in Graz und bei der Sondierung einer möglichen Kandidatur von Innsbruck, die später verworfen wurde. Hubert Georg Feil lebt auf Mallorca.

In der Printausgabe lesen Sie außerdem

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