Die Idee kam Alix François Meier 2006, als er von Dreharbeiten auf Madagaskar zurückkehrte und ein paar Tage in Valldemossa verbrachte. Plötzlich fand er es absurd, interessante Themen immer nur in der Ferne zu wähnen.

Der Gedanke war die Keimzelle eines Projekts, das nun als fertiger Film vorliegt und am Donnerstag (9.12.) um 19 Uhr (deutsche Fassung) erstmals öffentlich zu sehen ist: Die Mallorca Zeitung lädt in Palma zur Premiere des Films „Valldemossa – die schönste Idylle der Welt".

Das Tramuntana-Dorf, in dem Meier seit 1999 eine Wohnung gemietet hat, ersäuft nicht in seiner viel besungenen Schönheit, sondern liefert reichlich Stoff zum Erzählen, fand Meier. Also folgte der Deutschfranzose, der unter anderem für den TV-Sender ARTE arbeitet, einigen ausgewählten Bewohnern mit der Kamera – und ließ sie erzählen.

Hinter dem idyllischen Titel dieses 52 Minuten langen Streifens, für den Meier auf Mallorca einen Produzenten fand, verbergen sich etliche Anekdoten und so manche Tragödie. Eher traurige Umstände waren es auch, die den Filmemacher dazu bewegten, zunächst mal ohne großes Konzept die Arbeit aufzunehmen: Seiner Nachbarin Ruth Ells, eine ebenso exzentrische wie betagte US-amerikanische Künstlerin, schwanden allmählich die Kräfte. Zwar fuhr sie noch immer nach Palma, um in Tai-Chi- und Zen-Klassen zu beweisen, dass sie noch fit war, „doch es ging mir sehr nahe, wie sie sich abquälte".

Meier war mit der Kamera dabei und ließ Ells erzählen, denn die im Dorf sehr beliebte Frau war so etwas wie ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten. Eine Malerin, die in jüngeren Jahren in Valldemossa hängen geblieben war, und nun im Rei-Sanxo-Palast in einer feuchten, kalten Wohnung mit vorsintflutlicher 110-Volt-Installation von einer weltweiten Friedensgruppe träumte, am Leben erhalten von einer kleinen Rente aus den USA. Aber nicht unterzukriegen. Bis sie im März 2008 im Alter von 85 Jahren starb.

So faszinierend erschien diese Figur dem Filmemacher, dass er und sein mallorquinischer Produzent Luis Ortas sogar daran dachten, eine Dokumentation nur über sie zu produzieren – eine Idee, die nur zurückgestellt ist, denn an Material mangelt es nicht. Nun ist

Ruth Ells eine von mehreren Persönlichkeiten, die mit ihren Erinnerungen und Erzählungen die „schönste Idylle der Welt" mit Leben erfüllen.

Eine andere ist Sebastià Morey, der charaktervolle Briefträger – immer gut drauf, es sei denn, man lästert über das spanische Postsystem. Ebenso steuern ihre Valldemossa-Visionen bei: die junge Cecilia Vidal, die als Verkäuferin in einer Bäckerei arbeitet, jedoch eine andere berufliche Zukunft anpeilt, und Jaume Vila, Taxifahrer und eine Zeit lang der Bürgermeister des Dorfes.

Was Meier am Ende fehlte, war die historische Dimension. Die jüngere Vergangenheit hatte er abgedeckt: Im Jahr 2000 war er mit der Kamera dabei, als Michael Douglas das Kulturzentrum Costa Nord einweihte (für Meier der Startschuss des Kulturbooms in Valldemossa) und stand mit dem Schauspieler bezüglich einer Mitwirkung am Film im Kontakt – ein Anliegen, das von der Krebserkrankung des Amerikaners

vereitelt wurde.

Der logische Ansatz bestand darin, an zwei andere Besucher zu erinnern, die in Valldemossa ihre Spuren hinterlassen haben: den polnischen Komponisten Frédéric Chopin und die französische Autorin George Sand. Meier beschloss, Szenen nachzuspielen, die Sand in ihrem Buch über jenen „Winter auf Mallorca" 1838/39 beschrieben hatte. Die Darsteller suchte er im Dorf. Und stieß auf Enthusiasmus pur: Irene Soler (George Sand) ist Ärztin, studiert jedoch Schauspielerei. „Chopin" Jaume Rosselló betreibt eine Aluminiumschlosserei, hat aber Erfahrung als Laiendarsteller. Nebenrollen besetzte Meier unter anderem mit jenen, die über das heutige Valldemossa erzählen. „Wir suggerieren, dass trotz aller Somit ist zum Beispiel der Pfarrer, der dem „modernen Pärchen" böse nachschaut, der Bürgermeister himself. George Sands Dienstmädchen ist Cecilia Vidal und der Postbote kann sein Charisma als bedrohlicher Bauer ausleben.

Bei den Dreharbeiten im vergangenen Sommer zog das Dorf alle Register, für eine Sturmszene rückte gar der Zivilschutz an. Und als kein Ross aufzutreiben war, das sich vor eine Kutsche spannen ließ, half der neue Besitzer des Landguts Son Moragues aus: Bruno Entrecanales, Bruder des Präsidenten des Mischkonzerns Acciona. Selbst in der Kartause, wo derzeit wegen eines Prozesses die Fetzen fliegen, fand Meier weit geöffnete Türen vor.

Premiere „Valldemossa – die schönste Idylle der Welt" in ­Anwesenheit des Regisseurs, Donnerstag (9.12.), 19 Uhr (auf Deutsch), 20.30 Uhr (Katalanisch), Club MZ – Diario de Mallorca, C/. Puerto Rico, 15, Polígono de Levante, Palma. Eintritt frei. Im Januar soll der Film vom Regionalsender IB3 ausgestrahlt werden und später als DVD auf den Markt kommen.

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