Wenn man fragt, was sie denn in ihrem Programm „Vom Ku´damm zum Broadway" so alles singen wird, dann zählt Adrienne Haan so ziemlich alle populären Musikrichtungen des 20. Jahrhunderts auf: deutsche Schlager der 20er Jahre, Jazz, Blues, Pop, Klezmer, Musical, Chanson, „also querbeet", resümiert die Künstlerin am Telefon.

„Aber" – und das ist ihr sehr wichtig – „ich mache mehr, als nur Lieder singen." Klar, denn die 34-jährige Deutsch-Luxemburgerin hat ihr Handwerk in den USA gelernt, an der American Academy of Dramatic Arts in Manhattan. Nur dastehen und Lieder absingen, geht überhaupt nicht. Ihre Solo-Show, betont Haan, sei voller Geschichten. Eigener, fremder, gesungener, erzählter. Mit den erzählten schlägt sie die Brücke zwischen den gesungenen, zum Beispiel zwischen einem Berliner Schlager aus der Zwischenkriegszeit und einem Blues.

Seit 2007 bastelt Adrienne Haan an ihrer Solo-Karriere. Zuvor hatte sie an großen Musical- und Theaterproduktionen mitgewirkt, hatte die Sally Bowles in „Cabaret" gegeben und die Eva Perón in „Evita". Dazu muss man auch tanzen können, und das kann sie.

Aber warum hat sie den Schritt von der großen Bühne, dem großen Ensemble zum ­Solo-Auftritt getan, wo man ganz alleine vors Publikum tritt? Zunächst mal: Ganz alleine ist sie ja nicht. Begleitet wird sie bei dieser Gelegenheit von Vincent Nam, einem vietnamesischen Pianisten, der im Hauptberuf als Arrangeur und Pianist der Bundeswehr-Big-Band tätig ist. Mit ihm hat sie ganz zu Beginn ihrer Solo-Karriere zusammengearbeitet, dann viele Jahre nicht mehr, und nun, auf Mallorca, lebt die Kooperation wieder auf – für Haan eine sichere Bank.

Sie hat auch Shows mit Ensemble im Programm, vom Trio bis zur kompletten Big Band. Doch ihre Liebe gehört dem ­Varieté-Solo-Programm. Diese unsterile Art von Unterhaltung sei spannend, meint Haan, eine schöne Herausforderung. Und sie passt zu ihrem Lebens- und Berufsweg: „Ich habe als junge Erwachsene nie in Deutschland gelebt, meine ganze Ausbildung und meinen Berufsstart in der Musical- und Theaterszene in den USA absolviert", erzählt Haan. „Als ich dann zurückkam und nach Engagements suchte, stieß ich auf extremen Widerstand, weil ich nicht dazugehörte, kein Netzwerk hatte, keine Verbindungen."

Kaum hatte sie auf die Solo-Karriere umgesattelt, wurde ihr ein weiteres Hindernis bewusst: „Merkwürdigerweise stehen ausgerechnet die Amerikaner einem Entertainer, der allein vors Publikum tritt, viel aufgeschlossener gegenüber als die Deutschen. Bei denen muss es Glitzer, Glamour, Glanz, bunte Kostüme und großes Tamtam sein."

Nun hat sie sich trotzdem durchgebissen. Zwar hat sie einen Agenten in den USA, doch zu Hause in Europa macht sie alles selbst: „Ich bin meine Buchhalterin, Sekretärin, Managerin, gestalte meine Shows und dann trete ich auch noch auf." Daneben gibt sie die Kenntnisse, die sie an US-amerikanischen Spitzenschulen – darunter Juilliard – erworben hat, auch an Nicht-Entertainer weiter. Zum Beispiel an der European Business School, wo sie Managern beibringt, wie man vor Publikum nicht nervös wird und seine Körpersprache versteht und beherrscht.

Jenen Part, bei dem man ins Publikum geht und auch mal einen Zuschauer becirct, lässt sie bei diesen Seminaren vermutlich aus. Sie selbst liebt den direkten Kontakt zum Publikum, „und ich merke auch sehr rasch, wer ein williges Opfer ist, das nichts dagegen hat, wenn ich meine Späße mit ihm treibe".

Zu Hause dagegen liebt sie es bodenständig. Niemand in ihrer Familie ist im Showbusiness tätig. Wenn sie nicht auf Tour ist, genießt sie das normale Leben, da darf man sie auch mal am Montag um neun Uhr morgens anrufen, denn: „Ich bin keine Drama-Queen."

Aber auf der Bühne geht dann die Post ab. Samstag (5.5.), 19.30 Uhr, Kulturfinca Son Bauló, Lloret, Eintritt: 18 Euro, Tel.: 971-52 42 06.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 3. Mai (Nummer 626) lesen Sie außerdem:

- Film-Festival Maremostra

- Delian-Quartett in Deià

- Im Porträt: Jacobo Sureda

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