Paukenschlag zum Saisonabschluss der Balearen-Sinfoniker: Am Sonntag (9.8.) tritt im Auditorium in Palma der peruanische Startenor Juan Diego Flórez auf. Nach der Frühlingsgala im März mit den Operngrößen Johan Botha und Daniela Fally wird der Auftritt des 42-Jährigen aus Lima das zweite Konzert, das die Vereinigung der Freunde der Balearen-Sinfoniker auf die Beine stellt. Die „Associació de Amics de la Simfònica" war im Februar vom umtriebigen österreichischen Mäzen Joseph Egger aus der Taufe gehoben worden, um den in den vergangenen Jahren in wirtschaftliche Nöte geratenen Sinfonikern unter die Arme zu greifen.

Und mit Kontakten und dem nötigen Kleingeld kann nun auch ein Weltstar wie Juan Diego ­Flórez auf die Insel gelotst werden. Der Tenor reist direkt aus dem Libanon an, wo er Ende Juli das Beiteddine Art Festival nahe Beirut eröffnete. Dass der Südamerikaner begehrt ist, wird schnell klar: Auch der musikalische Leiter der Balearen-Sinfoniker, Pablo Mielgo - dieser Tage auch unfreiwillig Geschäftsführer, nachdem sich Marcelino Minaya für einige Monate krank gemeldet hat - bekommt Flórez für die MZ nicht an die Strippe.

Seit 20 Jahren steht der ­Peruaner inzwischen auf der Bühne und wird dabei nicht müde. Ganz im Gegenteil: In den vergangenen Jahren habe er den Spaß am Singen neu entdeckt, sagte er im vergangenen Jahr der spanischen Klassikzeitschrift „Codalario" . Zuvor habe er sich nicht so eingehend mit der Technik befasst. Jetzt wolle er alles, was beim Singen körperlich passiere, nachvollziehen können.

Auslöser für dieses Interesse war eine für sein Alter charakteristische Veränderung der Stimme. „Sie ändert sich mit 38, 39. Sagen wir es mal so: Was du vorher automatisch gemacht hast, das funktioniert nicht mehr so. Du musst einige Dinge neu justieren", so Flórez gegenüber dem Musikmagazin. Seit er das wisse, mache ihm sein Beruf noch mehr Spaß.

Flórez war nie jemand, der sich von Veränderungen aus dem Konzept bringen lässt. Er arbeitet einfach härter und probt dann mehr. Der Peruaner gilt als extrem selbstkritisch, mit Hang zur Selbstzerstörung. Er schneidet nach Möglichkeit jede Probe mit und hört sich die Aufzeichnung noch einmal an, bevor er ins Bett geht. Eine Manöverkritik müsse halt sein, meint er. Und immer findet er Dinge, die ihm nicht gefallen.

Das Publikum sieht die Sache zu seinem Glück anders. Auf der Bühne weiß der Peruaner, der nicht als schreiender Heldentenor, sondern als leicht verträglicher lyrischer Tenor Karriere gemacht hat, die Zuhörer zu berühren. Er kann für sich beanspruchen, bei einem Auftritt mit Donizettis ­„Fille du régiment" das überaus kritische Publikum in der Mailänder Scala 2007 zu Beifallstürmen hingerissen zu haben. Die Opernfans forderten Flórez zur ersten Zugabe in diesem Haus seit 74 Jahren auf.

Auch die Kollegen sind voll des Lobes über den Peruaner. So sagte der Spanier Plácido ­Domingo einst über Flórez: „Er ist der größte lyrische Tenor aller Zeiten, der beste seines Fachs. Ich erinnere mich an niemanden, der ein derart anspruchsvolles Repertoire interpretieren kann."

Dabei greift der mit der ­Australierin Julia Trappe verheiratete Familienvater nicht einmal auf Lehrer zurück. Seit er 21 ist, fährt er nach eigenen Angaben als Autodidakt am besten. Es habe ihn gestört, dass jeder Gesangslehrer seinen Stiefel herunterbete. „Der eine sagt, mach das so, der andere sagt, mach das anders. Im Endeffekt kommt es aber darauf an, alles zu machen, nur eben im richtigen Maß", erklärte Flórez einst in einem Interview. Außerdem sei es seine Leidenschaft, alleine an seiner Stimme zu arbeiten. „Sie ist mein Hobbykeller, ich bin gerne da unten", sagte er in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt".

Er lässt sich nicht reinreden. Auch nicht von Regisseuren, die inzwischen immer mehr Schauspielerei verlangten. Er mache das nicht mit und lasse sich auch nicht aus Gründen der Dramaturgie irgendwo hinten auf der Bühne platzieren. Er lege sein Veto ein und wenn das nicht helfe, dann nehme er die Rolle eben nicht an. Schließlich kann sich Flórez, der vorrangig in Wien lebt, seine Termine selbst aussuchen. Und er versucht, nicht mehr als 50 Konzerte im Jahr zu bestreiten.

Eine Karriere in der klassischen Musik hatte sich in Flórez´ Jugend zunächst gar nicht abgezeichnet. Der Sohn des peruanischen Volkssängers und Gitarristen Rubén Flórez Pinedo folgte seinem Vater und sang Cover-Versionen von den Beatles, Elvis und Led Zeppelin. Seine Mutter besaß eine Bar in Lima, wo der junge Juan Diego als Sänger aushalf, wenn der Hauptact ausfiel.

Nach und nach lernte er Gesangslehrer und Sänger kennen, die ihn dazu brachten, aufs Konservatorium zu gehen. Im Alter von 17 Jahren entdeckte Flórez seine Neigung und Eignung für die klassische Musik. Mit 20 Jahren ging der Peruaner nach Philadelphia, wo er am Curtis Institute studierte, bevor er 1996 mit nur 23 Jahren seinen Durchbruch feierte. Dazu kam es, wie so oft bei Karrieren dieser Art, eher durch einen Zufall. ­Flórez war für eine kleinere Rolle in „Ricciardo e Zoraide" im Rahmen des Rossini-Festivals in Pesaro, Italien, vorgesehen. Doch weil sich der erste Tenor von „Mathilde von Schabran" krank meldete, bekam Flórez seine Chance. Noch im gleichen Jahr debütierte er in der Scala - ein Weltstar war geboren.

Juan Diego Flórez tritt am Sonntag (9.8.) um 21.30 Uhr im Auditorium in Palma gemeinsam mit der ägyptischen Sopranistin Fatma Said auf und singt Arien und Ouvertüren von Puccini, Bizet, Donizetti, Gounod und anderen. Begleitet werden Flórez und Said von den Balearen-Sinfonikern unter der Leitung von Pablo Mielgo. Karten gibt es für 15 und 30 Euro an der Abendkasse am Auditorium, bei Musicasa (C/. Sant Francesc de Sales, 16 in Palma) und bei Musical Via Roma (La Rambla, 7 in Palma).

www.simfonicadebalears.com

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