Es ist bereits die achtzehnte Ausgabe des Puppenspielerfestivals „Festival Internacional de Teatre de Teresetes", das noch bis Sonntag (15.5.) in Palma und 13 Dörfern auf der Insel stattfindet. Dennoch scheint die Existenz immer noch am seidenen Faden zu hängen. „Wird es das Festival nächstes Jahr noch geben?", fragte eine Frau am Freitag (6.5.) bei der Präsentation der Veranstaltung. Aina Gimeno, die Organisatorin, zuckte lachend mit den Schultern. Dabei schafft es das Festival, jedes Jahr eine spannende Mischung aus lokalen und internationalen Ensembles aufzustellen. Dennoch sei es immer noch schwierig, die Erwachsenen in die Shows zu locken, damit sie sehen, dass Puppenspiel nicht nur was für Kinder ist, sagt Gimeno.Um dem Festival und den Teilnehmern in diesem Jahr einen etwas tiefergehenden Nachklang zu bescheren, hat man den auf Puppenspiel spezialisierten, katalanischen Theaterkritiker Toni Rumbau eingeladen. Ein Anruf bei einem, der alles über diese von der Kritik häufig vernachlässigte Kunst weiß.

Herr Rumbau, das Puppenspiel wird immer noch von vielen Erwachsenen nicht ernst genommen. Woran liegt das?

Es existiert tatsächlich diese falsche Vorstellung, dass das nur etwas für Kinder sei. Dabei hat sich das Puppenspiel in den vergangenen Jahren ganz massiv entwickelt, sodass man eigentlich eher von einem Figurenspiel sprechen sollte. Es sind nicht mehr nur die klassischen Marionetten oder Handpuppen. Es entstehen richtig gute zeitgenössische Produktionen.

Welche Bedeutung hat denn noch das klassische Puppenspiel?

Das Puppenspiel ist ein unheimlich effektives Kommunikationsmittel. Nicht umsonst werden Puppen häufig bei der Arbeit mit autistischen Kindern eingesetzt. Statt etwas über sich selbst erzählen zu müssen, benutzen sie die Puppe als zweites Ich, das kommunizieren kann. Auch in Flüchtlingslagern werden Puppen bei der therapeutischen Arbeit eingesetzt. Zudem merkt man, dass seit den 80er-Jahren die klassischen ­Puppenspiele eine Renaissance erleben. Nehmen Sie etwa das Kasperltheater in Deutschland. Da gibt es viele junge Leute, die das Motiv neu interpretieren.

Gleichzeitig haben Kinder immer mehr Unterhaltungsmöglichkeiten, seien es Konsolen oder Tablets. Wie kommt man als klassische, nicht digitalisierte Kunstform dagegen an?

Bei Theatern, die Puppenspiel für Kinder anbieten, liegt das Durchschnittsalter des Publikums zwischen drei und sechs Jahren. Danach sind die Konkurrenzangebote zu attraktiv. Deshalb ist es meiner Meinung nach auch so wichtig, die Stücke auf ein breites Publikum auszurichten. Festivals wie das auf Mallorca sind eine ausgezeichnete Gelegenheit, um das moderne Puppenspiel einem breiten Publikum vorzustellen.

Schreibt man eine Kritik über ein Stück, das an Kinder ausgerichtet ist, anders?

Nein, eigentlich nicht. Für mich ist das Schreiben einer Kritik wie ein zweiter Besuch. Das Stück verändert sich. Aber da macht es keinen Unterschied, an wen sich das Stück richtet.

Zum Festival nach Mallorca kommen fünf internationale Ensem­bles. Wie steht es um das Puppenspiel in Europa?

Es ist eine sehr dynamische Szene. In Italien etwa gibt es eine große Tradition, aber die Politik hat viel kaputt gemacht. Deutschland hat gute Schulen in Stuttgart und Berlin. Frankreich ist ein Land mit einem sehr hohen Niveau und guter ­Organisation. Bei Letzterem hapert es in Spanien noch. Immerhin wird Ende Mai der internationale Puppenspielerverband seinen Weltkongress im Baskenland abhalten. Vor einigen Jahren fand dieser Kongress mal in China statt. Die haben das inszeniert, als ob es die Olympischen Spiele seien, mit Hunderten Künstlern und Veranstaltern. Hier im Baskenland wird das sicherlich diskreter ablaufen. Aber gerade streiten sich zwei Städte aus Indonesien und Südkorea um die Austragung des nächsten Kongresses im Jahr 2020. Es ist ein Kampf, der mit harten Bandagen ausgetragen wird. Auch wenn man es nicht glaubt: Da steckt viel Geld dahinter.

Das Festival hier auf Mallorca ist da eine Nummer kleiner. Wie bewerten Sie dessen Qualität?

Es ist sicherlich eines der liebenswertesten Festivals Spaniens. Aina Gimeno und ihr Team schaffen es, eine besondere Atmosphäre zu schaffen. Das darf man nicht unterschätzen. Denn während es sicherlich ein kleines Festival ist, was die Anzahl der Shows angeht, lockt es doch immer wieder viele Leute aus diesem Bereich an. Auch deshalb kommen immer wieder internationale Ensembles. Mallorca braucht sich in der Hinsicht nicht zu verstecken, auch was die Qualität der hiesigen Gruppen angeht.

Alle weiteren Termine und Infos für die Dörfer unter www.elasticnou.com/festivalteresetes