Noch wissen die Bienen nichts von ihrem Glück. Ihre Lieblingsstauden sind frisch gepflanzt, heute morgen, bevor noch die Sonne die Beete erreicht, werden sie angegossen.

Doch der Jasmin hat seine duftenden Blüten schon geöffnet, und auch das endemische Johanniskraut zeigt sich in Gelb. Vor zwei Tagen legten die Teilnehmer eines Workshops in Son Pons, dem Zentrum für Mönchsgeierschutz in Campanet, eine Bienenweide an. Zu den Gartenarbeiten hatten die Mitarbeiter der Fundació Vida Silvestre Mediterránea (FVSM) in den sozialen Medien getrommelt. Mit Erfolg: Am ersten Samstag nahmen 15 Personen teil, an einem weiteren waren 40 Helfer damit beschäftigt, die jungen Stauden in die Erde zu pflanzen und einen Vortrag über das weltweite Bienensterben zu hören.

„Wir wollen hier den Besuchern - Erwachsenen, Familien oder Schulklassen - die Interaktion von Pflanzen und Bienen zeigen", sagt Nora Müller. Die 28-Jährige hat Umweltwissenschaften studiert, seit August dieses Jahres arbeitet sie in Son Pons. Gemeinsam mit Evelyn Tewes, der Leiterin der FVSM, hat sie das vom Bildungsministerium bezuschusste Umweltprojekt entwickelt.

DIE BLÜHPFLANZEN

Rechts im Kasten sind die Namen der Pflanzen aufgelistet, die auf Son Pons gepflanzt wurden oder beim nächsten Workshop in die Erde kommen. Unter ihnen sind auch Einjährige, die im Winter ausgesät werden.

Denn Artenvielfalt ist wichtig für die Gesundheit der Bienen. Angezogen werden sie von den Nektardrüsen der blühenden Pflanzen. Deren Pollen bleiben am Haarkleid hängen. Dies ermöglicht nicht nur die Befruchtung der Gewächse. Den Blütenstaub verarbeiten die Ammenbienen zu Futtersaft für Larven, Königin und Arbeitsbienen. Der zuckerhaltige Nektar in den Blüten entsteht durch Photosynthese und wird von der Biene mit dem Rüssel aufgesaugt. Den Nektar verarbeiten die Bienen zu Honig, ein Vorrat, von dem sie sich in Zeiten ernähren, in denen sie nicht ausfliegen.

DIE HONIGBIENEN

Erfahrungen mit Honigbienen hat die Stiftung bereits in Ariant bei Pollença gesammelt, dem1.000 Hektar großen Anwesen, das seit Jahrzehnten ökologisch bewirtschaftet wird und seit 2012 der FVSM gehört. Vor zwei Jahren begann man mit zwei Bienenvölkern, die dort bereits wild lebten. „Mittlerweile haben wir 14 Bienenstöcke in Ariant", sagt Evelyn Tewes.

Dabei gehe es dort weniger um Honigproduktion als um den Schutz der Bienen. Denn auch die Inselbienen sind in Gefahr: Klimawandel, Pestizide, Besiedlung, die Varroamilbe oder die Asiatische Hornisse setzen ihnen zu. „Glücklicherweise geht es ihnen aber besser als den Völkern auf dem spanischen Festland", sagt Tewes. Die Varroamilbe wird auf der Insel vielfach mit pflanzlichen Mitteln wie Thymol bekämpft, und die Attacken der Vespa velutina halten sich dank der Biologen der Balearen-Universität in Grenzen.

Wer lokale Honigsorten kaufe, so Tewes, unterstütze die Imker und helfe so, die Bienen zu schützen. Dazu beitragen könnten aber auch Gartenbesitzer, die ihre Anwesen so gestalten, dass sie ohne Pestizide auskommen und die Pflanzenauswahl den Bedürfnissen der Bienen anpassen. Eine Kooperation mit Imkern, die ihre Bienenstöcke in großen Gärten aufstellen, sei ebenfalls denkbar.

Nach dem nächsten Workshop im November werden direkt neben der Bienenweide in Son Pons zwei Bienenstöcke stehen. Bei einem von ihnen wird man durch eine Glasscheibe das Bienenvolk in seiner Behausung und die Arbeitsbienen beim Start zu den Blüten beobachten können.

DAS INSEKTENHOTEL

Solitär lebende Wildbienen hausen in Erd­löchern oder Totholz. Weil sie durch die „Aufgeräumtheit" landwirtschaftlicher Felder ihrer Behausungen in Erdlöchern oder im Totholz beraubt werden, benötigen sie Hilfe beim Überwintern. „Wir haben am vergangenen Samstag mit Kindern ein Insektenhotel gebaut", sagt Nora Müller. Das Grundgerüst, wie Wände, Stockwerke und Dach, hatte sie zuvor selbst gezimmert. Als Unterschlupf sammelten die Kinder dann Schilfrohre , die am Ende verschlossen sind, aber auch Scheiben von Baumstämmen, in die sie Löcher bohrten, sowie Stroh, Kiefernzapfen und Moose.

DAS ZENTRUM

Die neu angelegten Beete befinden sich in unmittelbarer Nähe des Geheges, in dem neun flugunfähige Gänsegeier und ein Mönchsgeierpaar leben. Die Riesenvögel - sie verletzten sich an Windmühlen oder Strommasten - wurden von Auffangstationen auf dem spanischen Festland nach Son Pons in den Dauerurlaub geschickt. Täglich werden sie zwischen 11.30 und 12.30 Uhr gefüttert, manchmal strecken sie dann auch ihre gewaltigen Flügel aus. Danach können die Besucher künftig Beete und Bienenstöcke besichtigen.

Informationen zu den Workshops: Tel.:661-21 22 22, E-Mail: info@procustodia.org