Wenn man es richtig anstellt, kommt man auch mit der Verschandelung von Kulturgütern ins Museum. Im Jahr 1948 besuchte ein gewisser Joan Ripoll Fé das kleine Eiland Sa Galera vor dem heutigen Puro Beach in Can Pastilla in Palma. Er fand ein Stück Keramik auf dem Boden und ritzte seinen Namen und das Jahr darauf.

Siebzig Jahre später ist die Tonscherbe Ausstellungsstück Nummer 145 im Stadthaus Can Balaguer in Palma de Mallorca. Dort läuft seit Dienstag (18.12.), in unmittelbarer Nachbarschaft zur Griechen-Schau im CaixaForum (S. 28), die Ausstellung „Sa Galera. Més de 4.000 anys d'història" (Sa Galera. Über 4.000 Jahre Geschichte). Im Sommer kann man mit der Luftmatratze auf das Inselchen hinüberpaddeln, an wenigen anderen Orten auf Mallorca liegen touristische Gegenwart und historischer Tiefgang so nah beieinander wie auf Sa Galera.

Ergebnis einer Leidenschaft

Dass die Schau überhaupt möglich ist, ist das Ergebnis einer Leidenschaft. Seit sechs Jahren erforscht eine Gruppe von Archäologen auf eigene Faust die kleine Insel, auf der sich Artefakte finden, die bis ins Jahr 2.500 vor Christus reichen. Das Budget ist klein, öffentliche Fördergelder gab es bislang so gut wie keine. Die Freizeitforscher finanzieren ihre Arbeit mit Fundraisingkampagnen, Freiwillige helfen bei den Ausgrabungen. Die Begeisterung für das Projekt ist dennoch ungebrochen. „Wir zeigen Palma, bevor es Palma wurde", sagt Jorge

Argüello, Chef des Ausgrabungsteams.

In der Ausstellung zu sehen sind unter anderem komplett erhaltene Behältnisse sowie Werkzeuge, Münzen und Reste von Waffen. Der Großteil der Fundstücke stammt aus der Zeit der Phönizier im dritten und zweiten Jahrhundert vor Christus. Damals stand auf Sa Galera wohl ein Tempel, den die Römer in den punischen Kriegen zerstörten. Danach gibt es kaum noch Überreste, nur noch einzelne Funde aus der Zeit der Mauren und später der Christen.

Hinweise auf ein Gewaltverbrechen

Zu den wichtigsten Ausstellungsstücken gehören zwei noch intakte Skelette aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Es sind zwei von zehn Skeletten, die die Archäologen auf Sa Galera gefunden haben. „Sie wurden nicht begraben, sondern einfach liegen gelassen", sagt Argüello. Das deute auf ein Gewaltverbrechen hin.

Bei dem Skelett einer etwa 1,50 Meter großen Frau fand sich neben dem Beckenknochen noch ein etwas kleinerer Knochen. „Es ist der Oberschenkel eines Babys", sagt Argüello. „Wir wissen nicht, ob es im Bauch der Frau starb oder nach der Geburt." Auf Basis der noch erhaltenen Schädel haben Forscher an der gerichtsmedizinischen Abteilung der Universidad Complutense in Madrid eine Rekonstruktion der Gesichter der beiden Toten angefertigt. Die Nachbildungen sind als Büsten neben den Skeletten zu sehen.

Niemand hat so viele Funde erwartet

Niemand habe bei Beginn der Ausgrabungen erwartet, auf knapp 2.000 Quadratmetern so viel zu finden, sagt Argüello. „Dass nach der Römer-Zeit niemand mehr auf der Insel gebaut hat, ist unser Glück." Die Arbeit sei mit der Eröffnung der Ausstellung noch längst nicht beendet, sagt Argüello. „Wir müssen noch etliche wissenschaftliche Analysen unter anderem zu den gefundenen Samen und der Erde durchführen, sowie die DNA-Analysen der Skelette. Allein dafür werden wir zwei bis drei Jahre brauchen. Zudem wollen wir ein Forschungszentrum in Can Pastilla aufbauen und eine Wanderausstellung auf dem Festland organisieren. Auch planen wir einen Dokumentarfilm. "

Zu der Herkunft des Ausstellungsstücks 145 gibt es übrigens auch nähere Informationen: „Die bekritzelte Scherbe stammt aus der Zeit der Phönizier", erzählt Argüello. „Wir haben sie mit in die Ausstellung genommen, weil wir sie kurios fanden und sie einen Bogen in unsere Zeit spannt. Joan Ripoll Fé hat bis vor drei Jahren in Coll d'en Rebassa gelebt."

Can Balaguer, C/. Unió, 3, Palma, Di.?Sa. 10?19 Uhr, So. 19?15 Uhr, Eintritt frei