Spanien ist in den letzten Jahren zu einem Hoch-Steuerland geworden: Wer hätte schon gedacht, dass irgendwann einmal in Spanien die Steuern höher sein würden als in Deutschland? Das gilt für die Grunderwerbssteuer (10 Prozent statt 5 Prozent), die Einkommensteuer (Durchschnitt 52 Prozent statt 45 Prozent) und die Erbschaftssteuer (Freibeträge von circa 16.000 Euro statt 500.000 Euro). Die Vermögensteuer gibt es in Deutschland erst gar nicht, ebenso wenig wie Formulare zur Erklärung des Auslandsvermögens. Kein Wunder also, dass man als Berater immer wieder gefragt wird, wie man in Spanien Steuern sparen, oder besser noch vermeiden kann. Ein besonderer wichtiger Moment ist dabei der Erwerb einer Immobilie.

Bei einer Grunderwerbsteuer von bis zu 10 Prozent liegt es durchaus nahe, eine Struktur zu wählen, die ausschließt, dass in wenigen Jahren schon wieder eine Übertragung stattfindet (oder aufgrund eines Todesfalles stattfinden muss). Eine in der Praxis oft gewählte Option hierzu ist, wenn Eltern die Immobilie direkt auf den Namen ihrer Kinder erwerben, sich selbst aber den lebenslangen Nießbrauch vorbehalten. Das ist zwar keineswegs eine perfekte, und noch weniger für jeden Einzelfall die richtige Lösung, aber da man keinesfalls die Grundsätze des Nießbrauchs im deutschen Recht nach Spanien übertragen kann, hier eine kurze Zusammenfassung der diesbezüglich geltenden Regeln:

Bei dem lebenslangen Nießbrauch (usufructo vitalicio) nach spanischem Recht handelt es sich um ein dingliches Nutzungsrecht, geregelt im spanischen Zivilgesetzbuch in den Artikeln 467 ff. Der Nießbrauch verkörpert das im Grundbuch abgesicherte Recht, eine fremde Sache dauerhaft nutzen zu können. Auch wenn der usufructo zeitlich beschränkt werden kann, liegt die praktische Bedeutung ausschließlich im lebenslangen Nießbrauch. Durch ordnungsgemäße Bestellung wird aus dem früheren Inhaber des Volleigentums ein „bloßer Eigentümer" (nuda propiedad). Der Nießbraucher (usufructuario) hingegen erhält den (lebenslangen) Besitz.

Diese Formel macht zwei Dinge deutlich: So etwas funktioniert nur im familiären Raum und auch nur dann, wenn ein deutlicher Altersunterschied zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher besteht, denn es würde wenig Sinn machen, wenn ein älterer Eigentümer einem jungen Nießbraucher seine Immobilie überlässt, weil er realistisch nicht damit rechnen kann, diese zu Lebzeiten irgendwann noch einmal nutzen zu können. Umgekehrt macht es schon Sinn. Die Eltern wissen, dass sie bis an ihr Lebensende die Immobilie für sich ungestört nutzen können, gleichzeitig haben aber die Kinder schon jetzt das Eigentum, werden aber erst nach dem Tod der Eltern selbst die Nutzung übernehmen können. Beim Tod der Eltern fällt also das Eigentum nicht in die Erbmasse, eine in Spanien komplexe und aufwendige Erbschaftsannahme (aceptación de herencia) entfällt.

Der „bloße Eigentümer" ist aber an einer Verfügung oder Belastung nicht gehindert; er kann also sowohl die Immobilie verkaufen als auch belasten, wobei allerdings ein möglicher Erwerber oder auch eine finanzierende Bank das eingetragene Recht des Nießbrauchers nicht stören oder gar löschen können.

Aus den oben genannten Gründen wird selten eine Gegenleistung für die Einräumung des Nießbrauchs vereinbart, dies ist aber ­selbstverständlich möglich, sei es durch eine Einmal- oder regelmäßige Zahlung.

Weil der Nießbraucher ein eigentumsähnliches Recht erwirbt, hat ihm der Gesetzgeber auch die vollständige Kostentragung für die Immobilie auferlegt. Auch wenn dies letztlich natürlich Gegenstand der individuellen Vereinbarung ist, muss er die Immobilie in Schuss halten, alle laufenden Kosten einschließlich Steuern zahlen, kann aber umgekehrt auch die Immobilie jederzeit vermieten und die Mieten vereinnahmen, dies im Unterschied zu einem reinen Wohnrecht (derecho de habitación), das nur zu einer Eigennutzung berechtigt.

Sowohl die Bestellung als auch die Löschung des Nießbrauchs ist steuerpflichtig. Insofern gilt die „89er Regel". Mit dieser Regel wird von der Zahl 89 das Alter des Nießbrauchsberechtigten abgezogen. Die verbleibende Zahl definiert den Wert des Nießbrauchs, bezogen auf den Gesamtwert der Immobilie. Beispiel: der Nießbrauchsberechtigte ist 70 Jahre alt, 89 minus 70 = 19. Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Steuern auf Bestellung oder Löschung des Nießbrauchs ist also 19 Prozent des Immobilienwertes. Bei der Berechnung gilt ein Maximalwert von 70 und ein Minimalwert von 10 Prozent, ist also der Nießbrauchsberechtigte 85 Jahre alt, bleibt es bei 10 Prozent.

Die auf diese Bemessungsgrundlage zu zahlende Steuer beträgt 8 Prozent. Das gilt auch umgekehrt. Würde ein mit einem Nießbrauch belastetes Haus verkauft, reduziert sich in dem gleichen Beispielsfall die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbssteuer ITP auf 81 Prozent des Kaufpreises.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Abogado mit Kanzleien in Frankfurt und Palma, www.dr-reichmann.com