Mallorca Zeitung

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Schulden machen oder Hausbesetzer werden: Wie Menschen sich das Leben auf Mallorca trotz Arbeit nicht mehr leisten können

Das Leben auf Mallorca wird immer teurer. Immer mehr Menschen verzweifeln daran. Einige sehen sich sogar gezwungen, leer stehende Immobilien zu besetzen. Sechs Erfahrungsberichte

Wer hier wohnen will, braucht Geld: Blick auf die Stadt Palma. PSS

Die Lebenshaltungskosten auf Mallorca steigen immer weiter an - ebenso wie die Mietpreise. Viele Einheimische können sich das Leben auf der Insel schlicht nicht mehr leisten und sind von ständigen Geldsorgen geplagt - und das, obwohl sie arbeiten gehen. Einige sehen keinen anderen Ausweg, als leerstehende Häuser zu besetzen, andere jonglieren verzweifelt mit dem geringen Haushaltsgeld oder verschulden sich. Sechs Geschichten von sechs Menschen, die sich der MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" anvertraut haben.

Hausbesetzerin ohne Alternative

"Ich habe mich dazu gezwungen gesehen, die Wohnung, die der Bank gehört, zu besetzen. Ich habe zwei Kinder, bin alleinstehend, mein Gehalt reicht einfach nicht aus. Und selbst so fällt es mir schwer, mit meinem Geld bis zum Ende des Monats zu kommen", sagt Marta Jiménez. Vor wenigen Monaten zog sie von Manacor nach Felanitx, in eine Wohnung, die bisher leer stand. Miete zahlt sie dort nicht. Seit Jahren arbeite sie, doch die 1.500 Euro Monatsgehalt seien "nicht ausreichend", um alle Kosten zu decken, erzählt sie. "Entweder, ich kaufe meinen Kindern etwas zu essen, oder ich zahle Miete, da muss man sich entscheiden. Alles ist mit einem Einkommen nicht zu stemmen."

Sie habe bereits versucht, mit der Bank, der die von ihr besetzte Immobilie gehört, eine "bezahlbare" Miethöhe auszuhandeln, doch diese hätte sich geweigert, so Jiménez. "Ich bin nicht stolz auf das, was ich tue, aber ich sehe einfach keinen anderen Ausweg. Ich kann nicht mehr als die Hälfte meines Gehalts in die Miete stecken - was essen wir denn dann?" Gleichzeitig kann die zweifache Mutter nicht verstehen, wie trotz des Wohnraummangels auf Mallorca immer noch so viele Wohnungen von Banken leer stehen und nicht zur Miete freigegeben werden. "Sie sollten es uns leichter machen, Wohnen ist doch ein Recht, kein Privileg", findet sie.

Schulden wegen kaputter Waschmaschine

Carmen Quintero hat Schwierigkeiten, den Monat finanziell durchzustehen Anabel Ruiz

Tatsächlich liegt Jiménez mit ihrem Gehalt in etwa im Durchschnitt dessen, was die Menschen auf Mallorca verdienen. Gleichzeitig gibt es kaum Wohnungen, die weniger als 800 Euro Kaltmiete kosten. Kein Wunder, dass daher viele in ähnlich prekären Situationen sind wie die Spanierin. So auch Carmen Quintero. Auch sie hat zwei Kinder, auch sie ist alleinerziehend. "Ich zahle nur 500 Euro Miete für ein altes Haus, da kann ich froh sein, weil alles andere unerschwinglich ist." Die 29-Jährige arbeitet als Zimmermädchen in Portocolom. Trotz der vergleichsweise geringen Miete weiß sie kaum, wie sie die anfallenden Kosten für den Lebensunterhalt von sich und den Kindern stemmen soll. "Ich bin immer ganz knapp bei Kasse, und bei jeder unvorhersehbaren Zahlung sehe ich mich gezwungen, mich zu verschulden. Das ist ein Teufelskreis, aus dem man nicht leicht herauskommt." Schon allein ein kaputtes Haushaltsgerät, das neu angeschafft werden muss, sei ein Drama. "Dafür ist einfach kein Geld übrig."

Luciana Gamaja stöhnt über die hohen Kosten im Supermarkt Anabel Ruiz

Luciana Gamaja kennt diese Situation. "Es ist heutzutage unmöglich, Geld zu sparen. Es reicht nur gerade so, um zu essen und zu leben", sagt sie. Und das, obwohl in ihren Haushalt zwei Einkommen fließen. Doch davon sind fünf Menschen zu ernähren: zwei Erwachsene und drei Minderjährige. Vor allem der Einkauf im Supermarkt zehre am Geldbeutel. Wann immer es möglich ist, machen sie und ihr Partner daher Überstunden, um wenigstens ein wenig mehr zu verdienen. "Bei drei kleinen Kindern schießen die Ausgaben in die Höhe, und da gibt es Dinge, auf die man einfach nicht verzichten kann", sagt sie.

Geldfresser Supermarkt

Sixto Escobar versucht sich mit möglichst vielen Überstunden Geld hinzuzuverdienen Anabel Ruiz

Sixto Escobar versucht genau das. Die Kinder des Malers sind bereits aus dem Haus, trotzdem macht er Überstunden, wann immer es geht. Er lebt zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Schwagern. Auch bei ihnen schlügen neben den Wohnkosten vor allem die Lebensmittelpreise arg zu Buche. "Die Waren sind viel teurer geworden, aber die Gehälter bleiben gleich", lamentiert er.

Maria Ballester mit ihrer Hündin Nana durchlebte "schwere Zeiten", als sie noch Miete zahlen musste Anabel Ruiz

Maria Ballester empfindet es ähnlich. "Früher hat man mit 50 Euro die Einkaufstasche im Supermarkt gefüllt, jetzt kann man damit nur noch eine Handvoll Sachen kaufen", so die 32-Jährige. Sie hat das Glück, gerade keine Miete zahlen zu müssen, da sie bei ihrem Partner mietfrei wohnen darf. Doch sie erinnert sich noch gut daran, wie es ihr vorher erging. "Es war unmöglich, finanziell durch den Monat zu kommen, denn die Hälfte meines Einkommens ging für Miete drauf. Dazu kamen das Essen, die Stromrechnung, das Wasser...", zählt sie auf. Das seien schwierige Zeiten gewesen. Sie habe damals als Kellnerin in einer Bar gearbeitet, und das Trinkgeld wurde ihr bester Freund, um besser über die Runden zu kommen.

José hat Glück gehabt

José Carlos Aceituno derweil ist froh, dass er sich vor mehr als 20 Jahren eine eigene Bleibe geleistet hat. "Damals waren es noch andere Zeiten", so der Elektriker. "Wenn man damals arbeitete, konnte man es sich noch erlauben, ein Eigenheim zu kaufen. Die jungen Leute von heute dagegen haben es sehr schwer, um nicht zu sagen unmöglich." Aceituno war nur 22 Jahre alt, als er den Kaufvertrag unterschrieb. Jetzt, 20 Jahre später, ist die Immobilie abbezahlt. "Dadurch kann ich ruhig leben", sagt er." Allerdings auch ohne Luxus. "Das Geld reicht nur für den Alltag." /somo

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