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Lauf, Palma, lauf!

Von Sandra Müller

Wanyoike, der in seiner Kategorie den Weltrekord im Halbmarathon hält, und sein Führer Ngige liegen von Beginn des Rennens an vorn, der Vorsprung vor den anderen Läufern ist mit rund 300 Metern mehr als komfortabel. Doch schon ab Kilometer zehn plagen Ngige Schmerzen in der Nierengegend. Bis Kilometer 17 hält er das Tempo seines blinden Freundes durch, dann kann er nicht mehr.

Ein Angehöriger des Organisationsteams, der auf dem Fahrrad die Strecke verfolgt, übernimmt die Führung, kann gerade so viel Englisch, um Wanyoike die Hinweise ýrechts" und ýlinks" zu geben. ýDas war sehr schwierig, weil er mit einer Hand Fahrrad fuhr, mit der anderen führte er mich am Seil", berichtet Wanyoike später. Das wacklige Gespann schafft es bis Kilometer 19, der Kenianer wird zwischendurch vom späteren Sieger Gerardo Radó und José Serrano Botía überholt. An diesem Punkt greift Hannes Schmidt ein, ein 38-Jähriger aus Nürnberg: ýIch sah, dass es da vorne Probleme gab und da gab es für mich nichts zu überlegen." Er rennt vor, ergreift das Seil und sagt ein einziges Wort zu Henry: ýFriendship." Wanyoike macht Tempo und Schmidt, der eigentlich Triathlet ist und schon zweimal den Nürnberg-Marathon gewonnen hat, muss an sein Limit gehen, um mitzuhalten. ýIch war entschlossen, das Rennen mit Henry gemeinsam durchzuziehen, das gab mir Kraft", wird er später sagen.

Schmidt zeigt echten Sportsgeist: Er, der selbst auf den dritten Platz hätte laufen können, führt Henry Wanyoike als Nummer drei ins Ziel, er selbst landet auf dem vierten Platz. Für sein sportliches Verhalten wird Schmidt bei Siegerehrung und Pressekonferenz mit einem Sonderbeifall geehrt. Doch er wiegelt bescheiden ab. ýEs war für mich eine Ehre, so einer Persönlichkeit, die für uns alle Vorbild sein sollte, helfen zu können." Aus dieser großen Geste beginnt sich eine Freundschaft zu entwickeln: Die Läufer werden schriftlich in Kontakt bleiben, außerdem hat Schmidt Wanyoike zum nächsten Nürnberg-Marathon eingeladen.

Henry Wanyoike und Hannes Schmidt: Zwei Gesichter aus der Menge der 2.951 Läuferinnen und Läufer, die am Sonntag beim zweiten Internationalen TUI-Marathon an den Start gegangen waren, davon 1.129 beim Marathon (914 Männer, 215 Frauen), 1.510 beim Halbmarathon (102 Männer, 448 Frauen) und 312 beim zehn Kilometer langen FunRun (162 Männer, 150 Frauen). Um 9.30 Uhr hatte der Vorstandsvorsitzende der TUI Deutschland AG, Michael Frenzel, den Startschuss für den Lauf gegeben, die Wetterbedingungen hätten nicht besser sein können: trocken, 23 Grad. Rund 30.000 Zuschauer waren gekommen, um die Sportler anzufeuern. 30 Nationalitäten waren vertreten, bis hin zu Neuseeland, Peru und der Mongolei, dennoch kamen 75 Prozent der Teilnehmer aus Deutschland.

Ein Grund für Palmas Bürgermeisterin Catalina Cirer, im nächsten Jahr noch stärker die Werbetrommel zu rühren: ýWir wollen noch mehr Festlandspanier und Mallorquiner zum Palma-Marathon bringen", sagte sie, zeigte sich aber schon jetzt sehr zufrieden mit dem Event: ýDas wird Palmas Ruf als Sportdestination stärken, ich denke, in vier, fünf Jahren wird sich der Marathon fest etabliert haben."

Der Gewinner des Marathons, Vicente Ogazón, kam aus Arenal und war überglücklich nach dem Zieleinlauf: ýIch bin schon viele Marathons gelaufen, aber das hier ist mein erster Sieg", sagte der Läufer, der im mallor-

quinischen Club CA Fidípides trainiert.

Die Marathon-Gewinnerin bei den Frauen, Susanne Zettel, zeigte sich vor allem über die Zuschauer begeistert: ýIch wurde toll angefeuert und motiviert." Für die Sportlerin aus Forchheim kam ihr Sieg übrigens doppelt überraschend: Sie hatte auch die Reise und den Start beim TUI-Marathon gewonnen.

Nach dem Erfolg in diesem Jahr steht der Termin für den nächsten Marathon auf der Insel schon fest: Die dritte Ausgabe des Internationalen TUI-Marathons Palma de Mallorca findet am 22. Oktober 2006 statt.

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