Stefan Glowacz zählt zu den besten Bergsteigern der Welt, und vom 11. September an trifft er sich auf Mallorca mit Kollegen zum Psicobloc-Klettern. Das seilfreie Klettern über dem Meer hat Glowacz im vergangenen Jahr erstmals auf der Insel ausprobiert. Nachdem Miquel Riera, der Pionier dieser Sportart auf Mallorca, ihm die Routen gezeigt hatte, war er total begeistert. Das Besondere: „Man hat eine ähnliche Spannung wie beim seilfreien Klettern in den Bergen und muss sich überwinden, an seine Grenzen gehen, um bestimmte Stellen zu meistern. Aber wenn man fällt, dann fällt man eben ins Wasser, nicht auf den harten Felsboden", sagt Glowacz.

Der erfahrene Alpinist gewann 1985 die erste Weltmeisterschaft im Freiklettern, drei Mal siegte er beim „Rockmaster", dem Wimbledon der Sportkletterer. In Albertville entschied er 1992 den olympischen Demonstrationswettbewerb für sich und überwand dabei die höchsten Schwierigkeitsgrade. Seit einem schweren Sturz 1999 klettert er allerdings nur noch mit Seil. In einem Kletterpark in der Nähe seines Wohnortes Garmisch-Partenkirchen war er aus acht Meter Höhe auf den Waldboden geknallt. Ein stabil scheinender Stein, an dem er sich festhielt, war aus dem Fels gebrochen. „Man kann nie in den Fels hineinschauen", sagt er. „Ich habe das zum Glück überlebt, das war aber ein Schuss vor den Bug, seitdem bin ich nie wieder ohne Seil geklettert. Bis zum vergangenen Jahr auf Mallorca", fügt der 43-Jährige hinzu.

Stefan Glowacz unternahm in den vergangenen Jahren Expeditionen an entlegene Felswände, die zum Teil noch nicht begangen worden waren. So führten ihn Touren nach Patagonien (Argentinien), Kanada und in die Antarktis. Dabei versuchte er, auch die Anfahrt zum Berg ohne technische Hilfsmittel zu bewerkstelligen. „Mir geht es nicht nur darum, eine Wand hinaufzukommen. Wichtig ist für mich auch, wie ich vom letzten Zivilisationspunkt zu dieser Wand komme, wie ich sie durchsteige und wie ich wieder zurückkomme." Seine Touren stellen höchste Ansprüche an ihn und sein Team. „Wenn ich beispielsweise durch eine 800 Meter hohe Wand klettere, können viele Probleme auftreten", sagt er: Man laufe Gefahr, von einem Steinschlag erfasst zu werden. Auch könne es passieren, dass man sich abseile und nicht mehr an den Startplatz herankomme. Gefahren stellen auch Witterungsumschwünge dar, besonders in Patagonien.

Deswegen hat der dreifache Familienvater seine Ziele aber nicht zurückgeschraubt. „Dass ich Kinder habe, hat für mich nichts verändert. Ich bin ja auch vorher kein Hasardeur gewesen, der sich in Lebensgefahr begibt, um seinen Kick zu bekommen." Angst sei bei dem Sport kein Hindernis, sondern sogar wichtig: „Sie macht aufmerksam." Die Kunst beim Bergsteigen liege darin, Risiken zu vermeiden. Es sei wichtig, zu agieren statt zu reagieren. „Reinhold Messner hat uns das vorgemacht", sagt er. Die meisten Unfälle, wie zuletzt am berüchtigten K2 im Himalaya-Gebirge, resultierten aus Unerfahrenheit. „Wenn Menschen mit Führern in Gegenden vordringen, in die sie sich allein nicht wagen, entsteht ein Risiko", sagt er. Wenn Profis verunglückten, hätten sie es meistens in Kauf gekommen. „Ich weiß vorher, ob an einer Wand Eisschläge drohen oder das Gelände extrem verspaltet ist", so Glowacz.

Mallorca als Vorbereitung

Für das kommende Frühjahr plant Glowacz eine Tour nach Südamerika. Dort gibt es riesige, bis 1.000 Meter hohe Granitdome, die bislang noch keiner bezwungen hat. Danach soll es für ihn erstmals in den Himalaya gehen, ein Gebirge, das Glowacz bislang ausgespart hatte. „Mir geht es um Erstbesteigungen, nicht um Höhe, das ist für mich kein Kriterium. Wenn ich auf 6.000 statt auf 8.000 Meter rauskomme, ist mir das gleichgültig."

Auf Mallorca wird er sich auf diese Touren vorbereiten. Es soll eine Art Trainingslager werden, in dem er „viel klettern und Fahrrad fahren möchte".

Wie lange kann man diesen anspruchsvollen Sport überhaupt betreiben? Der 43-Jährige gibt sich ehrgeizig. „Ich habe noch so viele Ziele im Kopf, dass ich noch einige Jahre weitermachen möchte, um mir wenigstens die Rosinen herauszupicken." Doch auch ein Athlet wie er merkt deutlich das Alter: „Ich habe gemerkt, dass mein Körper nachlässt. Ich trainiere teilweise mit jungen Kerlen im Alter von 18 bis 20 Jahren. Wenn ich mit denen eine Trainingstour mache, brauche ich zwei Ruhetage. Die Jungs machen dagegen am nächsten Tag noch mal das Gleiche." Darüber sei er aber nicht unglücklich. Seine Wettkampfphase habe er abgeschlossen. Er setzt mehr auf Expeditionen, bei denen die Erfahrung wichtiger ist. „Gelassenheit, gerade im Team, ist das Wichtigste, Situationen richtig einzuschätzen und nicht wie ein Heißsporn sofort in jede Wand einzusteigen." In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

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