Selbst nach Jahren der ständigen Machtkämpfe und verletzten Eitelkeiten ist es noch immer verblüffend, zu welchen Wendungen es bei Real Mallorca kommt. Seit der desaströsen 0:1-Niederlage gegen Hércules Alicante am Samstag (15.2.) geht es wieder drunter und drüber beim Inselclub. Das Publikum hatte in Son Moix ungewöhnlich heftig seinen Zorn gezeigt. Sprechchöre und weiße Taschen­tücher richteten sich gegen ­Spieler, Trainer José Luis Oltra und die gesamte Führungsriege. Oltra gab sich dennoch seelenruhig. „Ich könnte eine Entlassung nicht nachvollziehen. Ich fühle mich stark und will meinen Vertrag erfüllen", sagte er Minuten nach der peinlichen Vorstellung seiner Truppe.

Noch am selben Abend deutete Llorenç Serra Ferrer die Entlassung des Trainers an. Der Hauptaktionär, Vizepräsident und - bis zu seinem Rücktritt am Montag - sportliche Leiter von Real Mallorca möchte Oltra schon seit Wochen loswerden, kann eine solche Entscheidung aber nicht mehr alleine fällen, seit alle Beschlüsse den Verwaltungsrat passieren müssen. Dort geht ohne die Zustimmung von Utz Claassen nichts mehr. Der deutsche Aktionär hatte sich bislang immer für Oltra stark gemacht und kehrte erst am Montag von einer Geschäftsreise aus Asien zurück.

Vom Flughafen ging es dann direkt ins Stadion, um über die Trainer­frage zu diskutieren. Offenbar ist jetzt auch Claassen von Oltra abgerückt. Serra Ferrer schlug ­Lluis Carreras und Javier Olaizola vor. Der ehemalige Fußballprofi Carreras, der von 1996 bis 2001 in der Abwehr von Real Mallorca stand, leitete zuletzt das Training beim Ligarivalen Sabadell. Olaizola ist derzeit Übungsleiter der U16-Auswahl von Real Mallorca. Doch Claassen wollte weder von dem einen noch von dem anderen etwas wissen. Sie hätten nicht das Format, um dem Inselclub weiterzuhelfen: „Ich werde niemanden mit weniger Erfahrung unterstützen. Einen Oltra durch einen Mini-Oltra zu ersetzen, ist keine Lösung", sagte er nach dem Krisen­gespräch.

Stattdessen warf er den Namen Miguel Ángel Nadal öffentlich in den Ring. Der Onkel von Mallorcas Tennis-Ass Rafael Nadal spielte elf Jahre bei Real Mallorca und war unter dem dänischen Trainer Michael Laudrup von Juli 2010 bis September 2011 Co-Trainer. Laudrup verließ den Club, nachdem er sich mit Serra Ferrer überworfen hatte. Miguel Ángel Nadal zog sich zurück, weil er die Behandlung Laudrups für unfair hielt. Claassen kaufte damals die Aktienanteile der Familie Nadal auf. Am Montagabend sagte er: „Nadal ist das größte Aushängeschild des mallorquinischen Fußballs und ein Mann mit Sieger-Gen. Es wäre an der Zeit, ihn wieder miteinzuspannen."

Es gab nur ein Problem: Miguel Ángel Nadal war gar nicht gefragt worden. Der ehemalige Barça-Spieler schaute ziemlich erstaunt in die Kameras des Inselsenders IB3, als er von Reportern auf seinen neuen Job angesprochen wurde. Tags drauf ruderte Michael Blum, Generaldirektor des Clubs und Sprecher Claassens, denn auch zurück. Utz Claassen habe „eher abstrakt" von einem Trainer „mit dem Profil vom Typ Miguel Ángel Nadal" gesprochen.

Nachdem Serra ­Ferrer und Claassen sich nicht einigen konnten, trat der Mallorquiner Montagabend überraschend von seinem Posten als sportlicher Leiter zurück. Die beiden wichtigsten Aktionäre des Clubs bekriegen sich seit gut zwei Jahren in wechselnden Allianzen mit den anderen Mitgliedern des Verwaltungsrates. Zuletzt entmachteten sie jedoch gemeinsam den verhassten und noch amtierenden Clubpräsidenten Biel Cerdà. Seit dieser Volte müssen sie miteinander auskommen - zumindest solange Llorenç Serra Ferra sein Aktien­paket von 49,6 Prozent nicht abgibt.

So trafen sich die beiden am Dienstag erneut - offenbar mit mehr Erfolg. Michael Blum formulierte es am Dienstagabend (18.2.) bei einer Pressekonferenz so: „Serra Ferrer und Claassen sind sich in vielen Punkten einig geworden." Details nannte er nicht.

Neuer sportlicher Leiter wird jedenfalls der bisherige Jugendkoordinator Toni Prats. Er gilt als enger Vertrauter von Serra Ferrer und soll nun einen Vorschlag für die Besetzung des Trainerpostens machen. Wie es mit dem glücklosen José Luis Oltra weitergeht, ist nicht schwer vorherzusagen: Sollte das Team am Samstag (22.2.) bei UD Mirandés nicht gewinnen, dürfte der Valencianer seinen Job definitiv los sein. Blum sagte dazu nur: „Wir gewinnen am Samstag."

Die Partie am Samstag (22.2.) um 18.15 Uhr bei UD Mirandés in der Kleinstadt Miranda del Ebro wird zeigen, wohin der Weg von Real Mallorca führt. Derzeit liegt der Club zehn Punkte hinter dem Tabellenführer Eibar. Und nur fünf Punkte vor dem Schlusslicht

Mirandés.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 20. Februar (Nummer 720) lesen Sie außerdem:

- Dieses Mal zählt nur Gold: Bahnradfahrer David Muntaner

- Deutsche Prinzessin übt für spanische Schwimm-Meisterschaften