Hätte man Malik Fathi vor einem Jahr erzählt, dass er eines Tages in der dritten spanischen Liga auf Mallorca Fußball spielen würde, hätte er wohl nur müde gelächelt. Damals stand er noch in Diensten des Bundesligisten FSV Mainz 05. Jetzt, zwölf Monate später, hat sich das Leben des in Berlin geborenen 31-jährigen linken Verteidigers radikal geändert. „Ich habe mich gegen besser bezahlte Angebote und für die Lebensqualität der Insel entschieden", sagt er in einem Telefongespräch mit der MZ.

Seit Sommer stand der 1,85 Meter große Sohn eines Türken und einer Deutschen aus Berlin sprichwörtlich auf der Straße. Sein Vertrag in Mainz wurde nicht verlängert, der zweifacher Nationalspieler und Akteur mit 175 Bundesligaeinsätzen fand keinen neuen Verein und kassierte seitdem rund 2.000 Euro Arbeitslosengeld im Monat. Woran es lag, dass ihn die Clubs verschmähten, ist nicht recht nachzuvollziehen. Von Verletzungen war Fathi im Großen und Ganzen verschont geblieben und große Patzer unterliefen ihm nicht.

Das einzig Positive sei gewesen, so sagte er vor Kurzem in einem Interview, dass er plötzlich sehr viel Zeit für seinen neugeborenen Sohn und seine Frau hatte. Bis Januar 2015 hatte sich Fathi selbst ein Ultimatum gestellt: Entweder ein neuer Vertrag - oder das Karriereende. Geld war nicht das Problem. Davon hatte er genug verdient in seiner mehr als zehn Jahre dauernden Profi-Laufbahn mit Stationen wie Hertha BSC Berlin, Kayserispor und 1860 München. Vor allem die zwei Jahre bei Spartak Moskau (2008-2010) dürften sich aus finanzieller Sicht gelohnt haben. Fathi hätte es sich also gemütlich machen können.

„Doch dann kam der Kontakt zu Atlético Baleares zustande", erzählt der Berliner. Er sitzt an diesem Mittwoch in einem Blockseminar in seinem Sportmanagement-Studium in Sankt Gallen und hat gerade ein paar Minuten Mittagspause. Der Verteidiger hatte sich in den vergangenen Monaten bei der U23-Mannschaft von Hertha BSC in seiner Heimatstadt fit gehalten. Deren Trainer Ante Covic ist ein guter Bekannter von Atlético Baleares-Hauptaktionär Ingo Volckmann und dem Sportlichen Leiter, Patrick Messow. So erfuhr Fathi von der Existenz des Inselclubs. „Ich habe das erst einmal im Hinterkopf geparkt, aber es hat mich von Anfang an fasziniert, auf Mallorca zu spielen."

Als sich dann im Januar das Transferfenster öffnete, wurden die Gespräche schnell sehr konkret. Der Drittligist von der Insel braucht in seinem Abstiegskampf dringend Verstärkung. Fathi hatte zwar auch andere Angebote vorliegen, zuletzt ein sehr konkretes vom österreichischen Erstligisten Sturm Graz. „Das hätte ich nur unterschreiben müssen, aber dann habe ich mehrere Dinge gegeneinander abgewogen und mich für Atlético Baleares entschieden." Der Reiz, auf Mallorca etwas ganz Neues anzufangen, war groß.

Für Atlético habe unter anderem gesprochen, dass der Club in nächster Zeit den Weg in die Zweite Liga anstrebt. Außerdem sicherte ihm der Club zu, sein Fernstudium in Sankt Gallen zu Ende absolvieren zu können. Im Juni hält Fathi, wenn alles glatt läuft, sein Diplom in der Hand und kann noch seinen Master­abschluss draufsetzen. Letzterer muss allerdings noch bis Sommer 2016 warten - so lange läuft sein Vertrag mit dem Insel-Drittligisten.

Fathi wird am Montag (9.2.) zur offiziellen Präsentation erwartet und könnte am Wochenende darauf zum ersten Mal zum Einsatz kommen. „Wobei er keinen Freifahrtschein bekommt", sagt Patrick Messow. Und auch Fathi gibt sich bescheiden: „Ich bin immer ein Anhänger des Leistungsprinzips gewesen. Auch ich muss mich erst einmal integrieren und einen Platz im Team erobern."

Mit der Sprache sollte es keine größeren Probleme geben, schließlich lernte Fathi in der Schule Spanisch. Und wenn es doch mal zu Verständigungsschwierigkeiten kommen sollte, kann sein Landsmann Thilo Leugers aushelfen, der schon länger bei Atlético Baleares weilt.

Bleibt noch die Frage, wie sich Atlético Baleares mit einem Budget zu Beginn der Saison von rund einer halben Million Euro einen Spieler des Kalibers Malik Fathi leisten kann, der einen offiziellen Marktwert von 800.000 Euro hat. Patrick Messow will natürlich keine Zahlen nennen, aber sagt: „Von allen Angeboten, die er hatte, war unseres das mit Abstand am niedrigsten dotierte. Aber wir zahlen ihm auch nicht nur 1.000 Euro im Monat." Denn schließlich steigere eine solche Verpflichtung die mediale Aufmerksamkeit am Club ganz enorm. Real Mallorca müsse jetzt erst einmal nachziehen, sagt er halb im Scherz, halb im Ernst.

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