Der Gang an die Startlinie ist nach so langer Zeit für viele Läufer ungewohnt: Wenn beim Palma Marathon am Sonntag (10.10.) wieder 42,195 Kilometer anstehen, dürfte es im Bereich vor der Kathedrale kuschlig werden wie in Vor-Corona-Zeiten. Es ist das größte Massen-Volkssport-Event auf der Insel seit dem Ausbruch der Pandemie. Der Startschuss fällt um 8 Uhr am Paseo Marítimo vor der Kathedrale. Bis zum Nachmittag ist mit weitläufigen Straßensperrungen zu rechnen. Wer noch keine Startnummer hat, schaut in die Röhre: Die Tickets sind ausverkauft. Die MZ hat mit Veranstalter David Thompson von der Eventfirma Kumulus über die sportfreie Zeit, das Geschäft und Laufveranstaltungen zu Corona-Zeiten gesprochen.

Wie organisiert man zu Corona-Zeiten ein derart großes Event, wenn es von der Furcht vor einem neuen Infektionsherd und vor einer Absage überschattet wird?

Wir bekommen viele Infos aus erster Hand von den Behörden. Das Gesundheitsamt hat Prognosen, wie die Pandemie voranschreitet. Mit denen lag es bislang richtig. Als Veranstalter müssen wir dann entscheiden, ob wir das Risiko eingehen wollen und etwa darauf spekulieren, ob einige Corona-Maßnahmen bis zum Event doch noch gelockert werden. Mancher Veranstalter hat sich bei der Teilnehmerzahl vertan oder wurde von neuen Restriktionen überrascht. Wir sind mit dem Marathon immer konservativ verfahren und haben beschlossen, dass wir mit der Hälfte der früheren Zahl an Läufern kalkulieren, also etwa 5.000. Die Regeln erlauben pro Distanz bis zu 3.000 Teilnehmer.

Das sind immer noch viele Menschen. Wie verhindern Sie Ansammlungen?

Die Marathon- und Halbmarathon-Läufer sind schon um 8 Uhr morgens an der Reihe. Die Zehn-Kilometer-Läufer – sie machen knapp 2.000 Personen aus – starten dagegen um 8.45 Uhr von der Avinguda Antoni Maura. Somit haben wir zwei Gruppen. Wir wenden auch Corona-Maßnahmen an, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Die Läufer müssen ein Corona-Zertifikat vorzeigen. Wer das nicht hat, kann vor Ort für 25 Euro einen Antigen-Test machen. Die Athleten müssen den ersten Kilometer mit Maske laufen, erst dann kann sie in bereitstehende Tonnen geworfen werden. Somit schaffen wir eine Art Blase für die Sportler.

Die Läufer müssen sich darauf einstellen, dass einige Programmpunkte entfallen …

Es gibt keine Physiotherapeuten und keine Duschen. Den Kids Run können wir nicht austragen, da er zu viele Zuschauer anlockt. Die Organisation der Besucher ist für uns ein größeres Problem als die der Läufer. Der Zugang zum Start-Ziel-Bereich wird beschränkt sein, aber wir können den Menschen auf der Straße nicht verbieten zuzuschauen. Eine After-Party im Megapark ist natürlich nicht möglich. Dennoch sind wir ausverkauft und mussten rund 150 Interessierten absagen.

Können Sie die Teilnehmerzahl nicht noch erhöhen?

Das Event ist für 5.000 Personen geplant. Da hängt ein Rattenschwanz dran. Ich will nicht riskieren, dass am Ende Wasser, Bananen oder Medaillen knapp werden. Im Endeffekt war die Einschreibung ein Jahr lang geöffnet.

Lohnt sich so ein „halber“ Marathon überhaupt finanziell für Sie?

Die Kosten für den Aufbau des Eventgeländes sind die gleichen. Bei Verpflegung, T-Shirts und Medaillen sind die Ausgaben aber entsprechend geringer. 40 bis 50 Prozents des Budgets sind durch den Verkauf der Startnummern gedeckt. Der Rest kommt durch Sponsoren und staatliche Fördermittel. Unsere Einnahmen gleichen denen von bisherigen Marathon-Events.

Der Marathon ist bei Ausländern beliebt. Hat sich das durch Corona geändert?

Nein, 85 Prozent der Teilnehmer sind Ausländer. Die Deutschen haben sogar zugelegt und machen mit 43 Prozent den größten Anteil der Läufer aus. Hingegen sind nur 15 Prozent Spanier. Die Einheimischen halten das Event für teuer. Sie wollen einen Ferrari zum Preis von einem Seat kaufen.

Wie sehr hat sich die Krise auf Ihr Unternehmen Kumulus ausgewirkt?

Wir hatten Ersparnisse, von denen wir leben konnten. Mit staatlichen Hilfen konnten wir verhindern, dass sich Schulden anhäufen. Meine neun Mitarbeiter waren anfangs in Kurzarbeit und haben später halbtags gearbeitet. Im August 2020 fingen wir mit kleinen Events an. Da ging es weniger ums Geld, sondern mehr darum, eingespielt zu bleiben. Die Ersparnisse sind nun zwar weg, aber wir können schuldenfrei ins nächste Jahr starten, von dem ich ausgehe, dass es wie früher sein wird.

Sie veranstalten zahlreiche große Sportevents auf der Insel. Wie sind Sie in diese Branche gekommen?

Ich war schon immer sportbegeistert und komme eigentlich aus der Welt des Segelns. Als ich mit 18 Jahren von Menorca nach Mallorca zog, bekam ich ein Angebot, um bei Intersport zu arbeiten. Vor der Jahrtausendwende hatte sich das Sportartikel-Unternehmen als einziges auf Triathlon spezialisiert. Das gefiel mir, und mit Freunden haben wir Wettkämpfe organisiert, um selbst daran teilzunehmen. Anfangs arbeitete ich noch fünf Jahre für eine andere Firma, ehe ich mein eigenes Unternehmen gründete.

So gesehen haben Sie für den Triathlon-Boom auf der Insel gesorgt?

Ich sehe mich schon als Pionier. Wir haben damals auch den Triathlonverband gegründet.

Im Oktober häufen sich Sportevents. Wie sehr hilft das, die Saison zu verlängern?

Das ist ein bisschen der Hintergedanke. Die Sportler geben im Schnitt 30 bis 40 Prozent mehr aus als Badeurlauber. Am Freitag und Samstag vor dem Marathon ist Palmas Zentrum meist voll. Man spürt das Ambiente. Für die Sportevents ist die Insel im Frühjahr und Herbst perfekt. Ich habe keinerlei Intention, woanders Events zu veranstalten. Mallorca ist the place to be. Das hängt natürlich auch von den Hotels und den Flügen ab. Ich habe auch versucht, große Events im November auf die Beine zu stellen. Das hat aber nicht geklappt.