Zwei Angestellte trennen mit Messern Blätter einer Opuntie ab und legen sie mit Spezialgabeln auf eine Schubkarre. Wenn sich die Schnittwunden geschlossen haben, werden die Blätter hochkant - mit einer dicken Schicht Zeitungspapier dazwischen - so aufgestellt, dass die Dornen keinen Schaden anrichten. Die Blattableger der Feigenkaktusart sind für den Versand nach Holland bestimmt.

„Man mag Kakteen oder man mag sie nicht", sagt Toni Moreno, Gründer der gleichnamigen Gärtnerei in Ses Salines. Ein Dazwischen gebe es nicht. Er mag die meist stachligen Gesellen nicht nur, sie sind seine Leidenschaft. Es gibt keinen Kakteenliebhaber auf der Insel, der ihn nicht kennt und sein enorm großes Sortiment noch nicht besichtigt hat: Es wächst auf drei Hektar Land, davon sind 3.500 Quadratmeter überdacht. Der 76-Jährige schaut hier regelmäßig vorbei, auch wenn er die Leitung des Unternehmens vor Jahren an seine Tochter Antònia Portell und Schwiegersohn Fabricio Castello übergeben hat. Wie viele Arten und Exemplare hier wachsen, weiß keiner von ihnen. Sicher ist nur, dass sich hier die meisten Kakteen auf der Insel versammeln. „Bei uns überleben sogar Arten, die dort, wo sie wild vorkommen, bereits ausgestorben sind", erklärt der Ruheständler.

Die robusten unter den Gewächsen wurzeln auf den Feldern rund um die Gärtnerei. Am häufigsten vertreten ist der im Deutschen Schwiegermutterkissen genannte Echinocactus grusonii. Doch zu ihm später mehr. Auch die roten Ferro-Kakteen - sie bilden ovale Formen - sind reichlich vertreten. Die Blüten, die im vergangenen Frühjahr ihre Blätter öffneten, sind jetzt verblüht. Nachdem sie im Vorjahr Früchte und Samen bildeten, sammelte man diese sorgfältig. Sie sind für den Versand und zur Vermehrung in der Gärtnerei bestimmt.

Kälteempfindliche Sukkulenten und kleinere Kakteen wachsen unter Dach. Hier sind auch die zahlreichen Sorten der hochwachsenden Säulenkakteen untergebracht, die das Klima im Freien zwar vertragen, doch in der Halle vor Wind und Unwetter geschützt sind.

Die Kinderstube für Mini-Kakteen ist in einem Gewächshaus am Dorfrand von Ses Salines untergebracht. Hier wachsen am Eingang Tausende von Lithops, die „Lebende Steine" genannt werden und auch so aussehen. Zu sehen sind auch Tütchen, in denen die Samen stecken, neben denen der Kopf einer Stecknadel riesig wirken würde. Bis ein Kaktus daraus wächst, vergeht viel Zeit. „Wir bestäuben hier mit Pinseln, weil keine Bienen unterwegs sind, aber auch, um die Sortenreinheit zu sichern", sagt Tochter Antonia Portell. Im Gewächshaus am Dorfrand und im Gartencenter vor Ses Salines können Kunden Kakteen kaufen und gleich mitnehmen.

Ansonsten ordern Inselgärtnereien, aber auch Großhändler vom spanischen Festland Pflanzen. „Vor allem deshalb, weil wir immens viele Sorten in allen Größen liefern können", erklärt Antònia Portell.

Bestellungen treffen auch regelmäßig von Großhändlern aus Italien und Frankreich ein. Durch die Trockenheit in den Mittelmeerländern hat die Beliebtheit der meist aus Wüsten stammenden Gewächse zugenommen. Aber auch, weil keine Gefahr besteht, dass das Feuerbakterium Xylella die Dickhäuter ansteckt. Längst ist bei Gartenarchitekten, die wassersparende Gärten entwerfen, der Name „Toni Moreno" ein Begriff, im Kakteen-Business wirkt er mittlerweile wie eine Marke.

Doch dies ist sein „mal nom", wie man auf der Insel Spitznamen nennt. Eigentlich heißt der salinero Antonio Portell. Doch daran erinnert sich niemand mehr und auch nicht, dass er 1972 mit einer Holzkiste voll Pflanzen damit begann, Kakteen und Sukkulenten zu vermehren. Dies gelang von Anfang an bestens, was zum einen am Klima im Süden Mallorcas liegt. Hier finden die Trockenheit liebenden Pflanzen Temperaturen zwischen Null und 40 Grad - ähnlich wie in ihren Heimatländern - vor. Zum anderen lag es jedoch auch am Know-how Morenos. Die Ehefrau des Bankiers Juan March - sie stammte ebenfalls aus Ses Salines - hatte dem jungen Mann die Ausbildung an einer Gartenbauschule in Barcelona finanziert. Im Anschluss daran übernahm er die Pflege des March-Gartens mit einer großen Kakteensammlung. Häufig schickten ihn die Besitzer zum Pflanzenkauf in die Herkunftsländer der Kakteen. Und so kam es, dass auch die private Sammlung Morenos schon bald stattliche Ausmaße annahm, die Holzkiste war mittlerweile fünf Meter lang.

Eine weitere Etappe zum Erfolg war der im Deutschen „Schwiegermutterkissen" genannte und zuvor bereits erwähnte, gelbe Kugelkaktus. Kurz nach der Jahrtausendwende bestellten Pflanzenhändler aus China große Mengen - er gilt im Fernen Osten als Glücksbringer. Die Chinesen produzieren den Kugelkaktus mittlerweile selbst. „Unsere Qualität erreichen sie nicht", sagt Moreno. Die Handelsbeziehung sorgte jedoch für neue internationale Kontakte.

Wie zum Beispiel Züchter in Holland, dort finden regelmäßig Kakteen-Versteigerungen statt, die Opuntienblätter werden bereits erwartet. Gelegentlich ersteigern Liebhaber von der Insel Exem­plare von Toni Moreno. Dann landen Kakteen seiner Gärtnerei über Umwege wieder auf der Insel.

www.cactustonimoreno.com