Es war der Anblick all der Busse und Menschenmassen, die sich an einem gewöhnlichen Hochsommertag in der Bucht von Sa Calobra drängten, der Caterina Amengual schlagartig klar werden ließ: Hier, am Fuße der spektakulärsten Serpentinenstraße der Insel, wo der Torrent de Pareis sich zum Meer hin öffnet, ist es zu voll. Die Felsenschlucht sei ein Naturdenkmal und als solches müsse es Besuchern zugänglich sein, sagt die neue Generaldirektorin für Naturräume und Artenvielfalt im balearischen Umweltministerium. „Aber es braucht Einschränkungen und Regeln. Nur um ein Foto zu machen, können die Leute auch woanders hinfahren."

Solch deutliche Worte aus dem Mund einer hochrangigen Ministeriumsmitarbeiterin waren unter der konservativen Vorgängerregierung selten, wenn es um die Serra de Tramuntana ging. Bisweilen schrieen vor allem Umweltaktivisten und Naturliebhaber nach mehr Engagement für Mallorcas Bergwelt, während die Politik das Budget zum Schutz und Erhalt der Serra immer weiter zusammenstrich. „Bis zum Ende der Legislatur war das nicht verbeamtete Personal für Mallorcas Naturräume um 21 Prozent geschrumpft", erzählt Amengual. Gestrichen habe man Stellen von Sachbearbeitern, Umweltbeamten und Pädagogen für Schulprojekte - obwohl die Abfindungszahlungen wohl sogar höher ausfallen werden als die mit den Entlassungen erzielten Einsparungen.

Vor Ort in der Serra gibt es derzeit noch einen Umweltbeamten und den Mitarbeiter des Tramuntana-Informationszentrums an der Pilgerstätte Lluc. „Die Idee der PP war es, mit der Serra Geld zu verdienen", kritisiert Amengual ihre Vorgänger. Sei es, indem man die Bergkulisse für Hochzeiten und andere Events vermarktet, für bestimmte Bergsport­aktivitäten Gebühren verlangt oder am Tramuntana-Museum in Lluc Eintritt kassiert - wodurch die Besucherzahl gleich mal um die Hälfte einbrach. All das komme in den kommenden Monaten auf den Prüfstand, kündigt die Generaldirektorin an. Die studierte Umweltwissenschaftlerin - der Umweltminister hat denselben Uniabschluss plus einen Master in „Geschützte Naturräume" - will nun alles anders, natürlich besser machen. „Hier sitzen jetzt Leute, die Ahnung von der Materie haben."

Dass es dafür allerhöchste Zeit wurde, findet auch Macu Férriz von der Stiftung Vida Silvestre del Mediterráneo, die das inselweit erste, auf einer Privatinitiative beruhende Berg-Schutzgebiet betreut. „Die Vorgängerregierung hatte nicht den geringsten Respekt vor der Naturlandschaft. Was sie betrieb, war keine Spar­politik, sondern die Demontage der Naturparks und Schutzgebiete." Mit den Linksparteien habe in die Ministerien nun ein anderer Wind Einzug gehalten. Vielen Leuten sei beispielsweise bewusst, dass man den Touristenzustrom in der Serra kontrollieren müsse, damit sich nicht die gleichen Fehler wie an der Küste wiederholten. „Ich hoffe, dass sie das auch umsetzen, und die Tramuntana nur soweit als Reiseziel vermarktet wird, wie es die vorhandenen Ressourcen zulassen", sagt Férriz zuversichtlich.

Die Theorie jedenfalls hat Caterina Amengual schon klar vor Augen. „Als Erstes müssen wir die Grenze zwischen Naturschutz und Tourismus überwinden, denn es geht um die gleiche Sache, beides muss Hand in Hand gehen." An einem Strang wolle man künftig außerdem mit den Grundstückseigentümern in den - zu über 90 Prozent privaten - Bergen ziehen. Diese sähen Wanderer bislang als Bedrohung an und das Reinemachen auf ihren weitläufigen Anwesen als Last. „Von dieser Denkweise müssen wir weg, indem wir ihnen einen Tausch anbieten, nach dem Motto: wir halten die Wege in Schuss, klären die Wanderer auf und du erneuerst deine Terrassenfelder."

Als Vorbild könne ein Projekt auf Menorca dienen, wo Bauern für das vorbildliche Bewirtschaften ihrer Höfe entlohnt werden. „Geld können wir ihnen zwar nicht bieten, da keines da ist, aber denkbar sind Vergünstigungen und andere Anreize", erklärt Amengual. Unabdingbar sei angesichts der begrenzten Finanzen auch ein stärkeres Engagement der Gesellschaft - sei es durch Freiwilligeneinsätze oder die verstärkte Zusammenarbeit mit Mallorcas Bergsportverband. Zusammen mit den Vereinsmitgliedern habe man vor Kurzem bereits die Seile und Tritteisen am Aufstieg zum Puig Tomir bei Lluc erneuert. „Aber die Vereine werden sich in Zukunft noch mehr einbringen müssen."

An anderer Stelle jedoch scheint der Regierungswechsel eher zu Stagnation und Rückschritt zu führen: beim Welterbe-Konsortium, das infolge der Erlangung des Unesco-Titels im Jahr 2011 ins Leben gerufen wurde und bislang ohnehin kaum mit großen Taten von sich reden machte. Vor zweieinhalb Jahren hatte es mit Tomeu Deyà endlich einen Geschäftsführer bekommen, der mit den wenigen Ressourcen, die ihm zur Verfügung standen, sein Möglichstes versuchte. 2014 etwa wurden erstmals Subventionen an Grundstücksbesitzer ausgezahlt, die Olivenhaine aufforsteten oder Trockensteinmauern wiederaufbauten. „Ich hoffe, die Neuen machen damit weiter", sagt Deyà - denn er muss nun, obwohl er kein politisches Amt inne hatte, seinen Hut nehmen. Was mit den Projekten, die er angeleiert, oder den Kontakten zu Experten und Beratungsfirmen, die er aufgebaut hat, passiert, ist unklar - und über seine Nachfolge noch nicht entschieden.