Wie feiern die Einheimischen auf Mallorca eigentlich Ostern?

Die Semana Santa ist auf der Insel gelebte Tradition – ob bei Gebäck und Leckereien, besonders geschmückten Altären, Pilgerwanderungen, Kreuzabnahmen oder Sketch-Comedy

Die Kreuzabnahme in Felanitx, an der 100 Laiendarsteller aus dem Ort mitwirken.

Die Kreuzabnahme in Felanitx, an der 100 Laiendarsteller aus dem Ort mitwirken. / Sierra

Simone Werner

Simone Werner

Sie wollen die Osterfeiertage wie Mallorquiner begehen? Hier kommen ein paar alphabetisch geordnete Tipps zu Bräuchen:

Brulls und Cases Santes – die geschmückten Altäre

Wenn Sie am Gründonnerstag oder Karfreitag in Kirchen und Klöstern unter anderem in Palma zu Besuch sind, werden Ihnen sicherlich die sogenannten „Cases Santes“ (Heiligen Gräber), auffallen. Dabei handelt es sich um geschmückte Altäre und Kapellen, deren Herzstück geschlossene Urnen sind. In Letzteren werden die Hostien aufbewahrt, die den Leib Christi symbolisieren. Womöglich finden Besucher auch Blumentöpfe mit hellen Garben, den sogenannten brulls, vor. Sie wurden zuvor aufwendig gezüchtet und sind im Dunkeln herangewachsen – daher die weißliche Farbe.

Die „Heiligen Gräber“ haben eine lange Tradition, die bis aufs Mittelalter zurückgeht. In der Kathedrale ist die „Casa Santa“ etwa am Gründonnerstag nach der Messe (circa 19.30 Uhr) zu bestaunen. Die mit immer prächtigerem Blumenschmuck dekorierten Gräber sind eine Form der Gläubigen, ihre Trauer über den Tod von Jesus Christus zum Ausdruck zu bringen.

Crespells und Robiols – süße Leckereien

Wie zu anderen Feiertagen auch, haben die Mallorquiner auch zu Ostern eigene Leckereien. Da wären etwa die gefüllten Teigtaschen „Rubiols“ oder die dicken Plätzchen „Crespells“. Rubiols erkennt man leicht an ihrer Form (Halbmond). Die süßen Teigtaschen sind klassischerweise mit Marmelade, Frischkäse („Brossat“), Kürbismarmelade („Cabell d’Angel“), Schokolade oder Sahne gefüllt. Aber es gibt auch welche mit Schokolade oder Sobrassada.

Die Traditionsbäckerei Fornet de la Soca in Palma (Plaça de Weyler, 9) hat auch eine vegetarische Variante. Kostenpunkt für alle „Rubiols“ dort: 3,90 Euro.

Aus dem Restteig der „Rubiols“ werden häufig Crespells geformt. Dabei handelt es sind um Kekse vom Blech in Form von Blumen, Herzen, Fischen oder Sternen. Sie werden aus Mehl, Schmalz, Eigelb, Olivenöl, Zucker, Zitronenabrieb und Wasser hergestellt. Die Zutaten können je nach Rezept variieren. So kann ebenfalls Orangensaft enthalten sein. Die Zutaten müssen nur vermengt, ausgerollt und ausgestochen werden, wie man es etwa von den deutschen Butterplätzchen aus der Weihnachtszeit kennt. Crespells findet man mittlerweile ganzjährig in Bäckereien, Cafés, Lebensmittelgeschäften oder auf den Märkten der Insel. Bei Fornet de la Soca kostet die Tüte mit sechs Stück 6,50 Euro. Geöffnet ist die Traditionsbäckerei während der Ostertage täglich (außer am Ostermontag) von 9 bis 20 Uhr.

Empanadas – deftige Sattmacher

Eher Deftiges und Gewürztes enthalten die Teigtaschen empanadas oder panades, wie sie auf den Balearen heißen. Sie gibt es auf der Insel ganzjährig, etwa mit Schweinefleisch mit oder ohne Erbsen, Fisch mit Paprika oder Gemüse pur für Vegetarier. Zu Ostern jedoch verwenden die Bäckereien für die Füllung vorwiegend Lammfleisch und Frühlingszwiebeln mit Gewürzen.

Besonders am Karfreitag passend sind die Fisch-Varianten, etwa mit „Salmonete“ (Rotbarbe), „Mussola“ (Grauer Glatthai) oder „Sípia“ (Tintenfisch). Der Teig besteht traditionell aus Mehl, Schweineschmalz, ein wenig Olivenöl, Salz und etwas Wasser, in einer süßeren Version mit etwas Puderzucker, Orangensaft und Milch oder Orangensaft.

Wer die Panades nicht selbst daheim zubereitet – auch diese Tradition gehört bei mallorquinischen Familien zur Semana Santa dazu – kauft sie in Bäckereien, Konditoreien oder Supermärkten. Vegetarier können mancherorts, etwa bei Fornet de la Soca, eine schmalzfreie Variante mit Gemüse (Erbsen, Artischocken, Lauchzwiebeln) probieren. Kostenpunkt: 4,90 Euro.

Monas de Pascua – Schokoskulpturen

Bei Schokoladen-Liebhabern isst das Auge an Ostern besonders mit. Sie können wahre Kunstwerke, die sogenannten „Monas de Pascua“, vernaschen. Die Schokoladen-Kreationen können jede erdenkliche Form annehmen. Bei den aufwendigeren Varianten kann man gar von Schoko-Skulpturen sprechen. Jedes Jahr zu Ostern überlegen sich die Bäckereien und Konditoreien der Insel dafür andere Motive. Selbst für renommierte Konditoren sind die Oster-Skulpturen eine Herausforderung, denn die Schokolade muss zubereitet, geformt, zusammengeklebt und oft noch bemalt werden.

Der leckere Brauch stammt aus Katalonien und kam von dort aus Mitte des 20. Jahrhunderts auf die Insel. Seither haben sich die Monas de Pascua stark verändert. Die ursprünglichen Leckereien waren ein mit einem gekochten Ei gekrönter Osterkuchen aus Biskuitteig, den Paten an ihre Patenkinder verschenkt haben. Daneben wurden aus Brotteig Lämmer, Hühner oder kleine Schiffe geformt. Auch bei diesen Kreationen durfte das österliche Ei nicht fehlen. Später ließen die Konditoren Teig und Ei weg und die „Monas de Pascua“ wurden zu den Schokofiguren, die während der Feiertage in den Auslagen der Bäckereien und Konditoreien zu finden sind.

Konditor Lluís Pérez von der gleichnamigen Konditorei (Carrer de Bonaire, 14, Palma) bietet in diesem Jahr Schoko-Hühner „Pollets“). Sie sehen ein wenig aus wie ein Schoko-Ü-Ei mit Schnabel und Hahnenkamm, beides aus Schokolade. Kostenpunkt: 26 Euro. Daneben spielt der Konditor mit den traditionellen Farben der eigentlich Tonfiguren „Siurells“. Der Landwirt („Pagès Siurell“) in Ei-Form mit Mütze und Stock oder die Landwirtin („Pagesa Siurell“) mit Tuch um den Kopf in Grün, Rot, Weiß kosten 26 bis 66 Euro (je nach Größe). Geöffnet ist montags bis samstags von 8.30 bis 15.30 Uhr und sonntags und an Feiertagen von 10 bis 14 Uhr.

Pancaritats – Mini-Wallfahrten

Während man in Deutschland im Grünen Eier sucht, brechen die Mallorquiner nach den Feiertagen zu gemeinsamen Mini-Wallfahrten, den „Pancaritats“ auf. Die Wanderungen zu Ehren von Jesus Christus dauern bis zum Sonntag nach Ostern, in diesem Jahr dem 7. April, dem sogenannten Engelssonntag. Sie führen oft zu kleinen Kapellen.

Typisch bei den Ausflügen, die nicht selten von Musikern begleitet werden, sind auch überdimensionale Paellas. Dank ihnen können sich die Pilger im Anschluss stärken. Mit dabei sein kann man etwa in Algaida bei der Festa de la Pau de Castellitx am Dienstag (2.4.). Ab 9.30 Uhr morgens versammeln sich die Pilgerfreunde zu den Klängen der Dudelsackspieler auf dem Dorfplatz, gegen 10 Uhr geht es dann los bis zur knapp fünf Kilometer entfernten kleinen Kirche Pau de Castellitx. Um 11 Uhr findet dort eine Messe statt. Um 12 Uhr steht Volkstanz auf dem Programm (vollständiges Programm: ajalgaida.net).

Auch in Muro wird gewandert. Am Montag (1.4.) geht es um 11 Uhr zur Ermita de Sant Vicenç. Campanet organisiert ebenfalls einen Pilger-Wanderausflug. Nach einer Messe am Dienstag (2.4., 11 Uhr) geht es zur Ermita de Sant Miquel. In der Gemeinde Andratx zieht eine Gruppe am Montag (1.4.) von verschiedenen Punkten in Andratx und s’Arracó aus gemeinsam zur Torre de Sant Elm. Dort wird dann eine Messe abgehalten, und neben dem österlichen Picknick steht Volkstanz auf dem Programm. Wenn das Wetter mitspielt, wollen die Teilnehmer weiter zum Strand ziehen und dort den Frühling begrüßen (Infos: visit-andratx.com).

Prozessionen – Umzüge der Büßer

Bei der Palmsonntags-Prozession (25.3.) und weiteren Umzügen in Palma konnten sich Besucher bereits ein Bild von den „Procesiones de Semana Santa“ machen. Die wichtigste und größte steht jedoch erst noch an, am Gründonnerstag um 19 Uhr in Palma. Doch auch außerhalb der Balearen-Hauptstadt finden bemerkenswerte Umzüge statt (Infos hier). Prozession ist auf der Insel nicht gleich Prozession.

Zwei Highlights gibt es in Manacor und Sineu. In der zweitgrößten Stadt der Insel, Manacor, wird der Leidensweg schon seit 1987 mit einem lebenden sogenannten „Paso“ (Monument) nachgestellt. Während Bruderschaften andernorts Holzkreuze, Muttergottes-Statuen oder Heiligenfiguren durch die Straßen tragen, trägt bei dem Umzug in Manacor eine „Cofradía“ einen leibhaftigen und auf schwarzen Samt gebetteten Jesus Christus. Besucher haben noch zwei Gelegenheiten, um die kreative Interpretation der spanischen Ostertradition, an der auch noch andere Darsteller mitwirken, zu sehen: am Gründonnerstag und am Karfreitag (jeweils um 21.30 Uhr).

Ganz still vonstatten geht die Karfreitags-Prozession in Sineu, die sich als solche in den vergangenen Jahren auf der Insel einen Namen gemacht hat. Nach der Messe um 19 Uhr ziehen in dem Ort im Inselinneren die Büßer durch die engen Straßen im Ortskern.

Kreuzabnahmen – tiefe Trauer

Zum hiesigen Osterprogramm gehören auch Inszenierungen der Leidensgeschichte Christi. In deren Zentrum steht etwa die Kreuzabnahme, die hierzulande „Davallament“ genannt wird. Besonders eindrucksvoll miterleben kann man sie in Pollença, Felanitx und Sineu.

In Pollença wird beim „Davallament de la Creu“ eine Christusfigur am Karfreitag-Abend die 365 Stufen des bekannten Kalvarienberges hinuntergetragen. Die Prozession, die um 21 Uhr beginnt, findet in absoluter Stille statt. Kurz vor knapp da sein, das reicht erfahrungsgemäß nicht. In den vergangen Jahren hat sich gezeigt, dass Zuschauer sich besser schon Stunden zuvor einen guten Platz sichern sollten.

Auch Felanitx hat sich mit seinem Davallament auf den Stufen der Kirche Sant Miquel längst einen Namen gemacht. An dem Passionsspiel nehmen gewöhnlich bis zu 100 Laienschauspieler teil. Los geht es 2024 um 21 Uhr, aber auch hier gilt: Nur, wer sich viel früher einfindet, sieht gut.

Sofia – Stammgast Altkönigin

Zu den Osterfeierlichkeiten auf der Insel gehört eigentlich auch die spanische Königsfamilie. Zumindest vor der Pandemie waren König Felipe VI., seine Eltern Juan Carlos und Sofía, seine Frau Letizia und die Kinder Sofía und Leonor sowie weitere Familienmitglieder fest für die Ostermesse in der Kathedrale gebucht. Das entsprechende Familienfoto gab der Klatschpresse dann Stoff für tagelange Interpretationen. Allerdings lässt diese Tradition etwas nach.

„Bisher ist nicht geplant, dass jemand der Königsfamilie zu Ostern nach Mallorca kommt“, sagt ein Sprecher der Casa Real auf MZ-Anfrage. Aber vielleicht geht ja doch noch was. Zumindest auf Altkönigin Sofía war bislang eigentlich immer Verlass. Am Montag (25.3.) besuchte sie schon mal das Osterkonzert in der Kathedrale zugunsten der Suchthilfe Projecte Home. Wie lange sie noch bleibt, steht laut dem Sprecher der Casa Real noch nicht fest.

Via Crucis – immer dasselbe Theater

Vor besonderer Kulisse, im Parc de la Mar vor Palmas Kathedrale, stellen Darsteller am Karfreitag um 12 Uhr wieder den Leidensweg von Jesus Christus („Via Crucis“) nach. Bei schlechtem Wetter findet das Event statt im Kulturzentrum Ses Voltes um 12.30 Uhr in der Kirche Sant Felip Neri statt.

Die von dem Ensemble Taula Ronda Teatre koordinierte Inszenierung ist in diesem Jahr bereits zum 37. Mal zu sehen sein. Sie basiert auf „Via Crucis“ (Kreuzweg), einem Stück des in Binissalem geborenen Schriftstellers Llorenç Moyá aus dem Jahr 1961. Die Leitung hat Bernat Pujol inne. Der Eintritt ist frei (Infos: palmacultura.cat).

Zenturionen – Osterlachen

Ostern besteht bei den Einheimischen längst nicht nur aus Trauern und Leiden. Dass es sogar in Gotteshäusern auch spaßig zugehen kann, kann man jedes Jahr am Ostersonntag (31.3.) im beschaulichen Son Carrió live miterleben: Schon seit 1908 wird in der Kirche Sant Miquel die kuriose Tradition der „Centurions“ gefeiert. In Ritterrüstungen, rote Röcke und weiße Strümpfe gekleidete römische Soldaten schreiten aus der Sakristei zum Altar. Neben dem Altar befindet sich eine Christus-Figur. Doch statt das Grab des Gekreuzigten zu bewachen, schlafen die römischen Soldaten. Ihrem Vorgesetzten, zumindest theoretisch der Zenturio, gefällt das gar nicht. Er stürmt ihnen entgegen und weckt sie unsanft. Aus dem Schlaf gerissen, vollführen die Soldaten eine Art Veitstanz, werfen sich hin, rollen sich auf dem Boden und rutschen die Treppenstufen hinunter.

Dabei können die vom Goldschmied Biel Cortés entworfenen und überarbeiteten Kostüme und Helme schon einmal einen kleinen Schaden davontragen. Für die diesjährige Ausgabe der Aufführung (Ostersonntag, 8.45 Uhr) hat Cortés die Messinghelme restauriert. Nach den Feierlichkeiten sollen die Ritterrüstungen, von denen im Laufe der Jahre einige abhandenkamen, wiederhergestellt werden. Mallorquiner kennen den kuriosen Brauch unter dem Namen „Risas paschalis“, was so viel wie „Osterlachen“ heißt. Eine ähnliche Tradition bestand früher auch im weiter nordöstlich gelegenen Dorf Son Servera, geriet aber in Vergessenheit.

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