Kennen Sie Ihren persönlichen Hammermann? Als routinierter Langstreckenläufer vermutlich schon. Wenn Sie aber am 21. Oktober in Palma Ihre Marathon-Premiere feiern, erleben Sie den mehr oder minder schweren Einbruch bei Kilometer 35 zum ersten Mal. Carsten Krebs, Geschäftsführer der Agentur Eichels Event, die sich um die Organisation der Marathonläufe in Hannover und Palma kümmert, erklärt, warum ungefähr sieben Kilometer vor dem Ende der „Mann mir dem Hammer" steht, wie die Sportler das Phänomen nennen: „Der Körper hat bis dahin meist alle Kohlehydrat-Reserven aufgebraucht. Die Muskeln beginnen, zu übersäuern."

Bei der Planung eines Distanzlaufs wie des Tui-Marathons ist dieser Schwächepunkt einer von vielen Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Daher verläuft die zweite Hälfte des Rennens in Palma fast ausschließlich eben. Bis dahin müssen sich die Teilnehmer allerdings besonders anstrengen, meint Baldomero Oliver vom Club Marathon Mallorca Toni Peña. Er ist der Geschäftsführer des Clubs und für die Streckenausarbeitung in Palma zuständig. Die Route ist seiner Meinung nach in der ersten Hälfte anspruchsvoller als ein Durchschnittskurs, weil sie nach einem lockeren Beginn in die engen und kurvigen Altstadt­gassen mündet. Kurven und kleinere Steigungen müssen dann bewältigt werden, was den Körper schneller auslaugt.

Eventuell kommt man also schon etwas erschöpft am Kilometer 35 an. Was übrigens auch am Klima liegen könnte, denn auf Mallorca kann es bekanntlich im Oktober noch heiß werden. Deshalb stehen in Palma alle drei Kilometer Versorgungsstationen, statt wie sonst vorgeschrieben alle fünf Kilometer.

Überhaupt sei es wichtig, die Läufer nicht zu überfordern. Ein Stadtmarathon wie der in Palma werde für alle Altersklassen und Leistungs­stufen konzipiert. Das funktioniert in Palma laut ­Oliver von Jahr zu Jahr besser. Bei der ersten Auflage im Jahr 2004 habe man den Läufern einiges zugemutet: Der Startpunkt am Stadion Son Moix lag auf 65 Metern, dann ging es runter bis auf Meereshöhe, und der Zielpunkt war auf der Plaça Major, also 40 Meter über Meereshöhe.

„Eine solche Streckenführung ist nicht geeignet, um viele Teilnehmer anzulocken", stellt Oliver rückblickend fest. Deshalb wurde in den Folgejahren immer wieder an der Route gefeilt. Manchmal war es nötig, weil Straßen wegen Bauarbeiten nicht nutzbar waren, manchmal waren es kleine Verbesserungen, die die Attraktivität des Laufes steigern sollten. Die ist inzwischen so groß wie nie, ist Oliver überzeugt.

Die Planung beginnt mit der Festlegung des Start- und Zielpunktes. „Seit dem vergangenen Jahr haben wir diesen auf dem Paseo Marítimo unterhalb der Kathedrale. Das ist die optimale Lösung." Denn Start und Ziel absorbierten einen erheblichen Teil des organisatorischen Aufwands. Es spare also Geld und Personal, wenn man die beiden Punkte zusammenlege.

Der Startpunkt im Parc de la Mar 2010 hatte sich nicht bewährt, da die Sportler über eine steile Rampe aus dem abgesenkten Park auf die Avenida Antonio Maura hinauf­rennen mussten. „Solche Unebenheiten direkt nach dem Start sind für einen City-Lauf nicht ideal. Die Vorgabe für einen Stadtmarathon ist, dass die Strecke möglichst eben und asphaltiert sein sollte", erklärt Oliver. Sei das nicht der Fall, müsse eben mit Rampen ausgeholfen werden. Im Zuge der Krise ist aber auch bei den Organisatoren des Tui-Marathons Sparen angesagt, auf teure Extrawürste wird verzichtet. So achtet man schon bei der Planung darauf, Treppen und andere Hindernisse zu meiden.

Wie aber schaffen es die Organisatoren, eine genau 42,195 Kilometer lange Strecke auszutüfteln?

Zunächst fahren sie die provisorisch geplante Route mit einem geeichten Fahrrad-Tacho ab, dem so genannten Jones-Counter. Und haben einen Trick im Ärmel: die 180 Grad-Kehre. „In jedem Marathon-Kurs gibt es zumindest eine, die als Spielmasse dient, weil die Kehre in einer Straße ja ganz nach Bedarf früher oder später angelegt werden kann", erklärt Carsten Krebs. In Palma gibt es in diesem Jahr sogar sieben 180-Grad-Kehren.

Daneben soll die Strecke aber auch möglichst abwechslungsreich sein. Deshalb laufen Oliver und seine Mitarbeiter die angedachten Varianten vorher ab. Dann wird entschieden, welche Altstadt-Gasse aus rein ästhetischen Gründen noch berücksichtigt werden soll. Oder auch, welcher Weg aufgrund der Orientierung für die Läufer einfacher ist.

Bis zu fünf Tage verbringen die Planer allein mit dem Vermessen der Strecke. Am Ende steht dann die genaue Marathon-Distanz, auch wenn sich laut Oliver nach dem Rennen immer einige Läufer beschweren, weil sie meinen, dass sie weiter gelaufen sind. „Das liegt daran, dass wir die Ideallinie messen. Im Rennen ist diese aber selten durchzuhalten." Wesentlich wichtiger ist für Oliver die gegenteilige Prämisse: Dass kein Läufer weniger als 42,195 Kilometer auf dem Chronometer stehen hat. Dann nämlich hätte die Organisation versagt: Der Lauf dürfte nicht gewertet werden.

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- Real Mallorca humpelt

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