Andrea Ballschuh (38) befindet sich im Endspurt – im wahrsten Sinne des Wortes: Es sind nur noch gut zwei Wochen bis zum Tui-Marathon. Am 17. Oktober will die TV-und Radio-Moderatorin topfit sein. Noch Anfang des Jahres hätte sie nur gelacht, wenn sie jemand gefragt hätte, ob sie an einem Marathon teilnimmt …

Im Juni 2009 sind Sie Mutter geworden. Und haben erst mal eine Sportpause gemacht?

Die Laufpause habe ich schon gemacht, seit ich 2007 den Tui-Halbmarathon mitgelaufen bin.

Wieso haben Sie sich entschlossen, jetzt wieder mitzumachen?

Auslöser war die Anfrage einer Lauf-Zeitschrift im April. Die wussten, dass ich schon einmal mitgemacht hatte und fragten, ob ich wieder dabei bin. Ich antwortete: Ich habe jetzt ein Kind, ich laufe nicht mehr! Nach dem Gespräch dachte ich:Was für ein blödes Argument ist das? Irgendwie war mein Ehrgeiz geweckt. Ich wollte wieder anfangen. Mir den Tui-Marathon als Ziel zu setzen, war wichtig für mich. Genau wie möglichst vielen Bekannten von meiner Absicht zu erzählen – damit ich es auch wirklich mache.

Nach langen Trainingspausen wieder fit zu werden, fällt vielen schwer. Wie haben Sie das geschafft?

Ich habe Dr. Thomas Wessinghage angeschrieben (Arzt, Ex-Olympiasieger und Laufexperte). Ich traute es mir zu dem Zeitpunkt nämlich nicht zu. Aber er sagte: Klar schaffen Sie das. Und schickte einen Trainingsplan. Der war auf 21 Wochen ausgelegt, jede Woche mit drei bis fünf Trainingseinheiten. Die erste Anschaffung war ein Jogging-Kinderwagen.

Sind die nicht ziemlich schwer?

Doch! Mit Kind sind es 30 Kilo. Und ich bin ziemlich langsam damit. Auf gerader Strecke geht es noch, aber hier im Taunus sind viele Berge! Lange Strecken laufe ich deshalb lieber ohne Wagen, nutze es aus, wenn meine Mutter babysittet. Mir geht es bei der Teilnahme dieses Jahr auch gar nicht um die Zeit. Letztes Mal habe ich die 20 Kilometer in 2,18 Stunden geschafft. Dieses Mal bin ich froh, wenn ich ankomme.

Wie war das erste Training nach fast drei Jahren?

Schrecklich! Ich bin alle zwei Minuten gegangen, hatte große Mühe, vier, fünf Kilometer zu schaffen. Zwischendurch war ich verzweifelt, dachte, das schaffst du nie! Aber ich habe recht schnell Fortschritte gemacht. Vorletztes Wochenende bin ich gerade zehn Kilometer gelaufen, diese Woche sind 15 Kilometer dran.

Sie sagten, dass Sie nach der Geburt noch fünf Kilo mehr auf der Waage hatten. Hat das Laufen geholfen, wieder in Form zu kommen?

Ich esse schrecklich gerne und habe auch nicht die Absicht, damit aufzuhören. Aber vier Kilo habe ich abgenommen, wiege jetzt 64 Kilo. Mein Idealgewicht sind 62 Kilo (bei 1,63 Meter), aber deswegen mache ich mich nicht fertig.

Die Wiedervereinigung jährt sich zum 20. Mal. Sie sind in Dresden geboren, in Ost-Berlin aufgewachsen. Erinnern Sie sich an Dinge, die Sie besser fanden?

Das Schulsystem fand ich besser. Bis zur 10. Klasse waren alle zusammen, hatten den gleichen Unterricht. Heute werden die Schüler nach der sechsten Klasse auseinandergerissen. Ansonsten hatte ich viel Glück: Für mich kam die Wiedervereinigung genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich hatte gerade meinen Schulabschluss und konnte meine Berufsziele ohne Einschränkungen verfolgen.

Ein dreiviertel Jahr später gingen Sie als Au-pair in die USA. War das Ihr Traum?

Eher der meiner Mutter! Ich hatte gerade meine erste kleine Wohnung in Berlin und wollte gar nicht fort. Über eine Bekannte hörte sie, dass die deutsche Schauspielerin Jessica Cardinahl, die gerade in Berlin war, ein Au-pair suchte. Und pries mich an! In Los Angeles erlebte ich dann den wahren Kulturschock. Alles war so bunt, dann die 24-Stunden-Konsumwelt. Eine totale Reizüberflutung.

Die durch Handys und Internet noch viel stärker geworden ist. Welche Folgen hat das?

Der Blick aufs Wesentliche geht verloren. In der DDR hatten wir ja nicht so viel. Aber der Zusammenhalt zwischen Freunden und Nachbarn war stärker. Viele hatten zum Beispiel kein Telefon, gingen einfach schnell zum Nachbarn rüber. Man hat mehr miteinander geredet.

Was war das für Sie Beste an der Wiedervereinigung?

Ohne sie hätte ich meinen Mann (Jem Atai, 44, Musiker) nicht kennengelernt! Er ist Engländer, und kam kurz zuvor nach Deutschland.

Manche Ostprodukte wie Rotkäppchen Sekt erleben eine Renaissance. Gibt es welche, die Sie im Westen vermissen?

Ich liebe Bambina-Schokolade und Knusperflocken. Die kaufe ich jedes Mal, wenn ich in Berlin bin.

Haben Sie sich verändert, seit Sie Mutter sind?

Ich lache viel mehr, freue mich über Kleinigkeiten. Unsere Tochter Lia ist so lustig, zum Beispiel, wenn sie Grimassen schneidet. Viele sagen, dass ich eine ganz andere Ausstrahlung bekommen habe. Ein Kind macht einfach fröhlicher. Zu Hause ist es unordentlicher. Ich arbeite, mache Sport – da bleibt schon mal etwas liegen. Außerdem bin ich ständig in Sorge, muss aufpassen, nicht übervorsichtig zu werden.

Sie klingen begeistert. Wünschen Sie sich ein zweites Kind?

Das kann ich mir durchaus vorstellen. Nicht heute und nicht morgen. Aber vielleicht in ein paar Jahren.