Nach den gewaltsamen Zusammenstößen beim als illegal eingestuften Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien am Sonntag (1.10.) hat die EU-Kommission die Regionalregierung und die spanische Zentralregierung zum Dialog aufgerufen. Gewalt könne nie ein Mittel der Politik sein, erklärte Sprecher Margaritis Schinas am Montag.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werde mit Spanien-Premier Mariano Rajoy telefonieren. Man vertraue darauf, dass dieser den "schwierigen Prozess managt und dabei die spanische Verfassung und die darin garantierten Grundrechte der Bürger vollständig respektiert". Ansonsten sei der Konflikt als innere Angelegenheit Spaniens einzustufen und das Referendum nach der spanischen Verfassung illegal.

Die katalanische Regionalregierung will offenbar innerhalb der kommenden Tage die Unabhängigkeit ausrufen. Das erklärte Ministerpräsident Carles Puigdemont in der Nacht auf Montag (2.10.) nach Auswertung der Abstimmungsergebnisse des verbotenen und von der spanischen Polizei unterdrückten Unabhängigkeitsreferendums vom Sonntag (1.10.).

Trotz des Verbots und der teilweise geschlossenen Wahllokale hätten über 2,2 Millionen Katalanen ihre Stimme abgegeben. Von ihnen hätten rund 2 Millionen (90,0 Prozent) mit "ja" gestimmt, 178.000 mit "nein" (7,9 Prozent). Außerdem habe es rund 46.000 (2,0 Prozent) leere Stimmzettel und 20.000 (0,9 Prozent) ungültige Stimmen gegeben. Es seien noch nicht alle Stimmen ausgezählt, so Regierungssprecher Jordi Turull. Bei den Ergebnissen müsste berücksichtigt werden, dass rund 400 Wahllokale geschlossen worden seien und die Polizei einen Teil der Wahlurnen beschlagnahmt habe.

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Nach Bekanntgabe der Ergebnisse trat der katalanische Ministerpräsident vor die Presse und erklärte, dass er das Resultat innerhalb der kommenden Tage dem Regionalparlament "übermitteln" werde, damit es das Referendumsgesetz umsetze. Dieses vom Regionalparlament verabschiedete und vom spanischen Verfassungsgericht für nichtig erklärte Gesetz sieht im Falle einer einfachen Mehrheit der Ja-Stimmen in dem Referendum eine Abspaltung von Spanien vor. Wörtlich lautet der entsprechende Absatz: "Innerhalb von zwei Tagen nach Bekanntgabe der Ergebnisse durch die Wahlbehörde, wird in einer Sondersitzung die formelle Unabhängigkeit Kataloniens erklärt."

Zur Wahlbeteiligung, die nach dem Referendumsgesetz kein formelles Kriterium für die Gültigkeit der Abstimmung darstellt, gab die Regionalregierung keine offiziellen Zahlen bekannt. Schließlich seien mehrere Urnen von der Polizei konfisziert sowie hunderte von Wahllokalen geschlossen worden. Aus der Anzahl der rund 5,3 Millionen Wahlberechtigten und der abgegebenen Stimmzettel ergebe sich eine Beteiligung von 42 Prozent. Angesichts der Unregelmäßigkeiten könne man von einer Beteiligung von rund 55 Prozent ausgehen.

Die spanische Regierung verurteilte die illegale Abstimmung hingegen als schweren Verfassungsbruch. "Es hat keine Referendum stattgefunden", erklärte der spanische Regierungschef Mariano Rajoy. In Bezug auf das harte Vorgehen der Polizei kommentierte er: "Wir haben getan, was wir tun mussten." /tg

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