Wie intensiv setzen sich Jugendliche mit globalen Themen wie Armut, Klimawandel oder Migration auseinander? Verstehen und wertschätzen sie andere kulturelle Sichtweisen? Setzen sie sich gar selbst für das kollektive Wohlbefinden und eine nachhaltige Entwicklung ein? All diese Fragen sind 2018 erstmals im „Programme for International Student ­Assessment" - besser bekannt als Pisa-Studie - untersucht worden. Die Ergebnisse der alle drei Jahre durchgeführten internationalen Vergleichsstudie sind dieser Tage veröffentlicht worden. Demnach scheiden die Schüler auf Mallorca und den Nachbarinseln in der neuen Kategorie ­„Globale Kompetenz" besser ab, als der Durchschnitt der Schüler in den teilnehmenden OECD-Ländern.

Im Fokus der Untersuchung standen 15- und 16-Jährige. Neben Aufgaben zu den Hauptkategorien Leseverstehen, Mathematik und Naturwissenschaften sollten sie dieses Mal auch zeigen, ob sie Aufgaben zu interkulturellen Themen lösen können, also beispielsweise erklären, warum manche Länder mehr unter dem Klimawandel leiden als andere. Auch Meinungsfragen galt es zu beantworten, etwa, ob Kinder von Zuwanderern dieselben Bildungsmöglichkeiten haben sollten wie andere Kinder. Ebenso sollten die Jugendlichen einschätzen, ob sie glauben, dass sich ihr Verhalten auf Menschen in anderen Ländern auswirken kann, und angeben, ob sie sich selbst aktiv an Projekten für den Umweltschutz beteiligen. Für jeden Aspekt gab es Punkte.

Während die Jugendlichen im internationalen Vergleich durchschnittlich 499 Punkte in der Kategorie „Globale Kompetenz" erreichten, waren es in Spanien 512 Punkte, auf den Balearen 513. Spitzenreiter ist Singapur mit 576 Punkten. Deutschland nahm nur an einem Teil des Moduls Globale Kompetenzen teil und erscheint deshalb nicht im Ranking.

„Die Ergebnisse decken sich mit meinen Erfahrungen im Umgang mit Jugend­lichen", so Esther Alcover, Lehrerin an der Gesamtschule Capdepera und ehemalige Lehrplanbeauftragte. Das liege einerseits daran, dass auf Mallorca viele Einwanderer leben und die Schüler im Alltag ständig mit anderen Kulturen zu tun hätten. Andererseits seien aber auch die Lehrpläne darauf ausgerichtet, die in der Pisa-Studie gefragte globale Kompetenz zu fördern. „Sowohl im Unterricht als auch in frei wählbaren AGs liegt der Schwerpunkt in vielen Fächern auf interkulturellen oder ökologischen Themen", so Alcover.

Die meisten weiterführenden Schulen auf den Balearen hätten eigens Kommissionen gegründet, um Themen wie Völkerverständigung oder Umweltschutz ­immer wieder einzugliedern. Das Vorurteil, die Jugend habe nicht viel mehr als die sozialen Netzwerke und ihr Smartphone im Sinn, kann Alcover nicht bestätigen. „Natürlich gibt es Ausnahmen, aber der Großteil der Schüler ist tatsächlich an solchen Themen interessiert und bringt sich ein." Das habe man vor allem bei den Schulstreiks gegen den Klimawandel im vergangenen Jahr gemerkt, als auch auf Mallorca Hunderte an Protestaktionen teilnahmen. Im balearischen Bildungsministerium zeigt man sich zufrieden über die Pisa-Ergebnisse. „Die zukünftigen Arbeitnehmer werden in der Lage sein müssen, globale und lokale Perspektiven vereinen zu können", so Bildungsminister Martí March. Die Pandemie mache das deutlicher denn je.