Die „Giraldilla" gehörte einst dem Vater des spanischen Königs, Juan de Borbón. Jetzt wird sie von einer Stiftung betrieben und segelt Regatten. Die MZ schaute bei einem Rennen an Bord vorbei. Es ist Samstag, eine Minute vor 14 Uhr. Noch 60 Sekunden bleiben für die letzten Startvorbereitungen. Die Sonne scheint, und der Wind bläst mit Spitzen von bis zu 25 Knoten aus Nord. Ein Wetter, so scheint es, das eigens bei Petrus für die „Giraldilla" bestellt worden war. Das knapp 16 Meter lange, fast vier Meter breite und 21 Tonnen schwere Schiff ist eine wahrlich majestätische Erscheinung.

Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Vor gut 45 Jahren war sie der maritime Stolz von Juan de Borbón, dem Vater von ­Spaniens ­König Juan Carlos. Seit dem 6. Februar 2003 ist sie das schwimmende Aushängeschild der Real Fundación Hispania, die sich dem Erhalt historischer Schiffe verschrieben hat.

1963 von einer dänischen Werft ausgeliefert, ging der zuerst auf „Giralda" getaufte Traumsegler zugleich im Rahmen des Admirals Cup auf große Fahrt. An Regatten nimmt die betagte Lady immer noch teil. Vor allem an der von der Stiftung organisierten „Trofeo Almirante Conde de Barcelona", die in diesem Sommer ihr 25. Bestehen feiert. Dreimal hat die „Giraldilla" die renommierte Klassik-Boot- Regatta in ihrer Klasse bereits gewonnen. Und im Jubiläumsjahr soll der zuletzt 2007 errungene Sieg erneut erkämpft werden.

Deswegen sind wir hier, darauf bereitet sich die Crew im Rahmen der Winterregatten „Series de Invierno" in der Bucht von Palma vor. Es gilt, den Beweis anzutreten, dass das Holzboot immer noch ohne Probleme mit den modernen Plastik­rümpfen der „jungen Hüpfer" mithalten kann. Aber manchmal klappt dann doch nicht alles so, wie das im kleinen Einmaleins des Regatta-sports beschrieben wird.

Um die 40 Boote sind heute mit von der Partie. Und schon mit dem Klang der Wettkampf-Sirene nimmt die „Giraldilla" kräftig Fahrt auf. Vier Mal gilt es, schnellstmöglich von einer Boje zur anderen zu segeln. Machaco, der eigentlich Ignacio heißt, hat als Steuermann alles unter Kontrolle. „Segel dichter holen, wir können noch schneller", feuert der 57-jährige Berufskapitän seine zehnköpfige Crew an.

Die „Giraldilla" ächzt leicht und neigt sich so weit nach Steuerbord, dass Wasser über die Bordwand schwappt. Nur noch eine Handvoll Schiffe liegen an der ersten Wendeboje vor der Ketsch. Die müssten jetzt vor dem Wind mit Unterstützung des riesigen Spinnakers auch noch zu kriegen sein. Aber der Spinnaker ist widerspenstig, beziehungsweise die häufig wechselnde „Giraldilla"-Crew nicht aufeinander eingespielt. Er bläht sich nicht richtig auf, und der schlanke Segler verliert an Fahrt, anstatt davonzuziehen.

Aber noch ist alles im grünen Bereich. Noch! Nach 15-minütigem flottem Segelvergnügen ertönt erneut das Spinnakerkommando. Und Machaco bereut es schon einen Sekundenbruchteil, nachdem er es gegeben hat. Das Segel bläht sich auf, verheddert sich in der Fock, zerrt wild hin und her und fällt schließlich ins Wasser. Doch damit nicht genug. Es reißt auch noch einen Schäkel der Fockschot aus seiner Verankerung, und zu allem Überfluss knickt danach die Backbordsaling ein.

„Beim Volvo Ocean Race geht auch viel kaputt", scherzt Machaco angesichts des Missgeschicks und startet den Motor. „Wir sind also in bester Gesellschaft."

Skeptisch blickt Jonathan Syrett am Großmast empor. „Zum Glück ist alles aus Holz, das lässt sich recht einfach wieder zusammenzimmern", so die Schadensbilanz des Real-Fundación-Hispania-Sprechers.

Und während die Segel zum Trocknen ausgelegt werden, nutzt Syrett die Gelegenheit, von der „Hispania", dem zweiten Schiff der Stiftung, zu schwärmen, das schon seit Jahren aufwendig restauriert wird. „Es ist das ehemalige Schiff von König Alfonso XIII., Juan Carlos´ Opa. In diesem Jahr wird es 100 Jahre alt, und wir hoffen, dass es bis zur Klassik-Regatta im August fertig sein wird." Aber dafür brauche die Fundación noch viel Geld. Man hoffe unter anderem auf die Spendenfreudigkeit der Besucher der Nautikmesse in Palma (25. April bis 3. Mai). Dort soll das Projekt „Hispania" und natürlich auch die „Giraldilla" präsentiert und die Arbeit der Stiftung vorgestellt werden.

Da dem Reporter immer noch nicht wirklich klar ist, warum denn nun das Schiff, auf dem er sich befindet, nicht mehr seinen Taufnamen trägt, sorgt Syrett kurz nach dem Anlegen im Real Club Naútico in Palma für Klarheit an Bord: „Als Juan de Borbón ein größeres Schiff bekam, das ebenfalls ´Giralda´ genannt werden sollte, blieb für das kleinere Boot nur noch der Diminutiv." Und auch ein weiterer Name auf dem Schiff bedarf noch einer Klärung: „Ich habe als Kind immer Stierkämpfer ge­spielt. Irgendwann nannten mich dann alle nur noch Machaco. So hieß früher ein berühmter Torero. Den Spitznamen habe ich bis heute."