Im deutschen Konsulat in Palma klingelt das Telefon. Der Anrufer fragt nach Monica Helling (43), der Vize-Konsulin. Es antwortet Thomas Helling (45). Auf die Frage, warum er und nicht seine Frau, antwortet er geduldig, sicher zum 100. Mal: „Meine Frau und ich teilen uns den Job, arbeiten jede Woche abwechselnd." Das Paar ist seit Sommer im deutschen Konsulat in Palma zuständig für konsularische Angelegenheiten wie Personenstandsfragen, Geburtsanzeigen, Unterschriftsbeglaubigungen. Jobsharing nennt sich ihr Arbeitsmodell. Und bedeutet nichts anderes, als dass sich zwei Angestellte, in diesem Fall ein Ehepaar, eine Vollzeitstelle teilen. Aufgaben, Gehalt, Urlaub – alles wird durch zwei geteilt.

Monica und Thomas Helling arbeiten bereits seit 1998 so. Der ursprüngliche Grund war ein praktischer. Das Paar hatte sich im Verlauf seiner Ausbildung im gehobenen Auswärtigen Dienst in Warschau kennengelernt. 1998 arbeiteten beide in Paris. Sie waren nicht nur ein Paar, sondern sich auch einig, dass sie gerne weiterhin im Ausland arbeiten wollten. „Zu diesem Zeitpunkt gab es aber gerade einen Stellenabbau im Auswärtigen Amt. Und man fragte uns, ob nicht nur einer arbeiten wolle. Im Auswärtigen Amt ist es verbreitet, dass ein Partner auch ohne Job mitzieht. Aber das wollten wir nicht."

Stattdessen schlugen sie vor, sich die nächste Stelle in Sofia (Bulgarien) zu teilen. „Dass wir beide in der gleichen Laufbahn sind, ist großer Zufall. Nur dadurch ist unser Modell möglich." Insgesamt gibt es im Auswärtigen Amt mit seinen weltweit 6.900 aus Deutschland gesandten Angestellten nur zehn Paare, die zurzeit so arbeiten.

Der Vorteil: „Eine bessere Balance zwischen Beruf und Privatleben. Man ist nicht so ausgepowert. In Sofia zum Beispiel war das Arbeitspensum gewaltig. Unsere 40-Stunden-Woche hatten wir dort bereits donnerstags voll. Überstunden werden in unserem Job aber nicht bezahlt. Der Gedanke, dass man sich in der nächsten Woche ausruhen, dann wieder frisch zum Dienst erscheinen konnte, hat enorm geholfen."

Das Paar hat inzwischen drei Kinder, die zwischen drei und zehn Jahre alt sind. Nicht nur im Konsulat, sondern auch daheim wird die Arbeit geteilt. Thomas Helling: „Ich koche und übernehme die Einkäufe, Monica übernimmt Wäsche, Bügeln und Putzen." Überhaupt finden die beiden den Wechsel zwischen der Zeit zu Hause und im Büro nur positiv: „Nach einer Woche zu Hause freuen wir uns aufs Büro und umgekehrt. Wir hatten schon unterschiedlichste Arbeitsplätze und -felder. Geklappt hat es überall. Wenn nicht, würden wir es nicht machen."

Und wie funktioniert das praktisch? Gibt es jede Woche eine Übergabe? „Das ist kaum nötig. In unserem Arbeitsbereich müssen wir sowieso die meisten Vorgänge schriftlich dokumentieren. Da wir uns den Job teilen, machen wir das noch präziser. Natürlich besprechen wir auch zu Hause mal Berufliches. Das macht uns nichts aus. Im Gegenteil: Wir schätzen es, uns beraten zu können."

Gute Absprachen sind wichtig: „Vor allem in Sofia gab es das Problem, sonst gegeneinander ausgespielt zu werden. Dort haben wir uns um Visa-Angelegenheiten gekümmert. Wenn jemand in einer Woche kam und abgelehnt wurde, stand er sonst womöglich in der nächsten wieder auf der Matte, um es bei meinem Mann zu versuchen."

Noch ein Vorteil: Zwar machen beide die gleiche Arbeit. „Jeder hat aber Schwerpunkte, die er besser kann. Da für Thomas Spanisch wie eine Muttersprache ist, überlasse ich komplizierte spanische Schreiben ihm, statt in meiner Dienstwoche einen Übersetzer zu bemühen. Umgekehrt übernehme ich ab und zu einen komplizierten Verwaltungsfall", sagt Monica Helling.

Der Arbeitgeber hat Vorteile von der Regelung: „Wenn einer von uns krank ist, könnten wir uns natürlich krankmelden. In der Praxis geschieht das aber selten. Dann übernimmt der andere. Im Grunde hat der Arbeitgeber also mehr als zwei mal 50 Prozent." Ihr Chef, Konsul Wolfgang Wiesner, ist „sehr zufrieden" mit der Lösung. Und die Kollegen? „Einige beneiden uns natürlich schon. Es ist auch sicherlich nicht so einfach für sie, sich auf zwei verschiedene Mitarbeiter einzustellen."

Den größten Vorteil sehen die Hellings darin, dass beide Zeit mit den Kinder verbringen können: „Wir haben uns gegen Fremd­betreuung entschieden, die in unserem Beruf sonst oft üblich ist. Gerade weil wir alle vier Jahre umziehen, finden wir das wichtig." Monica Helling weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, wenig Zeit für ihre Kinder zu haben. Als sie in Quito stationiert waren, hat nur sie in der Auslandsvertretung gearbeitet. „Ich hatte dort die Position der sogenannten Kanzlerin inne. Da ich ein paar Jahre mehr Joberfahrung hatte als mein Mann, war sie mir angeboten worden. Jobsharing ist in dieser Position aber leider nicht möglich."

Das Paar zog trotzdem nach Quito. Thomas Helling: „Ich habe dort einen großen Teil meiner Jugend verbracht und fand die Möglichkeit toll, dort zu leben. Ich war gerne Hausmann." Und Monica machte die Erfahrung, die sonst meist Männer machen: „Wenn ich abends nach Hause kam, berichtet mir Thomas von den Fortschritten unseres Babys." Zurück in Deutschland teilten sie sich die Arbeit wieder – auf der Ebene darunter. Ein Karriereknick, den die beiden in Kauf nahmen. Weil Kindererziehung eine genauso wichtige Arbeit ist.

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