In der Kühlkammer auf Mallorca fühlt es sich wie in einer Höhle an. Hier lagern auf den Regalen dicht an dicht Käselaibe mit Rinden in verschiedenen Farben. Pedro Soler bestreicht sie regelmäßig mit Salzlake. Das sorge für Haltbarkeit und wirke sich auch ein wenig auf den Geschmack aus, sagt er. Weil es in der Kühlkammer frostig ist, ziehen die Besucher sodann in die Käserei nach nebenan um. Dort gurgelt es in einem Rohr an der Wand, und kurz darauf plätschert Milch in einen Kessel. Sie kommt direkt aus dem Melkraum.

Für den Raum ist Pedros Bruder Onofre Soler zuständig, er kümmert sich auch um das Wohlergehen der 20 Schafe und 60 Ziegen. Neben der Unterbringung in den Ställen spielt dabei auch das Futter eine große Rolle, genauso wie für die Qualität von Milch und Käse. Die Kräuter und Gräser für das Futter wachsen auf der rund hundert Hektar großen Finca Son Garrova bei Sant Llorenç des Cardassar. Nach dem Mähen werden sie getrocknet und kommen in einer ernährungstechnisch ausgeklügelten Mischung zusammen mit Getreidekörnern, die ebenfalls von den hauseigenen Feldern stammen, in die Futtertröge.

Doch in diesem Jahr haben die fehlenden Niederschläge dem Familienbetrieb einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Futtervorrat neigt sich dem Ende zu, und bis im Herbst die neue Ernte reif ist, wird noch viel Zeit vergehen. Fertigfutter kommt für die Tiere nicht infrage. „Wir müssen uns jetzt einfach umhören, ob uns jemand in der Nähe preiswert Körner und Heu guter Qualität liefern kann“, meint Pedro Soler. Richtig teuer wird es, wenn das Futter auf dem spanischen Festland geordert werden muss.

Onofre Soler setzt die Hülsen der Melkmaschine an die Zitzen der Schafe. | FOTOS: NELE BENDGENS

Am Anfang war eine Ziege

Schon die Eltern der Brüder bewirtschafteten den Hof. Doch zunächst hatte Pedro Soler mit der Milchwirtschaft nichts am Hut. Er studierte Informatik und arbeitete fast ein Jahrzehnt lang für eine Stiftung. Schon während dieser Zeit lebte eine Ziege im Stall, aus ihrer Milch machte der heute 50-Jährige gemeinsam mit seiner Frau Maria Tortella erst mal zum Spaß Käse. Daraus wurde Ernst, als Pedro seinem Bruder den Auftrag gab, sich nach ein paar geeigneten Milchziegen umzuschauen.

Ein Jahr lang habe die Familie, das erzählt man sich heute, täglich die Experimente aus der Käserei probieren müssen. Bald darauf kündigte Pedro Soler seinen Job und besuchte Kurse auf dem spanischen Festland. Mit seinen Freunden richtete er die Käserei ein, in der heute Milch pasteurisiert und gerührt wird, die Gerinnung mit Lab stattfindet und die Laibe gepresst werden.

Später fallen im Stall als Erstes die riesigen Hörner und der Bart eines weißen Ziegenbocks auf, der sich bereitwillig die Stirn kraulen lässt. Doch Onofre Soler warnt. Weil im abgetrennten Stallteil des macho zurzeit paarungsbereite Jungziegen leben, könne der Bock schnell aggressiv werden und seine Hörner auf unangenehme Weise einsetzen. In einem weiteren Stall tummeln sich Ziegen und Zicklein verschiedener Größe – aus den paar Milchziegen von einst ist eine stattliche Herde geworden. Es handelt sich um eine in Spanien etablierte Kreuzung der großwüchsigen Saanenrasse aus dem Berner Oberland und einer etwas kleineren Rasse aus Málaga.

Die Ziegenlämmer werden fünf Monate nach dem Decken geboren. Aber im Gegensatz zu den Kühen und den Schafen geben die Ziegen – gute Ernährung vorausgesetzt – auch ohne regelmäßige Trächtigkeit Milch. Weibliche Zicklein werden in die Herde aufgenommen, männliche kommen in den Kochtopf. Um Inzucht zu vermeiden, werden auf dem Hof bevorzugt Böcke eingesetzt, die von befreundeten Züchtern stammen.

Den Besitzern liegt viel an artgerechter Haltung. Bendgens

Langohrschafe

Noch während die Milch aus dem Melkstall in die Käserei plätscherte, meldete Onofre von nebenan, dass die Besucher sich beeilen müssten, wenn sie beim Melken zusehen wollten. Nun sind sie also im Melkraum, in dem Schafe in Reih und Glied auf einem erhöhten Melkplatz stehen und ihnen die Schwänze sowie ihre dick gefüllten Euter entgegenstrecken. Weil die Tiere vorne am Trog mit Fressen beschäftigt sind, können die Hülsen der Melkmaschine über ihre Zitzen geschoben werden. Einige Tiere zeigen sich wenig kooperativ. Sie sind noch jung und müssen sich erst an das Melken gewöhnen.

Aber eigentlich ist die Rasse Assaf – sie wurde aus einer israelitischen und einem deutschen Schaf gekreuzt – ein ideales Milchschaf. Und weil es neugierige Tiere sind, strecken sie den Besuchern beim Stallbesuch ihre Köpfe mit ihren extrem langen Schlappohren entgegen und lassen sich genüsslich die Hälse kraulen. Die meisten von ihnen liegen eng aneinandergekuschelt auf dem reichlich mit Stroh bedeckten Boden. Die Gelegenheit, durch ein offenes Tor ins Freie zu gehen, nutzen sie nur selten.

Die Lämmer dieser Schafe sind nach der Geburt groß und kräftig. Weil sie viel Milch brauchen, bleiben sie einen Monat lang bei ihren Müttern. Das Mutterschaf kann erst dann wieder gemolken werden, wenn der Nachwuchs selbst Futter kauen und verdauen kann.

Käse von glücklichen Tieren

Vom Besuch auf Son Garrova kann guten Gewissens berichtet werden, dass dort artgerechte Haltung praktiziert und auf das Tierwohl geachtet wird. Doch auch die Manufaktur der Käsesorten wird mit großer Sorgfalt betrieben, wobei Pedro Solers Begeisterung am Experimentieren kein bisschen nachgelassen hat.

Als er begann, Oktopus-Tinte unter die Masse für die Käselaibe zu mischen, seien die Kunden zunächst noch etwas skeptisch gewesen, berichtet er. Mehr Verständnis hätten sie für die Zugabe von Basilikum-Extrakt gehabt, aber auch für eine leicht pikante Note, an der er nach wie vor arbeite. Dabei entzieht er den Chilischoten so lange den Geschmack, bis nur noch ein Quäntchen Schärfe übrig bleibt. „Trotz der Schärfe muss der Käse noch nach Käse schmecken“, meint er.

Maria Torella und er stellen neben den Laiben auch Joghurts und Camemberts her, die in Kühlschränken lagern. Ein einheitliches Logo oder Verpackung gibt es nicht, nur eine Tüte aus Papier mit der Aufschrift „Fet a Son Garrova“. Beim Hofverkauf decken sich Restaurantbesitzer für die typischen tablas de quesos ein.

Auf Beratung und Verkostung setzt die Familie immer mittwochs auf dem traditionellen Markt von Sineu, am Donnerstag in Sant Llorenç des Cardassar und am Samstag in Alaró. Zu jedem Käse gibt es auf dem Stand dann eine eigene Geschichte zu erzählen. Und es kann gut passieren, dass ein Kunde während dieses Gesprächs einen Lieblingskäse entdeckt.

Fet a Son Garrova 

Verkauf auf der Finca 

07530 Sant Llorenç des Cardassar, 

Anfahrt über Ma-15, km 58,2 Tel.: 619-88 89 37


Fet a Son Garrova

Verkauf auf der Finca

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