Mallorca Zeitung

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Warum der Preis für Johannisbrot auf Mallorca fällt – und warum die Spekulanten mehr leiden als die Bauern

Schuld sind auch die Spekulanten, die profitieren wollten

Vergangenes Jahr noch eine hochprofitable Wertanlage: Johannisbrotbäume auf Mallorca. | FOTO: PERE JOAN OLIVER

Die Menschen auf Mallorca staunten nicht schlecht in den vergangenen beiden Jahren. Das Johannisbrot, das sie jahrelang verschmäht hatten, wurde plötzlich richtig teuer. „Meine Familie hat ein kleines Grundstück mit Johannisbrotbäumen“, twitterte vergangenen Sommer eine Mallorquinerin. „Jedes Jahr sammeln wir die Schoten und verkaufen sie. Normalerweise kamen etwa 70 Euro dabei rum. In diesem Jahr waren es 1.000 Euro.“

Damit dürfte es nun vorerst vorbei sein. Die Blase ist geplatzt. Kostete im Sommer 2022 ein Kilo der braunen Frucht noch 2 Euro, waren es vergangene Woche nur noch 70 Cent. „Niemand kauft derzeit Johannisbrot“, erklärt der Vorsitzende der Kooperative Camp Mallorquí, Miquel Gual. Dass der Preis weiter sinke, sei nicht ausgeschlossen. Dabei hängt der Sinkflug direkt mit dem Boom zusammen, erklärt Gual. Als die Preise explosionsartig nach oben geschossen waren, hätten zahlreiche Spekulanten das Johannisbrotkernmehl gehortet. Dieses kann über Jahre aufbewahrt werden, ohne dass die Qualität beeinträchtigt wird. Dies führte dazu, dass das verfügbare Johannisbrotkernmehl noch teurer wurde. „Es war der Wahnsinn“, so Gual und führt ein Beispiel an: Man habe im vergangenen Jahr 25 Tonnen für 700.000 Euro in die Schweiz verkauft. „Die Kilopreise für das Mehl lagen bei 15 bis 20 Euro. Aktuell sind es 7 Euro.“

Schote des Johannisbrotbaums gilt als Wunderfrucht

Dass die Schoten so beliebt sind, hat seinen Grund. Johannisbrot ist als Zusatzstoff in der Lebensmittelindustrie beliebt. Es wird als Stabilisator, Gelier- und Verdickungsmittel eingesetzt und stellt dabei eine gesunde Alternative zu anderen zum Teil chemisch hergestellten Zusatzstoffen dar. Das Mehl wird auch gerne für vegane, gluten- und laktosefreie Produkte verwendet. Insgesamt gilt die Schote des Johannisbrotbaums inzwischen als Wunderfrucht. Auch die Kosmetik hat die Pflanze für sich entdeckt, etwa als Inhaltsstoff für Cremes. Und in der Pharmaindustrie werden aus der garrova Kapseln für Pillen hergestellt.

Die Leidtragenden des Preisabfalls sind nicht so sehr die Bauern, erklärt Miquel Gual. Vielmehr seien es die Spekulanten. Denn diese sitzen nun auf Unmengen von Johannisbrotkernmehl. Denn als dieses teurer wurde, schauten sich zahlreiche Kunden nach günstigeren Alternativen um – und fanden auch welche.

Indien flutet den Markt

Und noch eine andere Entwicklung treibt die Preise nach unten: Der Boom um das Johannisbrot auf der Insel und in Spanien allgemein war auch darin begründet, dass in Indien als größtem Produzenten der Frucht große Mengen von einem giftigen Pflanzenschutzmittel nachgewiesen worden waren. Dadurch hatten viele Unternehmen auf Produkte aus der EU gesetzt. Doch mittlerweile ist das Problem in Indien gelöst, das asiatische Land flutet wieder den Markt.

Grund für Panik besteht laut Gual erst einmal nicht. Solange der Preis bei über 50 Cent pro Kilo für die Frucht liegt, sei die Produktion rentabel. In den vergangenen Jahren seien auf Mallorca viele Johannisbrotbäume gepflanzt worden – getrieben von dem Wunsch nach schnellem Geld. Dabei hatte Gual eine bessere Idee: „Ich habe immer dazu geraten, Mandelbäume zu pflanzen.“ Immerhin, eine negative Begleiterscheinung des Booms dürfte vorerst verschwinden: Immer wieder kam es auf der Insel wie auf dem Festland zu Diebstählen im großen Stil. Teilweise verschwanden Hunderte Kilo über Nacht. Das dürfte sich vorerst nicht mehr lohnen.

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