Der bekannte Talkshow-Moderator Hans Meiser ist tot. Er starb bereits in der vergangenen Woche im Alter von 77 Jahren in der Nähe von Scharbeutz (Schleswig-Holstein) «unerwartet an Herzversagen», wie Meisers Geschäftspartner Harald Thoma bestätigte. Zuvor hatte "Bild" berichtet. Meiser gilt als Erfinder der täglichen Nachmittags-Talkshow. Seine nach ihm benannte Sendung erreichte bei RTL in den 90er Jahren einen Zuschauer-Marktanteil von bis zu 40 Prozent.

Im Jahr 2004 gab der gelernte Journalist der MZ ein Interview. Lesen Sie es hier in voller Länge.

"Politiker sind Dienstleister"

Sie haben Ihren Töchtern davon abgeraten, in Ihre Fußstapfen zu treten. Warum?

Das Fernsehen ist verkommen. Überall schwirren so genannte Moderatoren herum, die weder Genitiv noch Dativ beherrschen. Grausam. Die Kübelböckerei im deutschen Fernsehen hat darüber ein Ausmaß angenommen, das kaum noch zu ertragen ist.

Sie haben mit Ihrer Sendung doch auch dazu beigetragen.

Das stimmt nicht. Ich habe immer gesagt, jeder, dem nicht die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt worden sind, hat das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu äußern. Wir haben das aber schon gesteuert. Zugegeben, ich habe sicherlich auch Sendungen gemacht, auf die ich heute eigentlich nicht mehr gerne angesprochen werden möchte.

Nennen Sie mal eine.

Na ja, so Sendungen wie ‚Ich liebe nur dicke Frauen‘. Das war natürlich ziemlich doof und aus heutiger Sicht auch nicht mehr so witzig. Aber das Gros der Sendungen hatte seriöse Inhalte wie Gewalt in der Ehe oder Kindesmissbrauch. Eine große deutsche Tageszeitung ließ sich dann leider zu der Schlagzeile hinreißen: ‚Jetzt macht Meiser auch Sex-Sendungen‘. Im Studio saß die damalige Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin. Das sagt wohl alles. Wir haben für unsere Sendungen die Goldene Kamera, das Bambi und wirklich viele gute Kritiken bekommen.

Hans Meiser hat sein Glück an der Costa Blanca gefunden. Haus und Frau gab es quasi im Doppelpack. Gattin Sabine ist nämlich die Tochter des Maklers, der dem Journalisten das Grundstück in El Campello verkaufte, auf dem heute die Familienvilla steht. „Als ich nach der Trennung von meiner ersten Frau solo war, lud mich mein heutiger Schwiegervater zum Essen ein. Am Tisch saß auch seine Tochter“, erzählt der Moderator. An der Costa Blanca, wo auch Sohn Fabian (6) gezeugt wurde, haben Hans und Sabine Meiser schließlich auch geheiratet. Zuvor galt es für die beiden Hobbyskipper jedoch manche bürokratische Klippe zu umschiffen. Denn vor den spanischen Standesbeamten in El Campello hatte Meisers Promi-Bonus wenig Gewicht. Zwei Jahre gingen ins Land, ehe die Meisers die für die Hochzeit notwendigen Papiere in den Händen hielten. „Meine Frau hatte schon Freundschaft mit der Sekretärin des Bürgermeisters geschlossen“, sagt der Fernsehmann schmunzelnd.

Haben Sie bei manchen Studiogästen gedacht, jetzt müsste man eigentlich die Kamera ausschalten?

Ich habe in meinen Sendungen, die waren ja meist live, auch Leute rausgeschmissen, wenn sie sich nicht benommen haben. Einer sagte mir, er sei hier Gast und eingeladen. Da habe ich erwidert: Und ich bin der Gastgeber und lade Sie hiermit wieder aus. Daneben benommen hat sich auch einer von Haiders Ausländerfeinden, der im Studio eine Farbige beleidigt hatte.

Warum haben Sie diesen Menschen eine Plattform geboten?

Man muss die Leute in der Öffentlichkeit entblättern. Deshalb bin ich dagegen, die NPD zu verbieten. Man muss die Leute so bekannt machen, dass alle auf der Straße mit dem Finger auf sie zeigen. Wenn sie im Verborgenen arbeiten, werden sie gefährlich.

Würden Sie noch einmal eine tägliche Talkshow moderieren?

Ja, gerne, dann aber nach Vorbild von Jerry Springer. Ich würde Howard Carpendale ebenso empfangen wollen wie Joschka Fischer. In Deutschland wird zu wenig nachgehakt. Journalisten werden von Politikern doch gemeinhein als Schwerverbrecher angesehen. Ich könnte Ihnen Geschichten von Politikern erzählen …

Bitte, nur zu …

Bangemann (ehemaliger Bundeswirtschaftsminister, FDP; Anm. der Red,) hat mir mal auf eine Nachfrage geantwortet: ‚Herr Meiser ich spreche eine politische Sprache. Wenn Sie und Ihre Zuschauer mich nicht verstehen, ist das nicht mein Problem.‘ Den Mann hätte man auf der Stelle rauswerfen müssen. Sofort. Politiker sind Dienstleister und haben uns Rede und Antwort zu stehen. Sie sind unsere Angestellten und werden von uns bezahlt.

Gibt es ein Gespräch, an das Sie sich besonders gern erinnern?

Ich habe das letzte Fernseh-Interview mit Willy Brandt geführt. Wenige Wochen später ist er gestorben. Das war jemand, der mich beeindruckt hat. Auch mit Prinz Philipp, den ich mal porträtiert habe, würde ich gerne mal einen Zug durch die Gemeinde machen, wenn Lissy das zuließe.

Hat Sie jemand bewegt?

Ja, der ‚Hitlerjunge‘ Salomon Perel, der nicht mehr nach Deutschland kommen wollte, weil seine Familie im KZ getötet wurde und dann doch kam, weil ihm gesagt wurde, dass ich ihn interviewen wollte. Er hatte mich im Fernsehen gesehen. Das sind Momente, in denen man demütig wird. Demut ist eine Eigenschaft, die im Fernsehen viel zu selten vorkommt. Damit meine ich Dankbarkeit, solche Menschen treffen zu dürfen.

Wen würden Sie gerne noch interviewen?

Ich würde mich gerne mit George W. Bush über sein Weltbild unterhalten.

"Fahre nicht mehr nach Amerika"

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Was würden Sie ihn fragen?

Ob er das wirklich glaubt, was er erzählt. Ich fahre nicht mehr nach Amerika, solange Bush noch an der Macht ist – obwohl meine Schwester und mein Schwager drüben leben.

Was mögen Sie an Spanien?

Wir haben eine Haushälterin, die spricht genauso wenig Deutsch wie mein Sohn Fabian Spanisch. Und dennoch unterhalten sich die beiden stundenlang. Wenn man ins Restaurant geht, bekommt zuerst das Kind etwas zu trinken. Ich finde das großartig.

Was stört Sie?

An den Überlebenskampf im spanischen Verkehr werde ich mich nie gewöhnen. Im Kreisverkehr schalte ich das Warnblinklicht an, drücke auf die Hupe, betätige das Fernlicht und stelle das Blaulicht aufs Dach (lacht). Nein, im Ernst: Mich stört dieser absolut unsittliche Bauwahn. Ich frage mich oft: Wer will eigentlich in diese Karnickelställe ziehen?

Viele Ihrer prominenten Kollegen leben auf Mallorca, was hat Sie an die Costa Blanca gezogen?

Die Insel ist ohne Zweifel wunderschön. Ich habe dort bestimmt 1.000 Mal gedreht. Ich kenne Mallorca sehr gut.

Warum haben Sie Ihr Haus auf dem Festland bauen lassen?

Weil mir Mallorca zu deutsch ist. Ich suche mehr die Abgeschiedenheit, die ich im Hinterland der Costa Blanca finde. Ich genieße es, durch die kleinen Dörfchen zu fahren, in den ländlichen Lokalen zu speisen. Es ist dort alles viel spanischer.

(mit dpa)